Alita

Filmkritik: Alita Battle Angel

Ein halber Traum. Seit mehr als 15 Jahren war „Alita Battle Angel“ ein Wunschprojekt von Regisseur James Cameron. Aber seine Arbeit an nicht weniger als vier „Avatar“-Fortsetzungen beschäftigen den erfolgreichsten Regisseur der Welt noch bis zur Mitte der nächsten Dekade. Damit Alita überhaupt noch den Weg auf die Leinwand schafft, gab der Kanadier die Regie an Robert Rodriguez („Sin City“) ab und beschränkte sich auf Drehbuch und Produktion. Eine gute Entscheidung?

1991 veröffentlichte der japanische Comiczeichner Yukito Kishiro den ersten Band seiner Saga um ein Wesen, das wie ein junges Mädchen aussieht – aber etwas ganz anderes ist. Die dystopische Saga wurde unter Manga-Fans ein Riesenerfolg und gelangte auch in den USA zu großer Bekanntheit. So  wurde James Cameron auf die Story aufmerksam, brauchte aber lange, um das Projekt ins Laufen zu bringen. Doch nun hat er mithilfe von Robert Rodriguez und Drehbuchautorin Laeta Kalogridis („Altered Carbon“) Alita in die Kinos gebracht – mit Erfolg?

Alita
Dr. Dyson Ido findet im Müll einen völlig zerstörten Cyborg, schenkt ihm neues Leben – und nennt ihn Alita.

Alita Battle Angel: Die Handlung

Wir schreiben das Jahr 2563. Cyber-Chirug Dyson Ido (Christoph Waltz) findet im Abfall der Mülldeponoe von Iron City Kopf und Torso eines Cyborgs und nimmt ihm mit. Nach der Reparatur und Einbettung in einen neuen Körper erwacht das Wesen, dem Ido den Namen Alita (Rosa Salazar) gibt. Die junge Frau hat allerdings an ihr früheres Leben keinerlei Erinnerungen mehr. Wie ein Kind erkundet sie voller Neugierde ihre neue Welt und lernt schnell, sich darin zurechtzufinden und zu behaupten.

Als sie eines Nachts ihren Ziehvater beschattet, der sich heimlich aus dem Hause geschlichen hat, entdeckt sie, dass er als Hunter Warrior arbeitet, eine Art Kopfgeldjäger für die Regierung. Doch er ist gegen drei modifizierte Verbrecher klar im Nachteil. Ohne zu zögern, greift Alita in den Kampf ein und stellt fest, dass sie ihre Gegner fast mühelos besiegen kann. Offenbar muss in ihrer Vergangenheit ein großes Geheimnis liegen. Mithilfe ihre Freundes Hugo (Keean Johnson) versucht sie, mehr über sich zu erfahren. Doch sie hat, ohne es zu wissen, mächtige Feinde …

Alita Battle Angel: Mehr als Technik?

Der Film ist auf den ersten Blick ein zutiefst technisches Projekt. Zum einen spielt Technik innerhalb der Handlung eine große Rolle. Wenn Alita ihren Ziehvater fragt, ob Magie die fliegende Stadt Zalem in ihrem Platz hält, dann antwortet er: „Besser. Technik!“ Und Technik ist es auch ,die Alitas Story überhaupt erst möglich macht. Die in der Handlung, die sie mit einem neuen Körper versorgt und ihr weitere, faszinierende Fähigkeiten verleiht. Aber natürlich auch die Technik, die es brauchte, um einen Film wie diesen zu ermöglichen.

Denn um einen derart visuellen Rausch an mit Metall verbundenem Fleisch der Cyborgs, spektakulären Kampfszenen und brutalen Wettrennen auf die Leinwand zu bringen, braucht es davon jede Menge. Rodriguez‘ größte Leistung ist es daher auch, dass die Story von Alita Battle Angel in diesem von Computereffekten fast platzenden Film nie ihre Seele verliert. Denn der Regisseur baut seine Geschichte behutsam, fast langsam auf und lässt dem Publikum Zeit, das neugierige Kind Alita kennenzulernen, bevor die Kampfmaschine in ihr erwacht.

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Als sich Alita gegen andere, tödliche Cyborgs wie Nyssiana zur Wehr setzen muss, erwacht in ihr ein uraltes Kampfprogramm.

Alita Battle Angel: Für Herz und Auge

Ein wichtiger Grund dafür, dass Alita auch emotional berührt, ist Rosa Salazar. Obwohl die Schauspielerin nie wirklich zu sehen ist, weil ihre Figur komplett aus dem Computer stammt, verleiht sie ihr durch Motion Capturing und ihre Stimme so viel Charme und Authentizität, dass sie bald ein lebendiges Wesen ist, mit dem der Zuschauer mitfiebert. Sie bleibt allerdings darin auch allein, denn weder die Love-Story, noch ihre Freunde und Gegner erreichen schauspielerisch oder erzählerisch dieses Niveau – weil das Drehbuch sie schlicht und ergreifend nicht lässt. So sind Größen wie Jennifer Connelly und Mahershala Ali leider verschenkt.

Lebendig ist dafür aber die gesamte Welt, in der Alita spielt. Was Setbauer und Programmierer hier erschaffen haben, war so bisher nur selten im Kino zu sehen und kann sich in Detailgrad und Glaubwürdigkeit trotz komplett anderen Looks mit dem großen „Avatar“ messen. Das Publikum merkt deutlich, welch immense Mühe sich die Macher gegeben haben, Iron City und Umgebung zu erschaffen. Dazu kommen Actionsequenzen, die so dicht an der Manga-Vorlage sind wie kein Film zuvor, auch „Ghost in the Shell“ hat das so beeindruckend nicht geschafft.

Alita Battle Angel ist aus genannten Gründen sicher kein perfekter Film. Aber wer auch deshalb ins Kino geht, um Dinge zu sehen, die er noch nie zuvor gesehen hat und sich in so glaubhafte, fremde Welten entführen zu lassen, dass er zwei Stunden tatsächlich ganz woanders ist, der hatte selten einen so guten Grund zum Kauf einer Kinokarte wie hier. Wer den Film als Zugabe noch in IMAX und 3D  erleben kann, sollte die Chance nutzen – es war lange nicht so lohnend wie bei Robert Rodriguez‘ feiner Comic-Umsetzung.

Fazit:

Ein Bilderrausch, dem seine Hauptfigur aber auch Herz verleiht, so lässt sich Alita Battle Angel in einem Satz zusammenfassen. Es gibt gute Gründe, den Film nicht zu mögen. Wer aber mit Manga-Kultur etwas anfangen kann und sich immer als Fan von „Blade Runner“ oder Ghost in the Shell gesehen hat, der wird auch diesen visuell umwerfen Trip in eine düstere Zukunft garantiert zu schätzen wissen. Erzählerisch kein Meisterwerk, aber doch viel besser, als mancher US-Kritiker behauptet.

Alita Battle Angel startet am 14: Februar in den deutschen Kinos.

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Antworten auf Fragen zu ihrer Vergangenheit erhofft sich Alita in der fliegenden Stadt Zalem – aber wie soll sie dort hingelangen?