Hostiles

Filmkritik: Hostiles – Feinde

Christian Bale gilt als einer der besten, aber auch schwierigsten Schauspieler seiner Generation. Er verliert für einen Film schonmal extrem viel Gewicht, um seine Rolle perfekt zu spielen. Oder rastet am Set komplett aus und beschimpft einen Mitarbeiter minutenlang. Aber er wurde für seine Arbeit nicht nur mit einem Oscar belohnt („The Fighter“), sondern hat auch zahllose Fans in aller Welt. Und das, obwohl er dem Blockbuster-Kino seit seiner „Batman“-Trilogie konsequent fernbleibt. In „Hostiles“ schwingt sich Bale für einen Western in den Sattel – wieder sehenswert?

Scott Cooper war bis 2009 selbst Schauspieler in Hollywood. Dann entschloss sich der heute 47-jährige, die Seiten zu wechseln und als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor zu arbeiten, oftmals in Personalunion bei seinen Filmen. Das gilt auch für Hostiles, den er produzierte und schrieb, und sich auch noch auf den Regiestuhl setzte. Lediglich die Kamera überließ er dem Japaner Masanobu Takayanagi, der auch die meisten seiner früheren Filme ins Bild setzte. Wie gut ist Coopers erster Western geworden?

Hostiles
Rosalie überlebt als einzige einen Indianerüberfall auf ihre Familie.

Hostiles: Die Handlung

Captain Joseph Blocker (Christian Bale) ist ein echter Veteran der US-Armee, hat jahrelang in den Indianerkriegen gegen die Ureinwohner gekämpft und sie durch den Verlust vieler Kameraden leidenschaftlich hassen gelernt. Daher lehnt er seinen letzten Auftrag vor der Pensionierung, die Eskortierung des todkranken Apachen-Häuptlings Yellow Hawk (Wes Studi) und dessen Familie in ihr ehemaliges Stammesgebiet in Montana, vehement ab. Erst auf massiven Druck seines Vorgesetzten nimmt er schließlich an und reitet mit ein paar Soldaten und den Indianern los.

Auf dem Weg treffen sie auf Rosalie Quaid (Rosamund Pike), deren gesamte Familie von Komantschen niedergemetzelt wurde. Blocker nimmt die verstörte Frau mit bis zum nächsten Fort. Und erlebt für ihn erstaunliche Dinge. Obwohl die Frau durch Indianer alles verloren hat, behandelt sie Yellow Hawk und dessen Gefolge mit Respekt und Güte, so wie es auch die Indianer mit ihr tun. Langsam beginnt bei Blocker ein Prozess des Umdenkens, der bei seinem langjährigen Kameraden und Freund Metz (Rory Cochrane) schon eine Weile früher einsetzte. gibt es Hoffnung für den vom Krieg zerfressenen Mann?

Hostiles: Große Themen, große Bilder

Scott Cooper wagt sich mit seinem vierten Film als Regisseur, Autor und Produzent an große Themen. Denn in Hostiles geht es nur auf den ersten Blick um den Hass zwischen Weißen und Indianern. Die Geschichte lässt sich sehr einfach auf den noch immer herrschenden Rassismus in den USA erweitern. Die Prinzipien, die Cooper bei seinem einsamen Helden Blocker aufzeigt, gelten heute noch genauso wie 1892. Wer lange genug gegen einen Feind kämpft, stellt eben keine Fragen nach dessen Motiv mehr, sondern schießt, wenn er kann.

Cooper trifft dazu die kluge Entscheidung, seine Geschichte als Western zu erzählen. Denn in diesem Umfeld schafft er eine ständige Bedrohung der kleinen Gruppe durch Indianer, Banditen und andere Gefahren. Und macht es so deutlich glaubwürdiger, dass die Figuren aufgrund dessen näher zusammenrücken, als sie ursprünglich wollten. Die Reise von New Mexico nach Montana sorgt zudem für grandiose Landschaftsbilder, die den Westen der USA ebenso wunderschön wie tödlich zeigen. Und manchen philosophischen Gedanken nachvollziehbar machen.

Hostiles
Feinde fürs Leben: Häuptling Yellow Hawk und Captain Joe Blocker.

Hostiles: Großes Schauspiel

Und doch wäre der Film nicht annähernd so gut, gäbe es nicht Christian Bale als Joe Blocker. Was der Schauspieler mit wenig Worten und vielen kurzen Blicken, Gesten und Bewegungen ausdrückt, ist großes Kino. Denn die Wandlung dieser zutiefst verrohten Figur zurück zu einem fühlenden Menschen hätte sehr leicht ins Auge gehen und in Kitsch oder unglaubwürdigen Momenten ersaufen können. Dank Bale geschieht nichts davon, stattdessen erlebt man Blockers Rückkehr zu einem fühlenden Wesen hautnah und ergreifend mit.

Aber auch die anderen Schauspieler sind sehenswert, allen voran Rosamund Pike, die als Witwe kurz vor dem Abdriften in den Wahnsinn um ihre Menschlichkeit kämpft – und Blockers Herz dabei ein wenig auftaut. Wes Studi hat als sterbender Häuptling nur wenig zu tun, da Cooper Blocker als Blickwinkel der Erzählung gewählt hat. Aber auch er schafft Momente, die aufgrund ihrer schlichten Würde beim Publikum Emotionen hervorrufen. Und schließlich ist auch Ben Foster in einer kleinen, aber wichtigen Rolle als Blockers dunkles Abbild hervorragend.

Und so bewältigt Cooper seine hohen Ziele, einen Film über große Themen unserer Zeit zu machen, mit Bravour. Was er seinem Kameramann und seinen großartigen Schauspielern verdankt. Aber auch seinem tollen Drehbuch und der ruhigen Regie, die mit genau dem richtigen Abstand dafür sorgt, dass die Geschichte nicht kalt lässt. Nicht zuletzt deshalb, weil Cooper seine Zuschauer bei aller Gewalt auch mit der leisen Hoffnung entlässt, dass eines Tages etwas besser werden könnte.

Fazit:

Für solche Filme gibt es Kino! Scott Coopers als Western verkleidetes Rassismus-Drama Hostiles hat alles, was ein großer Film braucht. Story, Regie, Kamera, Schauspieler, Kulissen – hier stimmt alles und greift perfekt ineinander, um das Publikum nach gut zwei Stunden ebenso niedergeschlagen wie hoffnungsvoll wieder in den Alltag zu entlassen. Im gar nicht mehr so jungen Kinojahr 2018 ein echtes Highlight!

Hostiles – Feinde läuft ab dem 31. Mai 2018 in den deutschen Kinos.

Hostiles
Die Natur des Westens spielt im Film eine große Rolle.