Overdrive

Filmkritik: Overdrive

Der sieht seinem Vater ja unglaublich ähnlich! Das werden viele denken, wenn sie zum ersten Mal Scott Eastwood auf der Leinwand sehen. Ob sich aber „Overdrive“ noch durch etwas anderes auszeichnet als den Spross einer Hollywood-Actionlegende? Das klärt die Kritik.

Schnelle, teure Autos, schöne Frauen und rasant inszenierte Verfolgungsjagden: Wer da nicht an die „Fast and Furious„-Reihe denkt, war in den vergangenen Jahren wohl nicht im Kino oder lässt Hollywood-Blockbuster konsequent aus. Ist Overdrive der nach dem Trailer befürchtete Klon mit weitaus weniger Budget oder hat der Film ganz eigene Qualitäten?

Overdrive: Die Handlung

Die Halbbrüder Andrew (Scott Eastwood) und Garrett (Freddie Thorp) Foster haben sich darauf spezialisiert, in aller Welt die seltensten Autos zu stehlen und sie ihren Auftraggebern für viel Geld zu übergeben. Doch diesmal haben sie den falschen Mann beklaut: Der französische Gangster Jacomo Morier (Simon Abkarian, „Casino Royale“) hat wenig Verständnis für die Sammelleidenschaft eines anderen – und noch weniger Lust, die beiden Diebe am lebend davonkommen zu lassen. Doch in ihrer Verzweiflung machen die Brüder dem Autonarren ein Angebot: Um ihr Leben zu behalten, wollen sie Morier das Filetstück in der Sammlung des deutschen Großindustriellen Max Klemp (Clemes Schick) besorgen: einen extrem seltenen 1962er Ferrari. Morier willigt ein, gibt den Brüdern aber lediglich eine Woche Zeit – was den Raubzug zu einem Himmelfahrtskommando macht. Denn auch mit Klemp ist nicht gut Kirschen essen …

Action von der Stange

Zunächst scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten, denn Overdrive wirkt in der ersten Stunde tatsächlich weitgehend wie der sehr kleine Bruder der Fast and Furious-Reihe. Allerdings könnte auch kaum jemand mit dem Aufwand mithalten, den das Studio für diese weltweite Cashcow betreibt. Von daher steht eigentlich jeder Film, der mit schnellen Autos und coolen Typen punkten will, auf verlorenem Posten.

Daher suchten sich die Produzenten mit dem Drehbuch-Duo Michael Brandt und Derek Haas ein Team, dass bereits für „2 Fast 2 Furious“ das Script lieferte und in den vergangenen Jahren hauptsächlich fürs Fernsehen an den „Chicago“-Serien gearbeitet hatte. Vom TV kommt auch Regisseur Antonio Negret – der war meist für Folgen der CW-DC-Serien wie „Arrow“ und „The Flash“ im Einsatz. Gemeinsam geben die drei ihr Bestes, um Overdrive in eine etwas andere Richtung zu steuern als die Kino-Königsklasse in Sachen Auto-Action.

Overdrive: Ein kleiner „Clou“

Und tatsächlich deutet der Film nach einer Stunde an, dass doch etwas mehr in ihm steckt als eine plumpe Billigkopie des großen Vorbildes. Denn aus der Heist-Story entwickelt sich ein Plot, der zwar keinen Innovationspreis gewinnen wird, aber doch ein wenig überraschender und twistreicher auf die Zielgerade einbiegt, als man ihm zugetraut hätte. Das macht ihn nicht zum guten Film, bewahrt ihn aber immerhin vor einem Totalschaden.

Overdrive
Ana de Armas ist als Andrews Freundin Stephanie hübsches Beiwerk – und nicht mehr.

Die Darsteller bekommen durchgehend wenig zu tun, doch Scott Eastwood beweist wenigstens, dass er schauspielerisch den Action-Anfängern seines Vaters durchaus gewachsen ist: Ob gefahren, geprügelt oder geschossen wird, Eastwood sieht stets gut dabei aus. Freddie Thorp gibt den passenden Sidekick, Ana de Armas (bald in „Bladerunner 2049“ zu sehen) und Gaia Weiss („Vikings“) haben aber nicht mehr zu tun als gut auszusehen. Stars ist in diesem Film ohnehin der Kameramann Laurent Barès, der auch vom Fernsehen kommt („The Transporter“). Ihm gelingt es, die optischen Highlights des Film – die Verfolgungsjagden in den Autos – rasant und schnörkellos einzufangen und die Geschwindigkeit auf die Leinwand zu übertragen. Das macht die Sache nicht innovativer, aber zumindest ansehnlich. Auch die Laufzeit von gut 90 Minuten ist angemessen und sorgt dafür, dass Overdrive keine Längen hat, sondern seinen Speed gut halten kann.

Fazit:

Der schwimmt sogar in Milch! Federleichter Actioner mit sympathischen Figuren und wenig Leerlauf, der aber weitgehend substanzlos bleibt und außer netter Unterhaltung keinerlei Ambitionen aufweist. Gut gefilmte Verfolgungsjagden und ein netter Twist am Ende bewahren Overdrive vor der kompletten Belanglosigkeit. Zudem wirkt er durch seine Story etwas bodenständiger als die arg durchgeknallten Fast and Furious-Filme. Insgesamt ist das Ganze aber deutlich zu schlicht, um länger im Gedächtnis zu bleiben. Ein netter Sommerfilm für zwischendurch – mehr nicht.

Overdrive startet am 29. Juni in den deutschen Kinos.

Die Familienähnlichkeit ist unverkennbar: Der gut aussehende Scott ist ein Eastwood!