The Rookie

Serienkritik: The Rookie

Nach dem Ende seiner Hit-Serie „Castle“ ließ es Nathan Fillion ein Jahr lang etwas lockerer angehen und wirkte in kürzeren Projekten wie „Santa Clarita Diet“ oder bei reinen Sprachaufnahmen wie für einige DC-Superhelden-Animationen mit. Doch 2018 sollte nach „Firefly“ und Castle der Startschuss für eine weitere ikonische Rolle fallen. Fillion übernahm den Part von John Nolan, der sich mit über 40 Jahren noch entschließt, ein Cop zu werden und als „The Rookie“ auf einer Polizeiwache in L.A. anfängt. Hat das Castle-Format?

Die Zeichen standen auf Erfolg, denn Nathan Fillion arbeitet auch hier mit Alex Hawley zusammen, der bereits als Showrunner für Castle tätig war. Dass die beiden ein gutes Team sind, haben sie also schon bewiesen. Und auch die Quote passt bisher. Nachdem die Serie mit knapp zehn Millionen US-Zuschauern startete, konnten die 20 Folgen der ersten Staffel das Niveau gut halten und verloren nur etwa eine Million bis zum Finale. Daher bestellte ABC im Mai eine zweite Staffel. Sollten Castle-Fans hier also einschalten?

The Rookie
Acht Schauspieler, ein Star: Nathan Fillion ist als John Nolan Dreh- und Angelpunkt der Serie.

The Rookie: Die Handlung

John Nolan (Nathan Fillion) steht vor den Trümmern seiner Existenz. Die Ehe ist frisch geschieden, die Bau-Firma insolvent. Als er dann auch noch in einen Banküberfall gerät, scheint sein letztes Stündchen geschlagen zu haben. Um eine Frau zu retten, spielt Nolan den Helden und lenkt die Aufmerksamkeit und Aggression des Räubers auf sich. Er überlebt mit Glück und nimmt sich vor, sein Leben noch einmal deutlich zu verändern. Und so entschließt er sich, nach Los Angeles zu ziehen und dort die Ausbildung zum Polizisten zu beginnen.

Gleich sein erster Tag als Rookie (englischer Sport-Jargon für Neuling, Anfänger) hat es aber in sich. Zuerst gerät Nolan mit seinem diensthabenden Vorgesetzten Grey (Richard T. Jones) aneinander, der Nolan für einen bedauerlichen Midlife-Crisis-Witz hält und befürchtet, dass Nolan ein schlechtes Licht auf die Polizei wirft. Und dann bekommt er mit Talia Bishop (Afton Williamson) auch noch eine knallharte Partnerin. Seinen jungen Anfänger-Kollegen West (Titus Makin) und Chen (Melissa O’Neil) geht aber auch nicht viel besser …

The Rookie: Fillion-Show ohne Gegenpart

Obwohl Nathan Fillion gar nicht so viel mehr Screentime hat als die anderen Darsteller, gibt es doch keinen Moment einen Zweifel daran, wer in dieser Serie der Star ist. Denn die stärksten Szenen der Folge bekommt stets Fillion, wenn auch mit wechselnden Partnern. Und das markiert auch gleich einen der größten Unterschiede zu Castle. Dort hatte Fillion mit Stana Katic eine Partnerin, mit der es nicht nur sofort prickelte, sondern die ihm an Wichtigkeit in der Serie fast gleichgestellt war. Dieser Charakter ist in The Rookie bislang nicht zu sehen.

Und so erinnern die ersten Folgen der neuen Serie auch eher an die FOX-Serie „911“, wenn auch auf den Cop-Bereich beschränkt. Kleine Häppchen von Fällen, meist mehrere in einer einzelnen Folge, dazu ein paar kleine bis mittlere persönlichen Probleme von einer der Hauptpersonen. Das haben Serienfans alles schon etliche Male gesehen – und das auch schon besser. Denn Nathan Fillions wahre Stärke – seine komödiantischen Fähigkeiten – nutzt The Rookie nur sporadisch. Und die Konzentration auf seine Figur lässt die anderen Charaktere blass wirken.

The Rookie
Sergeant Grey ist kein Fan von John Nolan, weil er ihn für ein Sicherheitsrisiko hält.

The Rookie: Charmant mit Aussicht auf Spannung

Natürlich trägt Fillions Charme zumindest für Fans des Schauspielers auch diese Serie, aber nach den beiden ersten Folgen, die vorab zur Verfügung standen, fehlen einfach noch die Besonderheiten, die The Rookie von anderen „Fall der Woche“-Shows abheben. Die Mischung aus zum Teil extrem schrägen Momenten wie eine Selbstmörderin im Brautkleid und emotional härteren Szenen wie Nolans erstem Toten ist nicht schlecht – aber eben auch nicht mehr neu. Konkurrent 911 macht das alles eine Spur origineller, weil sie die Show breiter aufgestellt hat.

Zumindest bietet The Rookie aber durchweg sympathische oder potenziell interessante Nebencharaktere und legt in den ersten Episoden auch schon Grundsteine für Nebenhandlungen, die sich länger durch die Serie ziehen könnten. So hat einer der älteren Cops offenbar eine drogensüchtige Frau. Und die offene Ablehnung Nolans durch Grey hat ebenfalls das Zeug zu einer dramatischen Eskalation. Ein wenig mehr Gas hätte man sich inhaltlich aber schon gewünscht, zumal The Rookie technisch da schon vom Start weg überzeugt.

Ob Bilder der Body-Cams in vollem Sprint oder Aufnahmen von Überwachungskameras: Die Serie bemüht sich um einen modernen, frischen Look und zeigt hier den Drive, der den Autoren bislang noch ein wenig abgeht. Ein neues Castle dürfte The Rookie aber definitiv nicht werden. Das scheinen Fillion und Hawley, die beide auch als Executive Producer fungieren, auch nicht im Sinn gehabt zu haben. So löblich es ist, dass sich der Schauspieler offenkundig nicht wiederholen will, manche Fans werden deshalb von The Rookie vielleicht ein wenig enttäuscht sein.

Fazit:

The Rookie ist eine solide Serie über einen sympathischen Kerl, der mitten im Leben noch einmal eine neue Richtung für sich sucht. Und den Nathan Fillion gewohnt gut verkörpert. Aber der Serie merkt man ihre Network-Herkunft deutlich an. Die 42-Minuten langen Episoden funktionieren nach einer schlichten Dramaturgie, die Serie selbst schielt unverkennbar auf das (bislang) noch etwas stärkere 911 der Konkurrenz. Castle-Fans, denen der typische Fillion-Charme auch ohne starke Partnerin reicht, dürften aber zufrieden sein.

The Rookie startet am 4. Juni 2019 mit Doppelfolgen auf FOX.

Gesehen: Zwei von 20 Folgen

The Rookie
Schon in der allerersten Schicht begegnet Nolan ein paar absonderlichen Gestalten.