Follow Me

Filmkritik: Follow Me

Wenn die Kamera überall dabei ist! Das Horror-Subgenre des „Found Footage“-Films hat in den vergangenen Jahren eine neue Gruppe entdeckt, die in solchen Geschichten für die Hauptrollen perfekt geeignet sind: Youtube-Influencer. Die meist nicht unbedingt sympathisch gezeichneten Protagonisten dieser Storys leben ihr Leben ohnehin oft fast komplett vor der Kamera. Da liegt es nahe, über solche Typen einen Horrorfilm zu machen. Aber ist „Follow Me“ auch gut geworden?

Ganz neu ist die Idee nicht. Schon der miese „Halloween: Resurrection“ stellte ein TV-Team, dass in Michaels Geburtshaus drehte, in den Mittelpunkt des Films. Der deutsche „Heilstätten“ besetzte seine Rollen nicht nur teilweise mit Youtube-Stars, sondern ließ sie auch welche spielen. In Follow Me geht es ebenfalls um einen Youtube-Star, der für seine Follower so gut wie alles tut. Regisseur und Produzent Will Wernick schickte bereits 2017 eine Gruppe in einen „Escape Room“, kann der zweite Versuch jetzt überzeugen?

Follow Me
Angeblich ist Alexei ein großer Fan von Cole und hat ihn deshalb eingeladen. Aber stimmt das auch?

Follow Me: Die Handlung

Cole (Keegan Allen) ist ein Megastar auf Youtube. Mit waghalsigen Aktionen hat er sich in die Herzen seiner Follower gekämpft. Und nun, zum Zehn-Jahres-Jubiläum, soll etwas ganz Besonderes her. Kumpel Dash (George Janko) hat auch etwas gefunden: den angeblich härtesten und schlimmsten Escape Room der Welt – in Moskau. Vermittelt hat das ganze Alexei (Ronen Rubinstein), der Sohn eines einflussreichen russischen Politikers, der Cole und seine Freund euch gleich nach Moskau einlädt und ihnen eine First-Class-Flug schenkt.

Doch Moskau ist Cole und seinen Freunden sehr fremd. Ob ein Einkaufsbummel in der Stadt oder ein nächtlicher Club-Besuch einschließlich Stress mit der russischen Mafia – Cole merkt bald, dass die Dinge in Russland anders laufen als zuhause. Dennoch will er das Wganuis eingehen und startet mit seinen Freunden den Escape Room. Als er jedoch merkt, dass seine Freunde tatsächlich Schmerzen erleiden müssen, wenn er die Rätsel nicht schnell löst, verschwindet seine Begeisterung bald. Und der Escape Room ist nur der Anfang von Coles Horror-Trip …

Von Spannung zu Folter

Mit seinem zweiten abendfüllenden Spielfilm nach Escape Room bleibt Autor und Regisseur Will Wernick seinem Genre treu – und sogar seinem Setting. Dabei unterscheidet sich sein Szenario deutlich vom namensgleichen, aber nicht von ihm gedrehten „Escape Room“ von 2019. Während dort extrem aufwändig und detailliert bizarre Rätselräume kreiert wurden, hält sich Wernick in Follow Me mehr an realistische Escape Rooms mit kleinen Rätseln und bodenständiger Ausstattung. Allerdings dreht sich nach einer knappen Stunde der T0n des Films ohnehin.

Gab es vorher hauptsächlich spannende Momente, in denen der Zuschauer um das Leben von Coles Freunden fürchten muss, geht es im letzten Drittel erheblich blutiger zur Sache. Ab diesem Zeitpunkt erinnert Follow Me eher an Horrorstreifen wie „Hostel“ oder „Saw“. Zudem steuert Wernick mit seinem Plot dann stark auf die große Auflösung zu, die hinter allem steckt. Und die der Film aufmerksamen Zuschauer leider schon sehr früh verrät. Hier hätte ein nochmaliges Überarbeiten des Drehbuchs möglicherweise geholfen. So ist es recht offensichtlich.

Follow Me
Mit Freundin Erin wartet Cole darauf, dass sich der geheimnisvolle Escape Room endlich öffnet.

Follow Me: Ende mit Fragen

Dazu bleibt Wernick in seiner Geschichte auch viele Motivationen der Charaktere schuldig. Während Cole als Sensationsjäger durchaus glaubhaft ist, wird das Verhalten seiner Freunde nie wirklich erklärt. Da die aber als Druckmittel für Coles Einsatz herhalten müssen, wäre gerade hier eine Erklärung wichtig gewesen. Und so fragt sich der Zuschauer zurecht, wie es zur dieser Situation überhaupt kommen konnte. Ob die Auflösung dann jedem gefällt, ist zumindest zweifelhaft. Denn die Botschaft ist vorsichtig formuliert nicht sehr freundlich.

Ohnehin ist Follow Me ein Film, der sich an seinem Twist am Ende messen lassen muss. Wer davon tatsächlich überrascht wird, für den dürfte der Film eine andere Wirkung entfalten als für Zuschauer, die den Plot bereits früher durchschaut haben. Fragen bleiben dennoch offen. Zumindest kann man Follow Me aber attestieren, dass er eine unheimliche und bedrohliche Atmosphäre aufbaut, die er bis zum Ende auch hält. Wer also Spaß an „Hostel“ und ähnlichen Filmen hat, wird in dieser nicht ganz so brutalen Version auch auf seine Kosten kommen.

Schauspielerisch gibt es wenig zu meckern. Die meist noch unbekannten Darsteller machen ihren Job gut und sorgen so dafür, dass das Publikum schnell mit den Figuren mitleidet. Und Keegan Allen als Cole nimmt man die seelischen Qualen, die er erleiden muss, ebenfalls ab. Doch je mehr sich der Zuschauer mit ihm solidarisiert, desto weniger wird er die Auflösung der Story mögen. So lässt Wernick sein Publikum zwar geschockt zurück, aber nicht unbedingt zufrieden.

Fazit:

Mit Follow Me bringt Regisseur und Autor Will Wernick ein zweischneidiges Schwert in die Kinos. Auf der einen Seite gelingt ihm ein spannender Plot, den er auch atmosphärisch gut umsetzt. Auf der anderen Seite aber lebt der Film extrem von seinem finalen Twist, der bei aufmerksamem Zusehen durchaus schon früh durchschaut werden kann – und damit eine Menge Spannung flöten geht. Zudem transportiert das Ende auch noch eine unangenehme, zynische Botschaft. Wem Spannung und ein wenig Gore reicht, wird hier aber gut bedient.

Follow Me startet am 20. August 2020 in den deutschen Kinos.

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Doch das ehemalige russische Gefängnis hält für Cole deutlich blutigere Aufgaben bereit, als er erwartet hat,