Die Saga geht weiter. Nachdem die erste Staffel von „The Witcher“ vor zwei Jahren weltweite Erfolge beim Netflix-Publikum feuerte, haben sich die Macher um Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich viel Zeit gelassen (sicher auch coronabedingt), um neue Folgen zu drehen. In The Witcher Staffel 2 endet nun die Zeit der adaptierten Kurzgeschichten und die Serie beginnt mit dem ersten Band der fünfteiligen Saga um Geralt, Ciri und Yennefer – „Das Blut der Elfen“. Leser dürften hier also erneut viel wiedererkennen, aber auch Gamer werden die eine oder andere Figur zumindest namentlich kennen. Können die acht neuen Folgen den Hype für die Serie weiter befeuern? Oder enttäuschen die Episoden? Das klärt die Kritik.
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Die Handlung
Nach der Schlacht, bei der Yennefer (Anya Chalotra) die Truppen von Nilfgaard mit Feuermagie in die Flucht schlug, ist erst ein paar Stunden vorüber, als Geralt (Henry Cavill) und Ciri (Freya Allan) dort ankommen. Als der Witcher mitbekommt, dass Yennefer nicht aufzufinden ist und auch Magierin Tissaia (MyAnna Buring) keine Hoffnung mehr hat, sie lebend zu finden, nimmt Geralt an, dass seine Geliebte die Schlacht nicht überlebt hat. Doch beide irren sich: Yennefer geriet nach dem Kampf in Gefangenschaft der Nilfgaarder und wird nun durch ihre einstige Freundin Fringilla (Mimi M. Khayisa) nach Süden verschleppt. Doch die Reise verläuft nicht so, wie die Magierin sich das vorgestellt hat …
Geralt und Ciri landen nach einem Abstecher bei einem alten Freund schließlich in Kaer Morhen, der Festung der Witcher. Und damit auch bei Vesemir (Kim Bodnia), dem ältesten, noch lebenden Witcher und Ziehvater von Geralt. Der hält wenig von Ciris Wunsch, den Schwertkampf zu erlernen und selbst ein Witcher zu werden, doch die junge Frau trainiert unermüdlich. So erwirbt sie sich nicht nur den Respekt der anderen Witcher in Kaer Morhen, sondern findet auch mehr über ihre geheimnisvollen Fähigkeiten und ihre Herkunft heraus. Allerdings rufen diese Informationen auch andere Mächte auf den Plan, die eigene Agendas verfolgen und dabei über Leichen gehen …
Mehr Budget, mehr Spektakel
The Witcher Staffel 2 merkt man an, dass sich im Vergleich zur ersten Auflage einiges geändert hat. So hat Netflix der Serie nach dem Mega-Erfolg offenkundig mehr Budget bewilligt – und das sieht man. Wieder gibt es spektakuläre Monster zu sehen, aber auch viele Handlungsorte wie die Witcherfestung Kaer Morhen sind edel ausgestattet und wirken daher sehr real. Neben der besseren Ausstattung und besseren Effekten öffnet die zweite Staffel aber auch das Witcher-Universum wesentlich stärker. Was bislang nur die Leser der Bücher und mit Abstrichen die Gamer wussten, wird in The Witcher Staffel 2 nun auch für die Zuschauer klarer – das unübersichtliche Gespinst der Macht, das den Kontinent in einem brüchigen Gleichgewicht hält. Und genau das wird durch Ciris Existenz gefährdet.
Auch die Erzählweise ändert sich, was der Vorlage geschuldet ist. Schließlich basiert die erste Staffel auf einer Reihe von Kurzgeschichten, die nur lose miteinander verbunden waren. The Witcher Staffel 2 merkt man aber schon zu Beginn an, dass nun die eigentliche Saga um Geralt, Ciri und Yennefer startet. Die Handlung wird stringenter erzählt, viel mehr Nebenstorys greifen ineinander und immer mehr Figuren tauchen in der Handlung auf, die ihre eigenen Interessen vertreten und im Kampf Gut gegen Böse oftmals keiner Seite zugeschlagen werden können. Das erinnert ein wenig an Spionagefilme, da hier eher ein kalter Krieg der Geheimdienste tobt, als das sich die Königreiche des Kontinents offen an die Gurgel gehen.

