Ragnarok Staffel 2

Serienkritik: Ragnarok Staffel 2

Das Ende der Welt geht weiter! Denn das verbirgt sich hinter dem Serientitel – das Ende der Götter, die im jahrelangen Kampf mit ihren Erzfeinden, den Riesen, erst die Erde verwüsten und schließlich allesamt fallen. In „Ragnarok Staffel 2“ dringen die Autoren auch etwas tiefer in die Mythologie ein als noch in den ersten sechs Folgen. Kann die neue Staffel auch die Fehler der ersten Episoden loswerden und ihre Geschichte ein wenig zügiger erzählen? Das klärt die Kritik.

Magne und Iman
Magne braucht Hilfe im Kampf gegen die Riesen – und findet die verführerische Iman.

Die Handlung

Magne (David Stakston) kämpfte im Finale der ersten Staffel gegen Vidar (Gisli Orm Gardarsson), den Anführer der Riesen – und dem Sippenoberhaupt der Familie, die in der Kleinstadt Edda ihre Fabrik führt. Obwohl Magne inzwischen sogar Blitze schleudern kann, überleben beide den Kampf, doch Vidar fordert Magne zum nächsten Neumond zum Duell. Von der Zauberin Wenche, die ihm heimlich zur Seite steht, erfährt Magne, dass er gegen die Riesen keine Chance hat. Denn die haben noch Waffen aus der alten Zeit, die auch ihn töten können. Magne hingegen besitzt als Reinkarnation von Thor dessen wichtigste Waffe nicht – seinen Hammer Mjölnir. Aber Wenche prophezeit ihm auch, dass er im Kampf gegen die Riesen nicht allein stehen wird. Er soll nach anderen Menschen Ausschau halten, die ebenfalls Kräfte entwickeln.

Tatsächlich lernt Magne bald die Altenpflegerin Iman (Danu Sunth) kennen, die über ganz spezielle Fähigkeiten verfügt. Und auch ein alter Mann, der nicht nur auf den Namen Wotan hört, sondern auch nur noch ein Auge besitzt, verändert sich plötzlich und ist nun der Meinung, der Göttervater Odin zu sein, der Thor/Magne beim Kampf gegen die Riesen unterstützen will. Doch Magne muss bald feststellen, dass seine Handlungen einen hohen Preis fordern. Währenddessen erfährt Magnes Bruder Lauritz (Jonas Strand Gravli), dass es einen Grund für sein stetiges Gefühl gibt, nirgendwo so richtig dazuzugehören. Durch dieses Wissen löst er Geschehnisse aus, die auf die ganze Stadt Einfluss haben. Am meisten allerdings auf seine eigene Familie …

Schneller erzählt, eindeutiger positioniert

Bereits die erste Staffel, die Anfang 2020 bei Netflix erschien, konnte mit der frischen Idee punkten, die alte Saga vom Untergang des Göttergeschlechts der Asen in eine moderne Thriller-Handlung zu packen. Und diese Frische bewahrt sich auch Ragnarok Staffel 2. In den neuen Folgen bauen die Autoren die Mythologie sogar noch deutlich aus, Und holen außer Thor und Loki auch noch Freya, Odin, Tyr und andere mythologische Figuren in die Serie. Und weil Magne am Ende der ersten Staffel auch endlich akzeptiert hat, dass er die Kräfte Thors besitzt, fällt in den neuen Folgen diese mühsame und manchmal schlicht zu langatmig erzählte Selbstfindung weg. Dafür ist nun Bruder Lauritz derjenige, der sich über sein gesamtes Leben nicht mehr im Klaren ist.

