Close

Filmkritik: Close

Als Lisbeth Salander wurde die schwedische Schauspielerin Noomi Rapace weltbekannt. Doch nach ein paar Auftritten in Hollywood-Produktionen stockte die Karriere und die 39-jährige war zunehmend in Direct-to-DVD-Filmen und Netflix-Produktionen zu sehen. Der neueste davon heißt „Close“ und zeigt Rapace erneut als extrem toughe Frau. Ist der neue Netflix-Thriller sehenswert?

Kleinere Filmproduktionen müssen für Spannungskino nicht schlecht sein. In der Geschichte des Films gab es schon viele günstig gedrehte, aber derart clevere Thriller, die großen Erfolg hatten, dass es sicher nicht immer ein „Mission Impossible“-Budget sein muss, um das Publikum zu unterhalten. In der Regel ist dann aber ein außerordentlich gutes Drehbuch erforderlich. Kann Close von der englischen Regisseurin und Drehbuchautorin Vicky Jewson ein solches aufbieten?

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Sam ist ein weiblicher Bodyguard und holt ihre Klienten selbst aus der übelsten Misere.

Close: Die Handlung

Ein schwerreicher Industrieller stirbt und hinterlässt seiner jungen Tochter Zoe (Sophie Nelisse) das Vermögen der Firma. Sehr zum Unwillen seiner zweiten Frau Reesa (Indira Varma), die die Firma leitet und kurz vor einem wichtigen Geschäftsabschluss in Marokko steht. Um die zickige Sophie bei den Verhandlungen in der Nähe zu haben, schickt Reesa sie in ein spezielles Safe-House der Firma. Und mit ihr den erfahrenen weiblichen Bodyguard Sam (Noomi Rapace). Die beiden Frauen mögen sich zwar auf den ersten Blick nicht, doch Sam zieht ihren Job durch.

In der Nacht wird das Anwesen plötzlich von Vermummten überfallen, die es offenbar auf Zoe abgesehen haben und das gesamte Sicherheitspersonal töten – außer Sam, die rechtzeitig fliehen konnte. Sie rettet Zoe und gemeinsam fliehen die beiden bis in die scheinbare Sicherheit einer Polizei-Einheit. Doch auch die haben mit Zoe andere Pläne, als die junge reiche Erbin zu retten. Und so wird die Flucht von Sam und Zoe bald zu, einsamen Kampf, denn die beiden Frauen können niemanden mehr trauen …

Close: Spannungs- und überraschungsarm

Wenn gleich zu Beginn ein Einsatz von Sam gezeigt wird, bei dem sie zwei Journalisten in Südafrika mit harten Methoden das Leben rettet, dann setzt Regisseurin Vicky Jewson gleich eine ansprechende Duftmarke. Die sie aber den ganzen restlichen Film kaum wieder erreicht. Denn die dünne Handlung um die zickige Erbin und die beinharte Leibwache mit dem goldenen Herzen bietet nichts, was andere Filme nicht schon oft – und meist spannender – erzählt hätten. Zwar ist Jewsons Film durchaus eine Verbeugung vor Frauenpower – aber wenig raffiniert vorgetragen.

Denn viel mehr als Klischees sind der britischen Regisseurin und Autorin nicht eingefallen. Zoe ist die nach außen verwöhnte Göre, die aber noch immer unter dem Selbstmord ihrer Mutter vor vielen Jahren leidet. Und die harte Sam hat ebenfalls einen weichen Punkt, der im Film immer wieder Erwähnung findet, obwohl er für die Handlung eigentlich nur einmal benötigt wird, um Sams leidenschaftlichen Kampf um Zoes Leben zu erklären. Als dritte Figur kommt noch Reesa dazu, die als machtbesessene Karrierefrau ohne Skrupel gezeichnet ist.

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Auf dem Weg zum neuen Auftrag informiert sich Sam über ihre neue Kundin.

Close: Actionthriller mit wenig Action – und wenig Thrill

Wer sich auf reichlich Action freut, wird ebenfalls enttäuscht. Zwar sind die Szenen handwerklich ordentlich gemacht, aber es sind nur sehr wenige. Der Schwerpunkt des Films liegt auf Dialogen oder dem Fehlen derselben. Denn wirklich viel geredet wird in Close auch nicht. Einige bedeutungsschwangere Blicke zwischen den Protagonisten müssen in der Regel reichen, um die Geschichte weiterzuerzählen. Die ist allerdings auch so überschaubar, dass sie keine großen Erklärungen benötigt.

Was Jewson an Story verweigert, präsentiert sie stattdessen bei der Atmopsphäre. Denn die Situation der beiden Frauen, die in einem fremden Land auf der Flucht vor Unbekannten sind und niemanden über den Weg trauen können, inszeniert die Regisseurin mitunter dicht und glaubwürdig. Und lässt den Zuschauer in der einen oder anderen Szene um das Leben der beiden Heldinnen zittern. Bei einer überzeugenderen Thriller-Handlung wäre hier also durchaus ein spannender Film möglich gewesen.

Aber das Drehbuch bietet so wenig Möglichkeiten, wer hinter der Jagd auf Zoe stecken könnte, dass die Auflösung am Ende keine echte Überraschung bietet. Und das sollte bei einem Thriller nun wirklich nicht passieren. Den Darstellerinnen der drei Frauenrollen kann man also keinen Vorwurf machen, an ihnen liegt es nicht, dass Close nur wenig Adrenalin beim Zusehen freisetzt. Allerdings spielt Noomie Rapace auch häufig die Rolle der harten Frau mit weichem Kern, so dass ihre gute Darbietung hier nicht weiter erstaunlich ist.

Fazit:

Ein derart simpler Plot wie bei Close hätte reichlich Action gebraucht, um zu unterhalten. Leider gibt es nur einige wenige Action-Sequenzen zu sehen, den Rest der Zeit hält sich der Film damit auf, die wenig originelle und vorhersehbare Geschichte zu erzählen. Dazu bietet Regisseurin und Drehbuchautorin Vicky Jewson weder inszenatorisch noch inhaltlich echte Highlights. Alles ist solide gemacht, aber eben nie mehr als das. Und so ist Close für Rapace-Fans noch ganz ok, aber insgesamt ein bestenfalls durchschnittlicher Thriller.

Close startet am 18. Januar 2019 bei Netflix.

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Close
Auf der Flucht Sam die junge Zoe mit dunklen Haaren, um in der Menge nicht aufzufallen.