Gemini Man

Filmkritik: Gemini Man

Produzent Jerry Bruckheimer steht für krawallige Action, Regisseur Ang Lee für künstlerischen Anspruch. Und Hauptdarsteller Will Smith hat bereits in beiden Bereichen gearbeitet. Was also steckt hinter dem gemeinsamen Projekt „Gemini Man“? Kann der Actionthriller sowohl inhaltlich als auch künstlerisch überzeugen? Oder bleibt am Ende nur die bislang beste technische Leistung bei der Verjüngung eines Schauspielers übrig? Das klärt die Kritik.

Gemini Man ist viel älter, als er aussieht. Denn schon 1997 gab es erste Pläne, das damalige Drehbuch von Darren Lemke bei Disney zu verfilmen. Seitdem gab es immer wieder Versuche, den Stoff auf die Leinwand zu bringen. Doch es scheiterte aus technischen Gründen, die Effekte waren noch nicht soweit, dass eine adäquate Umsetzung der Story möglich gewesen wäre. Erst 2016 wurde Gemini Man wiederbelebt, diesmal von Bruckheimer. Weitere drei Jahre sollte es dauern, bis der Film nun in die Kinos kommt – hat sich das Warten gelohnt?

Gemini Man
Eine schicksalhafte Begegnung: Elitekiller Henry trifft auf sein jüngeres Selbst – einen Klon, von dem er nichts wusste.

Gemini Man: Die Handlung

Henry Brogan (Will Smith) ist der beste Auftragsmörder, den die US-Geheimdienste haben. Dutzende von Terroristen hat der Eliteschütze bereits ausgeschaltet – so dachte er zumindest. Denn nach seinem letzten, fast verpatzten Attentat, will der 50-jährige sich zur Ruhe setzen und erfährt durch Zufall, das sein finales Ziel nur ein harmloser Wissenschaftler war, der zu viel wusste. Nun hat Brogan das gleiche Problem und gerät durch dieses Wissen ins Visier des skrupellosen Geheimdienstchefs Clay Varris (Clive Owen).

Und der fackelt nicht lange, schickt dem Killer selber eine Spezialeinheit auf den Hals. Doch gemeinsam mit der Agentin Danny (Mary Elizabeth Winstead), die ihn beschatten sollte und daher nun ebenfalls als zu liquidierende Mitwisserin gilt, kann er entkommen. Varris entschließt sich daher, seinem ehemals besten Mann den neuen Primus auf den Hals zu hetzen: Junior (Will Smith). Und der sieht seinem Opfer nicht zufällig verdammt ähnlich – nur 25 Jahre jünger als Brogan …

Gemini Man: Triumph der Technik

Will Smith wird hier wieder zum jungen „Prinz von Bel Air“, dank der neuen Software des FX-Riesen WETA Digital. Die Neuseeländer traten mit „Der Herr der Ringe“ erstmals als Topadresse für Computereffekte in Erscheinung und haben seitdem diverse Oscars für ihre Arbeit gewonnen. Was sie bei Gemini Man leisten, ist in mehrfacher Hinsicht beeindruckend. Denn bisher hat noch kein Film eine jüngere Version eines Schauspielers derart realistisch und überzeugend zum Leben erweckt. Und das mussten die Neuseeländer auch noch besonders hochauflösend schaffen.

Denn der Film wurde nicht nur in 120 FPS gedreht, was besonders realistische Bewegungen ermöglicht, sondern auch in hochauflösendem 3D, für fas extra eine Kamera entwickelt wurde. Daher gebührt WETA uneingeschränktes Lob für ihre Effekte, denn die waren noch schwerer umzusetzen als in vorherigen Filmen, in denen De-Aging zum Einsatz kam. Tatsächlich vergisst man in einigen Szenen, dass der Charakter, den man gerade sieht, lediglich die Bewegungen eines menschen bekommen hat und der Rest aus dem Computer stammt.

Gemini Man
Doch der Doppelgänger hat einen klaren Auftrag: Brogan zu töten, koste es, was es wolle.

Gemini Man: Inhalt kann nicht konkurrieren

So bahnbrechend neu die technische Leistung von Gemini Man ist, so durchschnittlich ist allerdings seine Story. Obwohl „Game of Thrones“-Showrunner David Benioff noch Hand anlegte und wohl zumindest ein paar Dialoge polierte, ist das Endergebnis nichts Besonderes geworden. Die Idee des Klons, der das Original ersetzt oder tötet, ist schon sehr alt, das Doppelgänger-Motiv gibt es schon seit dem 18. Jahrhundert in der Literatur. Und auch im Kino wurde der gleiche Charakter im Doppelpack schon etliche Male bemüht. Dem Script von Gemini Man ist dazu absolut nichts Neues eingefallen.

Auch Ang Lee zeigt nur wenig von dem, was seine Filme sonst ausmachen. Er setzt zwar in fast jeder möglichen Szene Spiegel oder spiegelnde Flächen ein, um dem Publikum die Dualität des Helden, sonst gibt es aber kaum etwas von sonst so brillanten Auge Lee zu entdecken. Die Actionsequenzen, von denen Lee drei in seinem Film hat, sind sehr gut anzusehen, überraschen aber nie. Das ist dennoch alles sehr ansehnlich, den ganz besonderen Look sucht man bei Gemini Man aber vergeblich, vielleicht auch deshalb, weil das 4k-Bild in hoher FPS schon einen eigenen Look mitbringt.

Die Schauspieler geben alle zumindest eine routinierte Vorstellung. Will Smith spielt beide Rollen gut, Clive Owen gibt einen ordentlichen Bösewicht ab, der zumindest nicht komplett flach bleibt. Und Mary Elizabeth Winstead, die kurz vor ihrer Actionrolle in „Birds of Prey“ hier schon einmal üben konnte, macht ebenfalls eine gute Figur als toughe Agentin. Damit wird Gemini Man zum Kinoerlebnis, das vor allem in 3D und hoher Framezahl sehenswerte Bilder auf die Leinwand bringt. 

Fazit:

Optisch ist Gemini Man eindrucksvoll und bietet nichts weniger als die bisher beste digitale Verjüngung eines Schauspielers überhaupt. Inhaltlich bleibt der Film allerdings in gewohnten Konventionen und kann der Grundidee keine neuen Aspekte abgewinnen. Gute Schauspieler und ein paar nette Ideen von Regisseur Ang Lee gibt es auch zu sehen, dennoch ist der Film für Technik-Fans in 2D spannender als für Freunde guter Geschichten.

Gemini Man startet am 3. Oktober 2019 in den deutschen Kinos.

Gemini Man
Geheimdienstchef Clay Varris hat für das Versagen seines Ziehsohnes kein Verständnis.