The Wailing

Filmkritik: The Wailing – Die Besessenen

Dieser Film hat sich Zeit gelassen: „The Wailing – Die Besessenen“ lief bereits vor eineinhalb Jahren in seinem Heimatland Korea an und hat es erst jetzt in die deutschen Kinos geschafft. Liegt es an der Qualität des ungewöhnlichen Horrorthrillers oder ist Regisseur Na Hong-jins Film sehenswert?

Asiatisches Kino hat es hierzulande nicht immer leicht. Manche kennen zwar die frühen Martial-Arts-Werke von Jackie Chan oder haben sich in die Bilderfluten eines Wong-Kar-Wei verliebt, aber in Sachen Horror schnitten in Europa oft die US-Remakes bekannter Gruselstoffe aus Japan und Korea („Ring“, „The Grudge“, „Tale of two Sisters“) besser ab als die Originale. Kann The Wailing da neue Akzente setzen und die Fans begeistern?

The Wailing
Als Tochter Hyo-jin ebenfalls von der seltsamen Krankheit befallen wird, reift in Polizist Jong-goo ein verzweifelter Entschluss.

The Wailing: Die Handlung

In einem koreanischen Dorf häufen sich unerklärliche Dinge. Ein Mann löscht seine Familie aus, Häuser brennen nieder, Menschen erkranken an seltsamen Hautausschlägen. Der eigentlich eher trantütige Polizist Jong-goo (Kwak Do-won) nimmt die Ermittlungen erst eher halbherzig auf. Die Spuren führen zu einem Japaner, der wie ein Einsiedler in den Wäldern nahe des Dorfes lebt. Doch der hat zu den Vorwürfen nichts zu sagen. Dann erkrankt Jongs Tochter ebenfalls an die geheimnisvollen Krankheit, wirkt fast nicht mehr wie sie selbst. Und nun ist Jong extrem motiviert, den seltsamen und grausamen Geschehnissen in seinem Dorf auf den Grund zu gehen, bevor es für Tochter Hyo-jin (Kim Hwan-hee) zu spät ist …

The Wailing: Asiatische Untugenden …

 Wer bereits einmal einen Film aus dem asiatischen Raum gesehen hat, der kennt das Problem, das viele westliche Zuschauer damit haben: Fürchterliches Over-Acting. Was für Asiaten offenbar normal ist, wirkt für unsere Augen derart übertrieben, dass man Mühe hat, den Film ernst zu nehmen. Darunter leidet auch The Wailing. Die Schauspieler, allen voran Hauptdarsteller Kwak Do-won, bräuchten eigentlich kaum Text, denn ihre Mimik ist grotesk überzeichnet. 

Dazu kommt eine Filmlänge, die mit zweieinhalb Stunden deutlich zu lang ausfällt, denn so viel Story hat Na Hong-jins Film gar nicht zu bieten. Vieles erzählt uns der Regisseur sicherheitshalber gleich mehrfach und dreht sich häufiger im Kreis, ohne die Handlung wirklich voranzubringen. Wer sich also in diesen Film wagt, muss wissen, worauf er sich einlässt.

The Wailing
Hat der allein lebende Japaner tatsächlich etwas mit dem Ausbruch des Bösen zu tun?

… mit großen Momenten

Wer aber mit den oben genannten Eigenheiten des asiatischen Films keine Probleme hat, den erwartet ein zumindest interessanter Kinoabend. Denn Na Hong-jin, der auch das Drehbuch schrieb, gibt einen spannenden Einblick in das Leben der dörflichen Bevölkerung Südkoreas, in der neben Smartphones und moderner Spurensicherung auch Dämonen und böse Geister noch zum Alltag gehören. Dabei verweigert Na die typischen bleich geschminkten Geister und hält sein Publikum lange im Ungewissen darüber, was in dem kleinen Dorf wirklich vorgeht.

Ein wenig wüst vermischt er dabei Elemente aus „Der Exorzist“ mit einer Prise Zombie-Film und ein wenig Folklore, verpackt seine Story aber immer wieder in schöne, blutige und eindringliche Bilder. Dazu spielt er gekonnt mit der Tonspur, wenn er beispielsweise zwei Rituale gleichzeitig in Szene setzt, von denen eines außergewöhnlich laut und das andere völlig still ist. Hier zeigt sich denn auch, dass Na als Regisseur deutlich stärker ist denn als Drehbuchautor, denn seine Handlung hat nicht nur Längen, sondern lässt auch viele Fragen offen. Das kann in einem Horrorfilm interessant sein, wirkt in The Wailing aber am Ende eher unbefriedigend. Denn so richtig zu Ende erzählt Na seine Geschichte nicht.

Dazu kommt, dass der Film zwar durchaus eine unheimliche Grundatmosphäre erschafft, aber selten Ausschläge nach oben generiert. Nach einer sehr spannenden ersten halben Stunde versinkt der Film fast eine Stunde in der Belanglosigkeit, ehe er im Schlussakt wieder mehr Fahrt aufnimmt. Dennoch dürften viele Zuschauer achselzuckend den Saal verlassen.

Fazit:

The Wailing lässt das Publikum mit eher gemischten Gefühlen zurück. Ohnehin nur für Freunde des asiatischen Kinos geeignet, kann sich der Film lange Zeit nicht entscheiden, welche Art Horror er dem Zuschauer nun präsentieren möchte. Und lässt dann die Frage, die er mehr als zwei Stunden lang aufbaut, unbeantwortet. Dennoch werden Asia-Fans sich an schönen und erschreckenden Bilder erfreuen und die unheimliche Atmosphäre genießen können. Der Fan klassischen US-Horrors dürfte hier aber falsch sein.

The Wailing – die besessenen startet am 12. Oktober in den deutschen Kinos.

Was sich im Horrorbereich sonst noch so tut, lesen Sie hier.

The Wailing
In seiner Not stimmt Jong-goo dem Einsatz eines Schamanen zu. Kann der die bösen Geister bannen?