Handmaids

Serienkritik: The Handmaids Tale

Am 4. Oktober startet die Telekom ein eigenes Serien-Angebot auf ihrem Dienst „T-Entertain“. Drei Serien haben sich die Bonner exklusiv für den deutschen Markt gesichert, darunter den großen Emmy-Gewinner des Jahres – „The Handmaids Tale“. Worum geht es da? Und ist die Serie wirklich so gut, wie die Preise vermuten lassen?

Hinter The Handmaids Tale verbirgt sich die Serienadaption des berühmten, gleichnamigen Romans der kanadischen Autorin Margaret Atwood. Wie andere Dystopien („Jugend ohne Gott„) entwirft das Buch ein düsteres Szenario der Zukunft. Bereits 1990 setzte Volker Schlöndorff den Stoff mit Natasha Richardson, Faye Dunaway und Robert Duvall um. Nun hat sich TV-Autor Bruce Miller („Eureka“, „The 100“) der Geschichte um die Dienerin Offred angenommen. Und erzählt sie in bitterbösen Bildern und Dialogen.

Handmaids Tale
Der neue Staat hat drakonische Strafen: Ein falsches Wort kostete diese Dienerin ein Auge.

The Handmaids Tale: Die Handlung

Die USA in naher Zukunft. Nachdem durch Umwelteinflüsse immer weniger Frauen fruchtbar sind und nur wenige Babys lebend zur Welt kommen, bricht ein Bürgerkrieg um die Frage aus, wie die Nation damit umgehen soll. Die Gewinner sind religiöse Fanatiker, die das Land in eine Diktatur umwandeln. Frauen ist Bildung verboten, Homosexuelle werden gehängt, alles ist dem Zuchtgedanken untergeordnet. Die wenigen Frauen, die noch Kinder bekommen können, werden zu Dienerinnen ausgebildet und in die Haushalte der Mächtigen geschickt, wo sie einmal im Monat zum Sex gezwungen werden, während die Gattin zusieht.

Die Serie erzählt die Geschichte von Offred (Elizabeth Moss), die als Haussklavin des Commanders (Joseph Fiennes) und seiner Gattin Serena Joy (Yvonne Strahosvki) ein Leben in totaler Überwachung und eisernen Regeln führen muss. Doch die junge Frau, die bereits aus der Zeit vor dem Umsturz eine Tochter hat, will um keinen Preis aufgeben und versucht, in der brutalen Diktatur zu überleben, bis ihr eine Flucht gelingt …

The Handmaids Tale: Unangenehme Emotionen

Die Emmys haben nicht gelogen – The Handmaids Tale ist eine großartige Serie – aber keine schöne. Von Beginn an macht Showrunner Bruce Miller klar, in was für einem menschenverachtenden, totalitären System die Charaktere leben – und wie gefährlich auch nur ein falsches Wort sein kann. So zeigt bereits die erste Folge, wie einer Dienerin als Strafe für vorlaute Kommentare ein Auge entfernt wird, denn „man braucht keine Augen, um ein Kind zu bekommen“. Dass Miller und sein Team diese Vorgänge nicht reißerisch blutig, sondern eher dokumentarisch zeigen, macht das Gezeigte nur umso schlimmer.

Miller wirft den Zuschauer dabei gleich zu Beginn ins Geschehen, wenn er die Heldin mit ihrer Familie auf der Flucht zeigt, die scheitert – und sie in der nächsten Szene schon im Umerziehungslager begleitet. Nach und nach erzählt die Serie in Rückblenden vom Schicksal Offreds. Dazu zeigt The Handmaids Tale auch ,wie es dazu kommen konnte, dass ein derart bizarrer Staat entsteht, der nicht von ungefähr sowohl an das Dritte Reich als auch an Gottesstaaten wie den Iran oder Saudi-Arabien erinnert.

Handmaids Tale
Offred bemerkt bald, wie sehr die Gattin Serena ein Kind begehrt.

(K)ein Kommentar zur Zeit

Dass die Emmys nur so purzelten, die Serie gewann acht, liegt sicher auch daran, dass sie so hervorragend in die Zeit passt. Seit Trump Präsident ist, fällt die Vorstellung offenbar sehr viel leichter, dass die USA sich vom fortschrittlichen Land zu einem isolierten, rückständigen Staat entwickeln könnten. Die Vorlage aber so zu interpretieren, ist sicher zu kurz gesprungen. Zum einen erschien der Roman bereits 1985. Zum anderen unterscheiden sich Diktaturen einfach nicht so stark voneinander. Die Regeln der Unterdrückung sind universal und funktionieren in einer fiktiven USA eben genauso gut wie in einer realen Diktatur.

Und doch bleiben wir bei Offred, denn an ihrem ganz konkreten Beispiel erfahren wir die Schrecken des Systems als ständige Perversion von freiem Denken und Handeln. Wenn in der zweiten Folge ein Kind geboren wird und alle Dienerinnen wie Roboter ihre Sätze vor sich hin sprechen müssen, um dem „Nutzvieh“ zu helfen, während die unfruchtbaren Gattinnen gemeinsam die Geburt in einem anderen Raum simulieren, ist das derart furchtbar mit anzusehen, dass es sicher manchem kalt den Rücken herunter läuft. 

Denn selbst die Ehefrauen, von Yvonne Strahovski als Serena beispielhaft zwischen grausam und gnädig gespielt, sind Teil des Systems. Denn sie müssen die Schmach der Unfruchtbarkeit jeden Monat als Zeuginnen des Geschlechtsakts über sich ergehen lassen. Unbestrittener Star der Serie ist aber Elizabeth Moss, die zu Recht einen Emmy als beste Hauptdarstellerin bekam. In vielen Großaufnahmen ihres Gesichts lässt sich die fast übermenschliche Anstrengung ablesen, in diesem unmenschlichen System nicht zusammenzubrechen. Sie ist in fast jeder Szene zu sehen und an ihrem Schicksal erkennt der Zuschauer das ganze Ausmaß des Grauens.

Fazit:

The Handmaids Tale ist eine überragende Serie,aber sie hat nichts mit leichter Unterhaltung zu tun. Vielmehr ist es eine ständige Anstrengung, all die Greueltaten zu beobachten, die im Namen Gottes und des Staates hier verübt werden. Die Serie taugt hervorragend als Lehrbeispiel dafür, wie totalitäre Systeme funktionieren. Und besitzt mit Elizabeth Moss einen emotionalen Anker, der die Serie im Kern zusammenhält. Großes Fernsehen, das garantiert keine gute Laune macht. Aber tief berührt.

The Handmaids Tale ist ab dem 4. Oktober bei T-Entertain zu sehen, wahlweise in Deutsch oder Englisch.

Handmaids Tale
Obwohl auch die Anführer im Umgang mit den Dienerinnen strengen Vorschriften unterliegen, hat der Commander offenbar andere Pläne mit Offred.