The Defenders

Serienkritik: Marvel’s The Defenders

Nachdem Netflix seine vier Marvelhelden alle in eigenen Serien dem Publikum vorgestellt hat, kommt nun mit „Marvel’s The Defenders“ endlich die lange angekündigte Serie, in der das Quartett ein Team bildet, um einen übermächtigen Gegner zu besiegen. Und das ist natürlich „Die Hand“. Wie gut ist die neue Marvel-Serie?

Wie Marvel selbst plante auch Netflix den Auftritt der Superhelden in seinem Programm sehr sorgfältig – und lange im Voraus. Denn schon vor dem Erscheinen der ersten Staffel von „Daredevil“ kündigte der Streaming-Anbieter nicht nur drei weitere Helden an – Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist – sondern auch ein Team-Up aller vier Helden – als The Defenders. Nach mehr als zwei Jahren Wartezeit ist es nun endlich soweit.  

The Defenders
Die tote Elektra spielt in The Defenders eine wichtige Rolle.

Marvel’s The Defenders: Die Handlung

Es geht gleich actionreich los: Danny Rand (Finn Jones) alias Iron Fist und seine Freundin Colleen Wing (Jessica Henwick) kämpfen in der Kanalisation Hongkongs gegen eine geheimnisvolle Unbekannte. Die exzellente Kämpferin kann entkommen, die Information, wegen der Danny dort ist, bekommt er dennoch. Denn noch immer kämpft er gegen die Geheimorganisation Die Hand, die er als Erzfeind betrachtet. Doch diesmal ist er nicht allein. Auch Matt Murdock (Charlie Cox) alias Daredevil, der bereits mit der Hand zu tun hatte, gerät durch einen Fall als Anwalt wieder in Kontakt mit den gefährlichen Ninjas. Noch immer hat er den Tod Elektras nicht überwunden und hat deshalb sein Kostüm an den Nagel gehängt.

Und auch Luke Cage (Mike Colter) und Jessica Jones (Krysten Ritter) bearbeiten Fälle, die sie direkt zu der uralten Organisation führen. Offenbar plant Die Hand, deren Anführerin Alexandra (Sigourney Weaver) die Zügel fest in der Hand hält, einen großen Coup in New York – aber was genau? Sehr bald kreuzen sich die Wege der vier Superhelden. Doch wer nun denkt, man freut sich über die Unterstützung, sieht sich schief gewickelt: Zu Beginn ist sich das Quartett gar nicht grün. Und so hat die „Night Nurse“ Claire (Rosario Dawson), die einzige Person, die alle vier kennt, alle Hände voll zu tun. Sie muss die Helden überzeugen, dass sie auf der gleichen Seite stehen …

Rasante Action

Der Aspekt, der bereits den Beginn der Erfolgsgeschichte von Marvelhelden bei Netflix zementierte – unglaublich gut inszenierte Action – ist auch in The Defenders ein wichtiger Grund, sich die Serie anzusehen. Vor allem Daredevil konnte in der ersten Staffel (maßgeblich Folge 2) mit einem großartig choreographierten Kampf Daredevils gegen eine Bande Kindesentführer überzeugen. Und auch in Staffel zwei, wenn sich der blinde Held durch ein Treppenhaus nach unten prügelt, stockt dem Zuschauer förmlich der Atem.

Diese Qualität bringt auch The Defenders mit: Wenn sich erstmals alle vier Helden zusammentun, um sich aus einem Bürogebäude der Hand zu befreien (wie im Trailer oben angedeutet), dann ist das höchstes Actionniveau in technischer und optischer Hinsicht. Hier wird auch deutlich, warum sich Netflix gerade diese Helden für den TV-Auftritt aussucht. Im Gegensatz zu den „Avengers“, die für ihre epischen Schlachten einfach die große Leinwand brauchen, sind die schnellen Martial-Arts-Gefechte der Defenders für den kleineren Bildschirm wie geschaffen.

