Vor dem Hintergrund des Völkermords durch die türkische Armee an den Armeniern im Land zu Beginn des Ersten Weltkriegs erzählt Regisseur Terry George („Hotel Ruanda“) in „The Promise“ eine Liebesgeschichte zwischen zwei Männern und einer Frau. Wie gut ist der Film?
Fast spannender als der Film selbst ist seine Entstehungsgeschichte. Der armenisch-stämmige US-Milliardär Kirk Kerkorian finanzierte des Projekt komplett aus eigener Tasche, um auf die historischen Ereignisse aufmerksam zu machen. Daher spielt es nur eine kleine Rolle, dass The Promise in den USA komplett floppte und nur etwa ein Zehntel seiner Kosten einspielte. Bereits im Vorfeld fand eine eine regelrechte Schlacht auf der Website der Kinodatenbank IMDB statt. Nur Stunden nach der Erstaufführung des Films in Toronto gab es tausende schlechter Wertungen dort, die mutmaßlich allesamt von türkisch-stämmigen Lesern stammten. Sie hatten den Film zwar nicht gesehen, aber da sich bisher jede türkische Regierung seit 1915 weigert, den Völkermord an den Armeniern als Teil der türkischen Geschichte anzuerkennen, empfinden viele Türken bereits die Behauptung, es habe ihn gegeben, als Beleidigung.
Gegen diese Abstimmung wehrten sich daraufhin viele armenisch-stämmige Leser der Seite, die The Promise – ebenfalls ohne ihn gesehen zu haben – die Bestnote gaben. So wurde der Film das, was er auch werden wollte – ein Politikum, über das in den Medien zumindest ein wenig gesprochen wurde.
The Promise: Die Handlung
Im Jahr 1914 ist Mikael (Oscar Isaac) Apotheker in einem kleinen armenischen Dorf in der Südtürkei. Weil er aber lieber Arzt werden möchte, gibt er das Versprechen ab (daher der Titel), eine junge Frau aus dem Dorf zu heiraten. Mit ihrer Mitgift kann er sich die Reise und das Studium in Konstantinopel leisten. Dort lernt er nicht nur den Türken Emre (Marwan Kenzari, gerade als böser Jaffar in der Realverfilmung von Disneys „Aladdin“ gercastet) kennen, sondern auch die junge Ana (Charlotte Le Bon), ebenfalls Armenierin. Sie geht im Haus von Mikaels Onkel ein und aus, kümmert sich um die Kinder und ist mit dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers (Christian Bale) liiert.
Als die Türkei in den Ersten Weltkrieg eintritt und die Aktion gegen die Armenier im ganzen Land beginnt, kommen sich Mikael und Ana näher. Doch ihre Liebe hat keine Chance, denn Mikael wird kurze Zeit später verhaftet und in ein Arbeitslager gebracht. Für ihn, Ana und Chris beginnt ein fast unerträglicher Leidensweg …
The Promise: Intensives Drama
Regisseur Terry George hat mit Filmen über Völkermord durch seinen oscar-nominierten Hotel Ruanda bereits eine gewisse Erfahrung – und das merkt man The Promise auch an. Denn es gelingt ihm, auch ohne explizit blutige Bilder das Grauen der Verfolgten angesichts blinder Wut und Gewalt gegen sie deutlich zu machen. Das er dabei gelegentlich mit besonders bösartigen türkischen Wachmännern übers Ziel hinausschießt, sei ihm angesichts des sehr emotionalen Stoffes verziehen. Denn er schafft gemeinsam mit seinem spanischen Kameramann Javier Aguirresarobe (gerade für „Thor: Ragnarok“ im Einsatz) Bilder, die man nicht so leicht wieder loswird.
Leichenberge von abgeschlachteten Armeniern, marodierende Türken, die jedes armenische Geschäft in Konstantinopel zerstören und deren Besitzer verprügeln – solche Aufnahmen gehen unter die Haut und verfehlen ihre Wirkung nicht. Über die Freigabe des Films ab 12 Jahren lässt sich angesichts dieser Thematik auch sicher diskutieren. Oscar Issacs Gesicht gibt dem Grauen eine stumme Antwort, in seinen Augen lässt sich der Schmerz und das Unverständnis über die Taten der türkischen Armee leicht ablesen.
Kleine Lovestory
Eine der Schwächen des Films ist es denn auch, dass der eigentlichen Story, dem Liebesdreieck zwischen Mikael, Ana und Chris, trotz der Laufzeit von deutlich über zwei Stunden nicht der Platz zukommt, den sie gebraucht hätte. An den sehr gut agierenden Schauspielern liegt es nicht, dass diese Geschichte angesichts des allgegenwärtigen Völkermords ein wenig untergeht. Die machen einen guten Job. Aber die Intention des Films siegt hier über das erzählerische Moment.
Dazu kommt es gegen Ende des Films auch eine Spur zu furchtbar. Angesichts der Tragödien und Verluste im Minutentakt verliert der Film etwas von seiner Intensität, die er sich vorher aufgebaut hat. Hier wäre etwas mehr Zurückhaltung und Vertrauen in das bis dato Gezeigte sicher besser gewesen. Und auch das komplette Verschweigen der vorgeschobenen oder tatsächlichen Gründe der Türken für den Völkermord wirkt unrund. Ein begreifbares Monster wie Amon Göth in „Schindlers Liste“ fehlt The Promise. Trotz dieser kleinen Schwächen bleibt der Film aber eine sehenswerte Erinnerung an eine Gräueltat des Ersten Weltkriegs, die die Aufmerksamkeit durch den Film sicher verdient hat. Dieser wiederum hätte mehr Publikum verdient, als er bis jetzt bekommen hat.
Fazit:
Ein Meisterwerk ist Regisseur Terry George mit The Promise nicht gelungen, ein sehr ansehnlicher Film schon. Seine Stars machen das Beste aus ihren Rollen und die Inszenierung zeigt das Leiden der Armenier mehr als deutlich. Auch wenn am Ende weniger vielleicht mehr gewesen wäre, bleiben intensive Momente im Gedächtnis. Kein Film, den man sich freiwillig zwei Mal ansieht. Aber einer, den man sich einmal ansehen kann – und sollte.
The Promise startet am 17. August in den deutschen Kinos.
In eigener Sache
Ich freue mich immer über Kommentare zur Kritik. Angesichts des Themas werde ich aber Postings, die den Völkermord an den Armeniern infrage stellen, nicht zulassen. Die Anerkennung dieses historische Ereignis als Völkermord ist allgemeiner europäischer Konsens, wer das anders sieht, möge sich dafür bitte eine andere Plattform suchen. Entsprechende Kommentare werde ich löschen bzw. nicht freigeben. Über die Qualität des Films hingegen kann gern diskutiert werden.