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Filmkritik: Ma – Sie Sieht Alles

Das Konzept der Produktionsfirma Blumhouse ist denkbar simpel. Chef Jason Blum lässt Horrorfilme für kleines Geld drehen. Wenn ein Film auch nur ein wenig Erfolg hat, spielt er bereits Gewinne ein. Und ein echter Flop lässt sich so durchaus verschmerzen. Zumal Kritiker-Flops im Horror-Genre nicht automatisch auch finanzielle Flops sind. So hat beispielsweise „The Nun“ trotz mieser Wertungen bei einem Budget von 22 Millionen mehr als 360 Millionen Dollar eingespielt. Wie steht es da mit „Ma“, dem neuesten Horrorfilm von Blumhouse?

Die erste Bedingung eines erfolgreichen Blumhouse-Horrors hält Ma schon einmal ein. Der Film hat nur fünf Millionen Dollar gekostet, wäre also relativ schnell in der Gewinnzone. Dazu kann er mit etlichen Stars aufwarten. Allen voran natürlich Oscar-Gewinnerin Octavia Spencer, die ihren Goldenen Jungen für „The Help“ bekommen hat. Den inszenierte, wie auch Ma, Regisseur Tate Taylor. Dürfen sie Horrorfans also auf einen gehobenen, toll inszenierten und gespielten Genre-Kracher freuen?

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Maggie findet in ihrer neuen Schule zwar schnell Freunde, aber mit ein wenig Spaß ist das in der Kleinstadt so eine Sache.

Ma – Sie Sieht Alles: Die Handlung

Maggie (Diana Silvers) und ihre Mutter Erica (Juliette Lewis) kehren nach finanziellen Problemen in Ericas alte Heimat zurück, eine Kleinstadt irgendwo in den USA. Da die Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche dort extrem übersichtlich sind, lauern Maggies neue Freunde vor dem Schnapsladen Erwachsenen auf und bitten diese, gegen eine Obolus Alkohol für sie zu kaufen (der in den USA unter 21 verboten ist). Und dabei begegnen sie der Tierarzt-Helferin Sue-Ann (Octavia Spencer), die sie tatsächlich breitschlagen lässt, den Kids ihre Wünsche zu erfüllen.

Es kommt noch besser! Beim nächsten Mal stellt Sue-Ann, die von allen nur Ma genannt werden möchte, den Jugendlichen sogar ihren Keller zur Verfügung, um beim Trinken vor möglichen Kontrollen durch die örtliche Polizei geschützt zu sein. Aber je cooler die Teens der Stadt das neue Versteck finden, desto unheimlicher wird Maggie ihre Gastgeberin, die mittlerweile stets ausgelassen mitfeiert. Und offenbar eine dunkle Verbindung zu einigen Eltern der feiernden hat. Was steckt hinter der freundlichen Maske einer einsamen Frau?

Ma – Sie Sieht alles: Komplette Katastrophe

Regisseur Tate Taylor hat mit The Help in Hollywood aufhorchen lassen – das war 2010. Seitdem ist er aber einen weiteren Beweis schuldig geblieben, dass er tatsächlich ein großer Regisseur ist. So war „The Girl on the Train“ von 2016 bereits ein relativ verschnarchter Thriller, dessen Auflösung niemanden so recht überraschen konnte. Und Ma, den er erneut mit Octavia Spencer und Alison Janney, zwei seiner Lieblings-Schauspielerinnen besetzte, ist sogar noch eine ganze Ecke schlechter. In diesem Film funktioniert so gut wie gar nichts – trotz der Besetzung.

Zwar baut das Drehbuch durchaus einige interessante Aspekte auf – neben vielen Klischees – allerdings werden genau die spannenden Ideen im Verlauf des Film sträflich ignoriert. Früh wird klar, dass Ma und ein paar der Eltern, unter anderem Erica und Ben (Luke Evans), eine gemeinsame Vergangenheit haben. Aber letztlich entpuppt sich das als schon dutzende Male gesehene Grausamkeit zwischen Teenagern. Und wird auch alles andere als subtil oder spannend in Szene gesetzt. Spannend sind hier nur die Fragen, die der Film nicht beantwortet.

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Deshalb sind sie dankbar, dass „Ma“ für Alkohol und einen Platz zum Feiern sorgt, auch wenn ihre Anwesenheit zunehmend seltsam wird.

Ma – Sie Sieht Alles: Kein Tempo, keine Logik

So bleibt offen, warum Ma ausgerechnet nach so vielen Jahren plötzlich an Rache denkt. Hier hätte eine gute Erklärung für viel Spannung sorgen können. Auch eine weitere Person in Mas Haus, über die aus Spoilergründen nichts verraten wird, hätte das Potenzial für einen coolen Twist gehabt, wird aber fast völlig verschenkt. Stattdessen zeigt Taylor dem Zuschauer eine Kellerparty nach der anderen. In der er das Geschehen vermutlich langsam immer unheimlicher werden lassen wollte. Was aber trotz Spencers launigen Spiels nicht passiert.

Dazu kommt, dass in Taylors mit 110 Minuten deutlich zu langem Film 90 Minuten eigentlich nichts Besonderes geschieht und der Zuschauer sich zurecht fragt, warum Ma als Horrorfilm angekündigt wurde. Erst im finalen Akt langt Taylor dann richtig hin und verdient sich mit einigen unangenehmen Szenen die Freigabe ab 16 Jahren. Einiges davon verrät aber bereits der Trailer. Die Grundidee hätte durchaus das Zeug zu einer unheimlichen Charakterstudie über Einsamkeit und Wahnsinn gehabt, Taylor und sein Drehbuchautor Scotty Landes schöpfen das aber nie aus.

Und so sieht das Publikum mit Ma einen Horrorfilm, der kaum Horror bietet, am Ende nur mit ein paar derben Momenten glänzen kann – und keinen Augenblick wirklich sinnvoll ist. Dazu fehlen genau die Background-Storys, die aus Ma einen wirklich gruseligen Psychopathen hätten machen können. Im Vergleich zur bisherigen Top-Gurke im Horrorbereich 2019 – „Polaroid“ – ist er nur deshalb geringfügig besser, weil er heller ist. Bei Ma kann der Zuschauer wenigstens etwas erkennen. Spannend oder gar unheimlich ist er aber nicht.

Fazit:

Hier hat Regisseur Tate Taylor so ziemlich alles in den Sand gesetzt, was man nur falsch machen kann. Ein maues Drehbuch trifft auf uninspirierte Inszenierung, die erst am Ende mit der Brechstange noch ein paar Schockmomente schaffen will – und auch dabei weitgehend scheitert. Ein mit 110 Minuten quälend langer Langweiler, der seine eigentlich guten Darsteller mit schwachen Dialogen und noch schwächeren Motivationen für ihr Handeln im Regen stehen lässt.

Ma – Sie Sieht Alles startet am 31. Mai 2019 in den deutschen Kinos.

Einen Überblick über die bisherigen und noch kommenden Horrorfilme 2019 finden Sie hier.

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Bald hegt Maggie den Verdacht, dass mit Ma etwas nicht stimmt und sie zur Gefahr für ihre Freunde wird. Kann sie rechtzeitig eingreifen?