Split

Filmkritik: Split

Es gab eine Zeit, da wurde M. Night Shyamalan als neues Thriller-Wunderkind gefeiert: Nach seinem fulminanten Durchbruch „The Sixth Sense“ 1999 und dem ebenfalls ansehnlichen „Unbreakable“ schien ein heller Stern in der Tradition von Alfred Hitchcock und Brian De Palma aufzugehen. Doch dann folgten viele Jahre voller Flops und mieser Filme. Bis jetzt: Mit „Split“ meldet sich der einstige Regiestar wieder zurück – zumindest ein bisschen.

Psychopathen im Kino haben immer eine ganz besondere Faszination, es gibt einige herausragende Thriller, die sich mit echter oder vermeintlicher Geisteskrankheit beschäftigen. Shyamalan fügt dieser Reihe nun einen weiteren hinzu und liefert mit Split endlich wieder einen guten Film ab.

Split: Die Handlung

Die Einzelgängerin Casey (Anya Taylor-Joy „The Witch“) wird zu einer Geburtstagsparty eingeladen, obwohl die Außenseiterin eigentlich mit keinem Mädchen in ihrer Klasse befreundet ist. Als der Vater der Gastgeberin darauf besteht, Casey mit nach Hause zu bringen, nimmt das Unheil für die junge Frau seinen Lauf: Ein offenbar geistig verwirrter Mann (James McAvoy) setzt den Vater außer Gefecht, entführt das Auto mit den drei Mädchen darin und betäubt sie. Als sie wieder zu sich kommen, finden sie sich in einem fensterlosen Raum wieder, der Mann stellt sich als Dennis vor und erklärt ihnen die Regeln. Doch schon bald stellt Casey fest, dass Dennis keineswegs nur Dennis ist, nach und nach lernen die Mädchen weitere Persönlichkeiten des Mannes kennen, von denen eine weiblich und eine ein kleiner Junge ist.

Währenddessen bekommt Dr. Karen Fletcher (Betty Buckley), eine bekannte Psychologin, immer wieder Emails von ihrem kompliziertesten Patienten Kevin: In dem jungen Mann haben sich 23 verschiedene Persönlichkeiten entwickelt – und eine schreit um Hilfe. Doch bei den Besuchen von Kevin kann Dr. Fletcher nicht herausfinden, was tatsächlich los ist. Die Mädchen erfahren, dass alle Persönlichkeiten Kevins, der als Kevin nie in Erscheinung tritt, auf eine weitere warten: „Das Biest“. Ihm sollen die drei geopfert werden, und Dennis, Patricia und die anderen haben Angst vor dem, was da kommt. Und das sollten Casey und ihre Mitgefangenen auch haben. Verzweifelt versucht das Trio, ihrem Gefängnis zu entkommen, bevor das Biest sich in Kevin manifestieren kann …

 

Souverän beklemmend

Split
Dr. Fletcher (Betty Buckley) traut ihren Augen nicht.

Obwohl die Besetzung mit Anya Taylor-Joy und Betty Buckley großartig spielt, steht und fällt der gesamte Filme doch mit James McAvoy und seiner Darstellung des zutiefst gespaltenen Kevin samt seiner Mitbewohner. Und das macht der Brite eindrucksvoll: Nach einer Weile erkennt man bereits an der Art, wie er andere anblickt und den Kopf hält, welche der Persönlichkeiten Kevin gerade am Ruder ist. So lernt das Publikum langsam die verschiedenen Gestalten kennen und bekommt so einen immer verstörenderen Einblick in Kevins Psyche und die Auswirkungen, die das auf sein Umfeld hat.

Doch auch Casey hat ihre dunklen Seiten und Taylor-Joy spielt auch ihre seelischen Narben souverän und glaubhaft. Und so steigert sich das Psychoduell zwischen ihr und Kevin zu einem extrem spannenden Plot, den Shyamalan tatsächlich auch noch selbst geschrieben hat. Leider überkommt ihn im letzten Drittel des Films wieder seine Lust, übers Ziel hinauszuschießen und so packt er noch Wendungen in die Handlung, die der Film nicht gebraucht hätte, um nachhaltig zu fesseln. Daher wird er vermutlich einige Thrillerfans vor den Kopf stoßen, die in der ersten Stunde begeistert dabei waren.

Es ist allerdings lange nicht mehr so schlimm wie noch vor ein paar Jahren, Shyamalan bringt seinen Film insgesamt gut ins Ziel und inszeniert auf dem Weg dorthin ein paar Szenen, bei denen es auch nervenstarke Zuschauer mit der Angst kriegen. Vor allem die Unvorhersehbarkeit der Story von Split ist diesmal Shyamalans großes Plus, einige der intelligenten Twists sieht man schlicht nicht kommen. Dass der Mann nach Jahren der Irrungen auf dem richtigen Weg ist, zeigt auch die Kinokasse: In den USA konnte er am Startwochenende mehr als 40 Millionen Dollar einspielen und „XXX – Return of Xander Cage“ klar hinter sich lassen.

Fazit:

Starke Schauspieler, angeführt von einem furiosen James McAvoy, hauchen dem besten Shyamalan-Film seit The Sixth Sense gruseliges Leben ein. Die kluge Story mit einigen überraschenden Wendungen hält die Spannung durchgehend hoch, lediglich am Ende ist mit Shyamalan wieder ein wenig der Gaul durchgegangen. Dennoch: Fast perfektes, mitunter verstörendes Genre-Kino, dass sich Fans von „Das Schweigen der Lämmer“, „Psycho“ oder „Zwielicht“ nicht entgehen lassen sollten.

Split startet am 26. Januar in den deutschen Kinos.

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Casey (Anja Taylor-Joy) und ihre Mitgefangenen verstehen erst langsam, was für ein Monster sie da geschnappt hat.