Heilstätten

Filmkritik: Heilstätten

Found Footage, Youtube und ein amtlich unheimlicher Ort in der Nähe von Berlin. Kann so viel angesagte Hippness tatsächlich einen vernünftigen deutschen Horrorfilm ergeben? Michael David Pate versucht mit „Heilstätten“ den Beweis anzutreten, dass das Genre auch in Deutschland eine Zukunft haben könnte – hat er damit Erfolg?

Horrorfilme und Deutschland hatten einmal eine gewisse Tradition – aber die ist seit etwa 90 Jahren tot. Tatsächlich galten Filme wie „Nosferatu“ und „Das Kabinett des Dr. Caligari“ als Meilensteine des frühen Spannungskinos, aber seitdem hat sich Horror in deutschen Produktionen eher zu absoluten Randerscheinungen gewidmet und werden mittlerweile seltener in Kinos gesehen als das Ungeheuer von Loch Ness. Kann der deutsche Regisseur Michael David Pate („Kartoffelsalat“) dagegen etwas tun?

Heilstätten
Nervige Youtuber? Daran herrscht in Heilstätten kein Mangel.

Heilstätten: Die Handlung

Angesagte Youtuber kennen keine Angst. Zumindest wollen die beiden Kumpel Finn (Timmy Trinks) und Charly (Emilio Sakraya) diesen Eindruck bei ihren Followern wecken und quartieren sich für 24 Stunden in die ehemaligen Heilstätten vor Berlin ein. Dieses Gelände war in der Nazizeit angeblich der Ort vieler Verbrechen von Medizinern an Gefangenen und dort soll es spuken. Ihnen zur Seite steht Youtuberin Betty (Nilam Farooq), die von den beiden überredet wurde, ebenfalls mitzumachen. Vierte im Bunde ist Marnie (Sonja Gerhardt), die auf Youtube einen Anti-Angst-Channel präsentiert.

Hinein gelangen die jungen Leute ohnehin nur, weil Marnies Exfreund Theo (Tom Oliver Schultz, „Club der roten Bänder“) als Touristenguide die Schlüssel besitzt und sich von Charly und Finn, ehemaligen Klassenkameraden, bequatschen ließ, sich auf ihren Wunsch einzulassen. Doch schon bald läuft für die Youtuber in den schaurigen Gemäuern einiges deutlich anders, als sie es geplant hatten …

Heilstätten: Handwerklich gut …

Das Beste gleich zu Beginn: Optisch kann Heilstätten durchaus mit gängigen Found Footage-Produktionen des internationalen Marktes mithalten. Pate und sein Kameramann Pascal Schmit erzeugen gute Bilder mit glaubhaftem Look, die aber dennoch scharf genug sind, um zumindest zu erahnen, was man da gerade zu sehen bekommt. Zudem findet Pate mit der Youtuber-Idee auch einen deutlich plausibleren Grund für die ganzen Kameras vor Ort, als die meisten Found Footage-Produktionen der vergangenen Jahre.

Dazu kommen sympathisch-unsympathische Darsteller, die ihre Rollen als nervtötende Hyper-Kasper der Generation Youtube so gut verkörpern, dass man sich schon früh wünscht, Geister, Killer oder was auch immer mögen erscheinen und mit dem Gemetzel beginnen. Dass es Pate im Lauf der Handlung gelingt, den erst eindimensionalen Figuren doch noch etwas Tiefe – und damit auch das Mitgefühl der Zuschauer – zu geben, spricht ebenfalls für Pates Script.

Heilstätten
Charlie und Finn lassen sich durch Theos Warnungen nicht von ihrem Vorhaben abbringen.

Heilstätten:  …aber nicht gruselig

Dennoch fehlt Heilstätten ein entscheidendes Kriterium, das einen guten Horrorfilm ausmacht: Er ist nicht gruselig. Obwohl Pate zu Beginn recht gekonnt Spannung aufbaut und auch den Zuschauer schnell davon überzeugt, dass es an diesem Ort nicht alles mit rechten Dingen zugeht, kann er sich ab der Mitte nicht mehr steigern. Dazu nutzt Pate zum Ende hin die Wackelkamera auch deutlich zu viel. Und geht dem Publikum damit eher an den Magen als an die Nerven. 

Und auch die etwas bemühten und gegen Ende einfach zu vielen Haken in der Story funktionieren nur mäßig. Dadurch verliert Heilstätten viel von seiner ursprünglichen guten Atmosphäre und wird wirrer, als die Story es eigentlich nötig gehabt hätte. Als möglicher Auftakt einer neuen Horrortradition in Deutschland ist Heilstätten sicher nicht der schlechteste Start. Zu den richtig guten Vertretern seiner Zunft fehlt es dem Film dann aber doch noch – vor allem an wirklich gruseligen Momenten. Im Vergleich zu seinem sehr mäßigen Kartoffelsalat legt Pate aber immerhin deutlich zu.

Fazit:

Als erster deutscher Horrorfilm seit Jahren ist Heilstätten tatsächlich keine Katastrophe geworden. Gute Bilder, ein bis zur Mitte gut funktionierender Spannungsbogen und ein cleveres Setting machen aus der ersten Hälfte einen flotten Teenie-Horror, der sich durchaus mit internationaler Konkurrenz messen kann. Wo ein richtig guter Vertreter des Genres dann aber die Spannung nochmals ordentlich anzieht und ein furioses Finale beschert, bleibt Heilstätten harmlos und blutleer. Ein ordentlicher Anfang einer möglichen Renaissance des deutschen Horrorfilms – mehr leider noch nicht.

Heilstätten startet am 22. Februar 2018 in den deutschen Kinos.

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Mädchen allein im Dunkeln – das bietet Heilstätten sehr regelmäßig.