Mute

Filmkritik: Mute

Als Herzensprojekt beschrieb Regisseur Duncan Jones, der diesen Film seinem verstorbenen Vater David Bowie widmet, sein Werk „Mute“. Die Geschichte um eine verschwundene Frau in einem zukünftigen Berlin  ist ein Film Noir mit „Blade Runner“-Anleihen, der aber weniger Science-Fiction-Film denn Drama ist. Lohnt sich das Ansehen?

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Bisher hat sich Regisseur Duncan Jones mit Genre-Themen einen Namen gemacht. Der großartige „Moon“ ließ die Filmwelt erstmals aufhorchen, auch „Source Code“ konnte Fans und Kritiker überzeugen. Lediglich mit seinem letzten Film, dem Fantasy-Epos „Warcraft“, setzte sich Jones in die Nesseln – das CGI-Gewitter konnte lediglich in China die Zuschauer begeistern. Ist Jones‘ Rückkehr zu härterer Sci-Fi der richtige Schritt für die Qualität seiner Filme?

Mute
Leo liebt Nadirah, doch die junge Frau trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum.

Mute: Die Handlung

Als Kind hatte Leo (Alexander Skarsgard) einen schweren Bootsunfall und ist seitdem stumm. Seine Amish-Eltern verweigerten eine nötige OP, die seine Stimmbänder hätten retten können. Als Erwachsener im Jahr 2052 lebt der sanfte Riese in Berlin. Er arbeitet als Barkeeper in einem Nobelclub und genießt die Zeit mit seiner Freundin Nadirah (Seyneb Saleh). Da Leo nicht nur mit Sprache, sondern auch mit Technik auf Kriegsfuß steht, ist er völlig hilflos, als Nadirah eines Morgens nicht neben ihm liegt, sondern offenbar verschwunden ist.

Leo macht sich auf die Suche nach seiner Liebe und versinkt dabei immer tiefer im halbseidenen Milieu der Weltmetropole. Dabei begegnet er nicht nur dem Kleinkriminellen Nicky (Jannis Niewöhner), der etwas über Nadirah zu wissen scheint, sondern auch den ehemaligen US-Soldaten Cactus Bill (Paul Rudd) und Douglas Teddington (Justin Theroux). Die beiden arbeiten mittlerweile als Mafia-Ärzte und haben einige dunkle Geheimnisse …

Mute: Mehr Thriller als Sci-Fi

Obwohl die Story deutlich sichtbar in der Zukunft spielt und Berlin optisch zwischen neongreller Blade-Runner-Optik und heutigem Straßenbild wechselt, hat sie inhaltlich wenig mit Science Fiction zu tun. Wer sich auf einen Film in Richtung von „Ghost in the Shell“ oder der Netflix-Serie „Altered Carbon“ gefreut hatte, könnte daher etwas enttäuscht sein. Denn Mute bietet im Kern einen reinen Thriller, der mit dem Zukunfts-Setting relativ wenig anzufangen weiß. Lediglich mit wenigen Anspielungen im TV oder kurzen Dialogen erschafft Jones seine Zukunftsvision – mit einer kurzen Stippvisite seines Moon-Stars Sam Rockwell.

Stattdessen erzählt Jones eine düstere Story, die sich mehr mit Moral als mit Technik beschäftigt. Und den in jeder Beziehung wenig kommunikativen Leo, der einen starken moralischen Kompass aufweist, gegen eine Unterwelt antreten lässt, in der keine Werte mehr zählen – außer Geld. Und so wirkt der schweigsame Skarsgard eher wie ein Detektiv der Schwarzen Serie auf der Suche nach seiner großen Liebe. Dabei geschieht auch hier nur wenig Überraschendes, denn Jones, der auch am Drehbuch mitschrieb, interessiert sich nicht für ein klassisches „Whodunnit“-Szenario. Schon früh wird klar, wer wohl mit dem Verschwinden Nadirahs zu tun haben muss, da Jones die Geschichten von Täter und Sucher relativ gleichrangig erzählt.

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Welche Rolle spielt der cholerische US-Armee-Deserteur Cactus Bill beim Veschwinden Nadirahs?

Mute: Tolle Schauspieler

Dass Mute trotz eines wenig überraschenden Plots sehenswert ist, liegt denn auch zum großen Teil an seinen Schauspielern. Sowohl Alexander Skarsgard als melancholischer Held als auch Paul Rudd, der ganz gegen den Strich als cholerischer Fiesling besetzt wurde, erledigen ihren Job sehr gut. Überraschend beeindruckend ist aber auch Justin Theroux. Der liefert als nur vordergründig netter Kerl mit abgründigen Neigungen eine großartige Leistung ab. Und sorgt für einige der intensivsten Momente des ganzen Films.

Dazu gelingt es Jones, mit seiner Collage aus Bildern, Musik und Stimmungen eine ganz eigene Atmosphäre zu schaffen, die den Zuschauer auf Spannung hält. Auch wenn der Film letztlich gar nicht so originell ist, wie er es zu Beginn vorgaukelt. Und auch die Gewichtung der klassischen Dinge, mit denen Jones seine Protagonisten hantieren lässt – statt Feuerwaffen kommen hier Messer und Keulen zum Einsatz, ebenso Papier und Stift statt modernster Technik – macht beim Zuschauen Spaß. Allerdings begibt sich Jones in derart düstere Gefilde, dass es für Zartbesaitete möglicherweise nicht der richtige Film ist. 

Fazit:

Der ganz große Wurf ist Mute nicht geworden. Dazu ist das im Vorfeld aufgebauschte Zukunfts-Setting für die eigentliche Handlung schlicht zu unwichtig. Und wirkt so in vielen Momenten eher seltsam als fesselnd. Aber die düstere Story und die starken Schauspieler sorgen dennoch für einen sehenswerten Thriller, der seine gebrochenen und verwundeten Figuren auf eine dunkle Reise durch die Nacht schickt. Kein neuer Blade Runner, aber ein solider, edel gefilmter Film Noir.

Mute ist ab dem 23. Februar 2018 auf Netflix zu sehen.

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Und welche düsteren Seiten verbirgt der Chirurg Doug hinter seinem freundlichen Wesen?