Das Finale ist nah. Mit der Einführung von „Captain Marvel“ im eigenen Film startet das vorletzte Kapitel der großen Marvel-Saga, die sich über elf Jahre und 21 Filme zieht. Brie Larson ist die erste Solo-Heldin bei Marvel – und eine der mächtigsten Figuren im gesamten MCU. Sie soll in „Avengers: Endgame“ den Tag retten, vorher muss sie allerdings erst einmal ihren eigenen Film überstehen. Gelingt ihr das? Und was hat das Publikum davon?
Dass Brie Larson als Captain Marvel zu sehen ist, hat sie auch dem späten Drehtermin zu verdanken. Und das nicht etwa, weil Larson vorher keine Zeit gehabt hätte. Vielmehr ist ihre Figur erst seit 2012 Captain Marvel, vorher gab es zahlreiche andere Figuren, die diesen Titel trugen, eine davon kommt im neuen Film sogar vor. Produzent Kevin Feige verglich Larsons Charakter mit der Rolle, die Superman im DC-Universum inne habe – als stärkster Held überhaupt. Passt der Vergleich und – wie macht sich diese Macht im Film bemerkbar?
Captain Marvel: Die Handlung
Die junge Frau (Brie Larson) hört auf den Namen „Vers“ und gehört bei dem Elitekämpfern der außerirdischen Kree zu den besten überhaupt. Unter ihrem Kommander Yon-Rogg (Jude Law) rückt sie gemeinsam mit anderen Top-Kriegern wie Minn-Erva (Gemma Chan) und Korath (Djimon Hounsou) zu einem Planeten am Rande des Kree-Imperiums aus, um einen Mann zu retten, hinter dem die Feinde des Imperiums her sind. Sie nennen sich Skrulls und können nach Belieben ihre Gestalt verändern. Dementsprechend schwer sind sie zu entdecken.
Vers nimmt den Kampf gegen einen ihrer Anführer namens Talos (Ben Mendelsohn) auf, wird aber durch eine Übermacht bezwungen. Als sie erwacht, befindet sie sich in einem Skrull-Raumschiff und steckt in einer Maschine, die ihr Erinnerungen an ein Leben zeigt, an das sie sich nicht erinnern kann. Mit Mühe entkommt Vers aus dem Schiff und landet auf einer Welt, die bei den Kree C-53 heißt, von den Bewohnern aber Erde genannt wird. Dort trifft sie auf die Shield-Agenten Nick Fury (Samuel L. Jackson) und Phil Coulson (Clark Gregg) – und ihre eigene Vergangenheit …
Captain Marvel: Typische Origin-Probleme
Eine so mächtige Figur wie Captain Marvel kann man nicht aus dem Nichts im letzten Film der Infinity-Saga auftauchen lassen, die braucht einen Hintergrund und eine entsprechende Einführung ins MCU. So weit, so richtig. Allerdings hat der Film dadurch auch die typischen Probleme einer Story, die den Helden erst einmal erklären und entstehen lassen muss. Das Regie-Duo Anne Boden und Ryan Fleck haben versucht, das zu vermeiden, indem sie die Entstehungsgeschichte der Heldin in Rückblenden in die Hauptstory packen. Leider funktioniert dieser Plan nur bedingt.
Denn durch die Flashbacks bremsen die beiden, die auch am Drehbuch mitschrieben, immer wieder das eigentlich ordentliche Tempo des Films aus. Das ist zwar schon deshalb notwendig, um die finalen Twists des Films zu ermöglichen, für die Identifikation mit der Heldin ist es aber wenig hilfreich, denn die bleibt über lange Zeit kühl und undurchsichtig. Und ist auch nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte. Erst im letzten Drittel des Films bekommt der Zuschauer dann endlich die Captain Marvel zu sehen, die ab jetzt der neue Status Quo im MCU ist – und die ist extrem mächtig. Eine US-Kollegin twitterte nach Sichtung des Films denn auch passend: „Thanos is f…ed!“ (dt. sinngemäß Thanos ist am Arsch!)
Captain Marvel: Das Superman-Dilemma
Und hier offenbart sich ein weiteres Problem des Drehbuches und den daraus resultierenden, sehr übersichtlichen Möglichkeiten, diese Geschichte zu erzählen. Denn hätte Captain Marvel ihre Kräfte von Beginn an gehabt, es wäre ein sehr langweiliger Film geworden. Wie in Filmen mit DC-Kollege Superman müssen sich die Autoren etwas überlegen, warum eine derart überlegene Figur dennoch in Gefahr geraten kann. Die eine Variante – der Charakter bekommt seine Kräfte erst im Lauf der Handlung – wurde hier gezogen.
Und trotzdem gibt es keinen Moment im Film, in dem der Zuschauer jemals um Captain Marvel fürchtet oder mit ihr zittert. Das haben offenbar auch die Macher bemerkt und deshalb auf viel Humor gesetzt, um überhaupt Emotionen zu erzeugen. Das Rezept geht weitgehend auf, denn vor allem durch einen wunderbar aufgelegten Samuel L. Jackson versprüht Captain Marvel die typische Leichtigkeit der Superhelden-Filme, die man von Marvel kennt. Abgesehen von „Thor: Tag der Entscheidung“ und den beiden „Guardians“ war kaum ein Film so witzig.
Und das ist auch der Grund, warum Captain Marvel noch ein unterhaltsamer Film geworden ist. Denn die Action ist gut, aber nicht bahnbrechend – und vor allem nicht neu. Nach 19 anderen Filmen haben sich viele Zuschauer an den typischen Comic-Prügeleien langsam satt gesehen. Hier kommt Marvel nochmal mit einem blauen Auge davon, aber nach Avengers: Endgame sollten dringend neue und andere Geschichten erzählt werden. Denn so richtig neu ist an Captain Marvel trotz der frischen Heldin eigentlich gar nichts.
Fazit:
Auch der neueste Streich von Marvel ist unterhaltsam, dank einer starken Brie Larson und einem Samuel L. Jackson in Spiellaune. Dennoch zeigt auch Captain Marvel so viel von mittlerweile typischem Marvel-Storytelling und klassischem Marvel-Humor, dass dem Film trotz der eigentlich ganz neuen Heldin die Frische fehlt. Als Aufgalopp vor dem großen Schwanengesang Ende April in Avengers: Endgame ist Captain Marvel in Ordnung, ob der übermächtigen Heldin aber wirklich ein langes Leben im MCU beschieden ist, bleibt abzuwarten.
Captain Marvel startet am 7. März in den deutschen Kinos.