Echte Fortsetzung

Dass die Handlung nahtlos ans Ende der direkt davor spielenden ersten Staffel von Iron Fist anschließt, ist ein zusätzlich Plus. Sie verleiht den Defenders eine Dynamik, die die Serie über die ersten vier Folgen (mehr hat Netflix vorab nicht gezeigt) auch nicht mehr verliert. Die Kürze von nur acht Episoden (statt wie sonst immer 13) setzt die Autoren unter einen gewissen Zugzwang, der den Defenders gut tut. Zügig wird der aktuelle Status Quo der vier Helden abgehakt und dann geht es schon in die Vollen. Dabei hat die abgebrühte Jessica Jones erwartungsgemäß die besten One-Liner. Den Autoren gelingt es aber, allen vier Helden gleichermaßen Zeit und interessante Storylines zu geben. Dazu liefern sie ein „Best of“ der bisher eingeführten Charaktere und bringen knapp ein Dutzend bekannte Gesichter zusätzlich zu den Defenders zurück. Wer alle fünf vorherigen Staffeln gesehen hat, wird den Eindruck haben, auf einem Familientreffen zu sein.

The Defenders
Sigourney Weaver gibt in The Defenders einen famosen Bösewicht ab.

Comic-Plot

Die Kürze der Serie lässt wenig Raum für langsamen Spannungsaufbau oder subtile Veränderungen in der Story. Hier gibt es Comic-Action! Bereits die Geschichte von Elektra folgt einer der berühmtesten Comicstorys der 80er, mit der Autor Frank Miller die Figur der rot gekleideten Assassine schlagartig berühmt machte. Und auch die Fortsetzung der Story um Die Hand, mit der sich Daredevil und Iron Fist bereits auseinandersetzen mussten, passt perfekt. So fühlt sich The Defenders etwa so an, als bekomme man nach einem mehrteiligen Comicabenteuer endlich den Abschlussband in die Finger. Nachteil: Wer Daredevils zweite Staffel wegen der Fantasy-Elemente und Ninja-Action nicht so recht mochte, wird auch mit The Defenders wohl nicht glücklich. Und mit der Comic-Besetzung haben die Netflix-Defenders auch nichts zu tun. Kein einziger Held der Heftchen ist in der Serie vertreten.

Auch Finn Jones hat leider noch immer nicht besser kämpfen gelernt. Als Martial-Arts-Genie geht er auch hier wieder nicht durch, da läuft ihm Charlie Cox deutlich den Rang ab. Spaß macht hingegen die fragile Dynamik, die zwischen den Helden herrscht. Und so ständig den Spannungsbogen hochhält, ob aus diesem Quartett tatsächlich ein echtes Team wird. Ebenfalls gelungen: Alle Figuren behalten trotz der kurzen Serienlänge ihre Besonderheit. Matt Murdock hat als Anwalt zu tun, Jessica Jones behält ihren „Film Noir“-Touch. Luke Cage ist immer noch Harlems Hero und Iron Fist noch immer der geschworene Feind der Hand – und am tiefsten in der asiatischen Mythologie verwurzelt. So wird kein Fan der Einzelserien verprellt.

Fazit:

Mit den ersten Auftritten von Daredevil und Jessica Jones kann The Defenders nicht ganz mithalten, aber gleich danach reiht sich das Quartett qualitativ ein. Erneut bietet Netflix rasante und toll inszenierte Action. Und einen düsteren Plot, der dem eher erwachsenen Ansatz der Marvelserien hier Rechnung trägt. Durch die kurze Staffel von nur acht Folgen gibt es so gut wie keinen Leerlauf. Allerdings ist die Erzählweise dadurch auch etwas direkter und weniger elegant als in früheren Serien. Comicfans werden ein wenig mehr auf ihre Kosten kommen als Freunde düsterer Crime-Plots. Gut unterhalten werden aber beide.

Marvel’s The Defenders steht Netflix-Kunden ab dem 18. August zur Verfügung.

Und wie geht es weiter?

Die erste Staffel von „The Punisher“ wird für Oktober 2017 erwartet. 2018 werden Daredevil in seine dritte und Jessica in ihre zweite Staffel gehen. Zweite Staffeln für Luke Cage und Iron Fist sind bestellt, dürften aber wohl erst 2019 zu sehen sein. Ob es eine weitere Defenders-Staffel geben wird, steht noch nicht fest.

Neue Infos zu Daredevil Staffel 3 gibt es hier.

The Defenders
Damit sich Iron Fist und Luke Cage zumindest unterhalten, müssen ihnen Colleen und Claire gut zureden.