Hungrig

Filmkritik: Hungrig

Als „Les Affamés“ lief dieser Film im Winter auf den „Fantasy Filmfest White Nights“ bereits in den deutschen Kinos, nun ist der Zombiereißer des frankokanadischen Regisseurs Robin Aubert unter dem Titel „Hungrig“ im Angebot von Netflix zu sehen. Kann der Film dem momentan inflationär genutzten Sub-Genre des Horrors neue Impulse geben?

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Mit Horror hat Anbieter Netflix definitiv keine Berührungsängste. Neben den beiden Kingverfilmungen „1922“ und „Das Spiel“ nahm das Streamingportal auch „The Ritual„, „Der Babysitter“, „The Open House“ und andere Vertreter des unheimlichen Films ins Programm. Viele davon ließ Netflix sogar selbst produzieren, Hungrig kauften die Programmgestalter aber ein. Kann sich der Film mit beliebten Serien wie „The Walking Dead“ oder den Zombie-Klassikern von George A. Romero messen?

Hungrig
Stühle scheinen auf die Zombies eine besondere Faszination auszuüben.

Hungrig: Die Handlung

Irgendwo im französischsprachigen Teil Kanadas: Etwas hat einen Großteil der Bevölkerung in mordgierige Zombies verwandelt, die den Lebenden auf den Fersen sind, um sie zu beißen – und damit in einen der ihren zu verwandeln. Nur wenige Menschen haben die Angriffe der Untoten in dem ländlichen Gebiet überlebt. Einer davon ist Bonin (Marc-André Grondin), der zusammen mit einem Kumpel auf Streife fährt und die Überreste der getöteten Zombies verbrennt.

Bald trifft er auf weitere Überlebende, darunter die junge Tania (Monia Chokri) die angeblich einen Hundebiss an der Hand aufweist. Gemeinsamen entdecken sie auf einem Bauernhof die junge Zoé (Charlotte St-Martin), die als einzige dort überlebt hat, und nehmen sie mit. Schließlich verschanzt sich die Gruppe bei zwei älteren Damen im Haus, doch die Untoten scheinen einen bestimmten Weg zu verfolgen. Und der Wohnort der Ladys liegt genau auf deren Strecke …

Hungrig: Bekannte Versatzstücke …

Offenbar hat Regisseur Aubert versucht, den bisherigen Rekord von Zack Snyder zu brechen, der in seinem gelungenen Remake von „Dawn of the Dead“ schon nach wenigen Minuten die Apokalypse beschworen hatte. Aubert lässt den ersten Zombie nach 30 Sekunden angreifen und wirft sein Publikum so gleich mitten hinein in seine Untergangsvision. Für die er sich dann aber trotz flinker Zombies durchaus Zeit lässt. Denn die Geschichte seiner wenigen Helden erzählt Aubert in ruhigem Tempo und verzichtet weitgehend auf hektische Kamerafahrten oder Schnitte.

Leider auch auf Spannung. Denn Aubert schafft es zwar zu Beginn, durch eine Kameraperspektive dicht an den Helden, den Sichtkreis des Publikums so weit einzuengen, dass jede Zombieattacke sprichwörtlich aus dem Nichts kommt. Aber dieses Stilmittel läuft sich schnell tot, und mehr ist Aubert nicht eingefallen, um sein Publikum zu erschrecken. Abgesehen davon, dass er empfindlichere Mägen durchaus mit ordentlichen Mengen Blut und guten Effekten in Aufruhr versetzt. Netflix gab Hungrig daher auch eine Freigabe ab 18 Jahren.

Hungrig
Die Untoten folgen einem undurchschaubaren Trieb – sie bauen Denkmäler aus Haushaltsgegenständen.

Hungrig: … mit neuen Ansätzen

Statt Erklärungen für die Situation beschäftigt sich Aubert dafür mit einem anderen Aspekt, der bisher im Genre eher stiefmütterlich behandelt wurde. Er gibt den Untoten eine Art Selbstwahrnehmung. Als Bonin die Zombies beobachtet, stellt er fest, dass sie mitten auf einem Feld einen riesigen Berg aus Möbeln, vornehmlich Stühlen, zusammengetragen haben und wie angewurzelt davorstehen. Damit gelingt Aubert eine der unheimlichsten Szenen seine Films, denn dieser Moment wirft tatsächlich Fragen auf, die sonst nicht thematisiert werden.

Wer allerdings auf eine Auflösung dieser Idee hofft, wird enttäuscht. Aubert belässt es bei Andeutungen, die Zombies könnten mehr sein als gehirntote Fressmaschinen. Eine richtige Erklärung bekommt der Zuschauer nicht. Ebensowenig wie eine in irgendeiner Art überraschende Handlung. Denn nicht nur, dass die eigentlich so cleveren Helden sich mit Menschen umgeben, die bereits infiziert wurden. Was eigentlich in jedem Film des Genres als Todsünde gilt. Im Gegensatz zu Serien wie The Walking Dead verfolgen die Überlebenden auch keinerlei Plan oder haben irgendeine Idee, was sie für ihr Überleben tun könnten. Damit nimmt sich der Film viel von seiner Wirkung, denn hier schüttelt der Zuschauer eher den Kopf, als mit einer der Figuren mitzufiebern.

Und so gelingt es Aubert nach gutem Auftakt nicht mehr, sein Publikum für 100 Minuten, die sich länger anfühlen, wirklich zu fesseln. Zuviel Leerlauf und zuviel arg dumme Handlungen schmälern den Spaß für Horrorfans hier empfindlich. Was schade ist, da Aubert durchaus Momente gelingen, die extrem spannend sind. Leider nicht genug. Dazu kommt eine sehr mäßige deutsche Synchronisation, die das Filmerlebnis nicht besser macht.

Fazit:

Regisseur Robin Aubert kommt mit Hungrig nicht über gute Ansätze hinaus. Seine Helden agieren einfach nicht clever und glaubhaft genug, um das Publikum bei ihrer Flucht vor den Zombiehorden mitzunehmen. Das nutzen auch der durchaus gelungene Auftakt und ein Momente rabenschwarzen Humors nichts. Kein wirklich schlechter Film, aber ein Zombiereißer, der sein Potenzial bei weitem nicht ausschöpft und so nur Durchschnitt bietet.

Hungrig ist ab dem 3. März 2018 bei Netflix zu sehen.

Weitere Horrorfilme bei Netflix:

Das Spiel

1922

The Ritual

Hungrig
Zombiehorden im dichten Nebel: kann das jemand überleben?