Eine seltsame Familie
Im Zentrum dieser Staffel steht aber die Familie oder das, was sich in Abwesenheit einer solchen entwickelt. Geralt steht dabei im Mittelpunkt als Vaterfigur für Ciri und Sohn für Vesemir. Yennefer steht ebenfalls am Scheideweg zwischen ihrem Appetit an Macht und dem Beschützen der Leben, die ihr wichtig sind. Ciri schließlich muss sich in The Witcher Staffel 2 endgültig mit ihren Fähigkeiten auseinandersetzen, auch wenn sie Angst davor hat. Das Zusammenwachsen dieser drei Figuren zu einer neuen Familie ist der Kern, um den sich die gesamte restliche Handlung rankt. Das funktioniert auch deshalb so gut, weil die Schauspieler mittlerweile ihre Rollen besser kennen und sehr viel sicherer darin agieren.
So ist Henry Cavill als Geralt nicht mehr ganz so brummig wie in den ersten Folgen und darf auch ein wenig Emotionen zeigen. Seine Kampf-Fähigkeiten vor der Kamera sind dagegen noch genauso stark wie in Staffel eins. Ciri wird vom mitunter leicht nervtötenden Kind auf der Flucht zum Spielball verschiedener Mächte und wehrt sich dagegen, was Freya Alan eindrucksvoll auf den Bildschirm bringt. Anya Chalotras Yennefer, deren Kinderwunsch bereits in Staffel eins ein großes Thema war, wird in Staffel zwei auf eine andere Art Mutter als sie wollte. Chalotra verkörpert diese emotionale Anspannung ihrer Figur stark und lässt das Publikum so an ihren Konflikten teilhaben. Wie schon in den ersten Episoden ist sie damit auch hier wieder die facettenreichste und damit spannendste Figur.
Weniger Serie, mehr Film

War Staffel eins der Serie noch stark damit beschäftigt, die Charaktere einzuführen und erste Blicke auf die Welt zu schaffen, in der die Saga spielt, so ist in The Witcher Staffel 2 keine Erklärung mehr notwendig. Dementsprechend mehr Zug weisen die neuen Folgen auf, keine Szene wirkt mehr überflüssig, alles läuft früher oder später auf einen bestimmten Zweck zu, bevor die Staffel dann mit einem Knall endet. Den episodischen Charakter legt die Serie immer stärker ab, wirkt gerade in der zweiten Hälfte der Staffel eher wie ein langer Film. Dazu bleibt sich eine Mischung aus verschiedenen Fantasy-Stilen, die sich aber sehr gut zu etwas Neuem ergänzen. Achtung! Die letzte Folge präsentiert als Post-Credit-Szene erste Bilder aus der kommenden Serie „The Witcher: Blood Origin“. Und: Staffel 3 ist bereits bestellt!
Fazit:
The Witcher Staffel 2 ist der ersten in fast jeder Hinsicht überlegen. Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich gelingt es, trotz einiger Änderungen in der Handlung die Essenz des ersten Romans der fünfteilige Kern-Saga um Geralt eindrucksvoll auf den Bildschirm zu bringen. Die Handlung entwickelt sich schneller und ist deutlich spannender, da nun die wichtigsten Figuren bereits bekannt sind. Auch in Sachen Tricks und Ausstattung ist Staffel 2 deutlich stärker als der Vorgänger. Zudem tritt ein Stärke der Vorlage immer stärker hervor: das Fehlen von Gut und Böse. Die Grauzonen, die Sapkowski schon in den Büchern seinen Charakteren zugestand, sind auch essentieller Bestandteil der Serie geworden. Und das ist auch genau richtig so.
The Witcher Staffel 2 startet am 17. Dezember 2021 bei Netflix.
