Wozu haben die Chinesen eigentlich diese riesige Mauer errichtet, die auf knapp 9000 Kilometern die nördliche Grenze des Landes sichert? Diese Frage möchte der neue Film „The Great Wall“ beantworten.
Dass der asiatische Markt auch in Hollywood in immer stärkerem Maße eine Rolle spielt (lauterfilme.de berichtete) ist sicher keine ganz neue Nachricht, so konsequent wie hier wurde das aber bislang noch selten umgesetzt. Kann der Film auch außerhalb des asiatischen Raumes, wo er bereits im vergangenen Jahr startet und einen Großteil seines Budgets von geschätzten 150 Millionen Dollar einspielen konnte, das Publikum überzeugen?
The Great Wall: Die Handlung
Dunkles Mittelalter: Der Söldner William (Matt Damon) kommt mit Tovar, einem weiteren Kampfgefährten (Pedro Pascal „Game of Thrones“), an der Chinesischen Mauer an, wo er das Geheimnis des Schwarzpulvers ergründen will. Doch zuerst muss er seine Haut retten: Die Armee des Reiches, die ihn und seinen Freund gefangen nahm, muss den Angriff tausender Monster abwehren, die den Wall erklimmen wollen. Weil William sich im Kampf behaupten kann, wird er freigelassen und von Kommandantin Lin (Tian Jing) und Stratege Wang (Andy Lau) zu Rate gezogen. William erfährt, dass die Kreaturen, von den Chinesen Tao-Tie genannt, alle 60 Jahre das Kaiserreich attackieren und nur die Truppen auf der Mauer sie zurückschlagen können. Und dass sie jedes Mal ein wenig klüger sind als beim Angriff zuvor.
Angeführt werden die Monster von einer Königin, die alle Wesen befehligt und durch üppige Fütterung regelmäßig neue Krieger zur Welt bringt. Während Lin und Wang fieberhaft planen, wie das Reich zu retten sei, hat Tovar sich mit dem Europäer Ballard (Willem Dafoe) verbündet, der schon seit 25 Jahren bei den Chinesen lebt. Gemeinsam wollen sie Schwarzpulver stehlen und dann fliehen. William steht nun vor der Wahl: Verrät er seine neuen Freunde oder kämpft er weiter in einem Krieg, den zu kämpfen sich lohnt?
Optischer Leckerbissen
Schon im Vorfeld bekam das Projekt Probleme: Universal musste die Entscheidung verteidigen, die Hauptrolle mit Matt Damon besetzt zu haben, von „Whitewashing“, einem momentan in Hollywood oft genutzten Begriff, war die Rede. Auch der Start erst Monate nach Release in China war für viele ein Beweis, dass hier eine echte Gurke auf das Publikum losgelassen werden würde. So schlimm ist es dann aber doch nicht gekommen.
Denn bei aller berechtigter Kritik, die noch folgt, ist der Film vor allem eins: visuell absolut umwerfend. Was der erfahrene Hongkong-Regisseur Zhang Yimou hier auf die Leinwand bringt, atmet nicht nur die fernöstliche Ästethik seiner früheren Filme („House of Flying Daggers“, „Hero“), sondern verbindet diese auch noch perfekt mit dem Fantasy-Setting der Story. Die Monster sehen aus wie fleischgewordene Dämonen der chinesischen Mythologie, die bunten Rüstungen der Armee erinnern stark an „Final Fantasy“-Spiele. Keine Frage: Bei halbwegs Asia-affinen Zuschauern wird die Optik gut ankommen. Besonders die Kampfszenen erinnern an Peter Jacksons Belagerungs-Szenen von Helms Klamm aus „Der Herr der Ringe – die zwei Türme“ und können optisch dem Vergleich durchaus standhalten.
Etwas problematischer wird es bei der Handlung: Da haben die Autoren schon sehr die gängigen Klischees bemüht und sich um eine Logik innerhalb der von ihnen entworfenen Welt nicht viel geschert. Und so muss der Zuschauer schon die eine oder andere Kröte schlucken, die der Film ihm zumutet. Denn hier agieren eher Schablonen als echte Charaktere. Allerdings unterscheidet sich The Great Wall damit kaum von anderen auf Blockbuster gebürsteten Projekten wie der „Transformers“-Reihe oder den „Fast and Furious“-Filmen. Auch dort geht es hauptsächlich um Schauwerte. Und in diesem Vergleich schneidet The Great Wall nicht so schlecht ab. Für westliche Augen zeigt der Film wohltuend viel Neues aus Asien, einschließlich neuer Gesichter, die man bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen hat.
Fazit
Der Film ist letztlich ein auf Optik gestriegeltes Start-Vehikel, das mit nur wenig Seele und Herz ausgestattet ist. Dafür reißen es die Bilder heraus, die man so noch nie zu sehen bekommen hat. Wer sich leicht und locker unterhalten lassen möchte und dabei größten Wert auf tolle Bilder legt, für den ist The Great Wall das Richtige. Wer lieber gute Storys sieht und sich an realistischen Szenarios und geschliffenen Dialogen erfreut, sollte sich vielleicht einen anderen Film aussuchen.
The Great Wall startet am 12. Januar in den deutschen Kinos.