Das Team um Serienschöpfer Adam Price verdichtet in Ragnarok Staffel 2 die Handlung mehr. Dazu verlassen Figuren die Serie, deren Geschichte auserzählt war, um dem Hauptstory Platz zu machen und das Publikum zu überraschen. Und das gelingt recht gut, die zweite Staffel kann mit deutlich mehr Überraschungen aufwarten als die erste und ist weit weniger vorhersehbar. Obwohl sich die Handlung weiterhin auf wenige Charaktere fokussiert, passiert deutlich mehr. Und das wird auch in etwas flotterem Tempo erzählt. Allerdings geht das zu Lasten des Mystery-Aspekts. Denn die Frage, ob sich Magne das alles nur einbildet oder nicht, wird in Ragnarok Staffel 2 endgültig ad acta gelegt.

Ragnarok Staffel 2
Steckt im Körper dieses Mannes der Geist von Göttervater Odin?

Alte Story im neuen Gewand

Qualitativ gehalten hat sich relativ wenig überraschend auch das Niveau der Schauspieler. Die Hauptdarsteller sind allesamt mit genug Ernst bei der Sache, um der Story die notwendige Schwere und Ernsthaftigkeit zu geben, denn als lockere Komödie oder Persiflage hätte Ragnarok wohl kaum funktioniert. Vor allem die Konflikte innerhalb der beiden Familien, schon in Staffel eins ein Highlight, liefern auch in Ragnarok Staffel 2 wieder viele spannende Szenen. Zudem gelingt es den Autoren, um den Krieg zwischen Göttern und Riesen auch noch andere Aspekte unterzubringen. So spielt die Umweltverschmutzung, in Staffel eins mit einem großen Opfer aufgedeckt, in den neuen Folgen eine entsprechend große Rolle.

Dazu fängt die Kamera immer wieder die Schönheit der norwegischen Natur ein, dort, wo sie noch unberührt ist und setzt diese Anmut immer wieder in Relation zur rauchenden und Gift verbreitenden Fabrik der Familie Jutul. So bekommt das Szenario vom Ende der Welt trotz des Fantasy-Backgrounds immer wieder eine erschreckende Aktualität. Die moderne Version des Ragnarok ist eben die Zerstörung von Umwelt und Klima. Trotz dieser frischen Ansätze bleibt die Serie dabei der tatsächlichen Mythologie und der Beschreibung der Götter und Riesen deutlich treuer, als das beispielsweise im Marvel Cinematic Universe der fall ist, wo Ragnarök zum Stoff einer launigen Komödie wurde.

Ragnarok Staffel 2
Magnes Bruder Lauritz macht eine seltsame Entwicklung durch. Typisch Loki?

Zu Ende erzählt ist die Geschichte mit Ragnarok Staffel 2 allerdings noch nicht. Mindestens eine Staffel braucht die Story noch, auch wenn der Cliffhanger dieses Mal nicht ganz so derb ausfällt wie noch im Vorgänger. Bleibt zu hoffen, dass Netflix dieser wirklich guten Produktion aus Norwegen grünes Licht für eine weitere Staffel gibt.

Fazit:

Schwächen ausgemerzt, Stärken behalten: In Ragnarok Staffel 2 ist die Idee, das mythologische Ende der nordischen Götterwelt in die Moderne zu übertragen, noch immer frisch. Dank wegfallender Einführung der Figuren und insgesamt mehr Handlung sind die sechs neuen Folgen aber etwas temporeicher als die erste Staffel. Gespielt ist das erneut sehr gut. David Stakston überzeugt wieder als starker, aber leicht tumber Thor. Und die Familie Jutul ist so machthungrig und gefühlskalt wie zuvor. Heimlicher Star der zweiten Staffel ist aber Jonas Strand Gravli, der die spannendste Figur der nordischen Mythologie mit vielen Facetten spielt. Wer die erste Staffel mochte, schaltet ohnehin ein, wer noch kein Fan ist, sollte mal einen Blick riskieren. Originelle Fantasy-Thriller-Story – ohne Witz, aber mit Pfiff.

Ragnarok Staffel 2 startet am 27. Mai 2021 bei Netflix.

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