Glass

Filmkritik: Glass

Nachdem Regisseur M. Night Shyamalan mit „Split“ Anfang 2017 nach längerer Durststrecke wieder einen Hit im Kino verbuchen konnte, kündigte er schnell an, mit einem weiteren Film die Trilogie, die er nach eigener Aussage mit „Unbreakable“2000 begonnen hatte, zu einem Abschluss zu bringen. Der letzte Teil, der nun in die Kinos kommt, heißt „Glass“ und vereint die Figuren der Filme in einer Handlung. Kann der Film die Erwartungen der Fans erfüllen?

„Rauf und runter wie das Assyrische Imperium“, um mit einem Monty Python-Zitat zu beginnen, ging die Karriere des amerikanischen Regisseurs M. Night Shyamalan. Nachdem er mit „The Sixth Sense“ einen großen Erfolg feiern konnte und danach mit Unbreakable ebenfalls überzeugte, begann der Sinkflug seiner Karriere, die mit „The Lady in the Water“ und „The Last Airbender“ ihren Tiefpunkt erreichte. Mit „The Visit“ gab er dann wieder qualitativ ein erstes Lebenszeichen ab, bevor Split ein echtes Comeback wurde. Kann er dort anknüpfen?

Glass
Als Kapuzenmann hilft David Dunn den Menschen mit seinen Fähigkeiten.

Glass: Die Handlung

David Dunn (Bruce Willis), der über größere Kraft verfügt als ein normaler Mensch und unzerstörbar ist, kämpft auch 19 Jahre nach der Entdeckung seiner Kräfte noch immer heimlich für das Gute. So verfolgt und bestraft er Schläger und bringt so Ordnung in die Stadt. Als Kevin Wendell Crumb (James McAvoy) nach seiner Flucht in Split erneut anfängt, Mädchen zu entführen, setzt sich Dunn schnell auf die Spur des Mannes mit den multiplen Persönlichkeiten, um die jungen Frauen zu retten. Mithilfe seines Sohnes Joseph (Spencer Treat Clark) sucht er nach Hinweisen.

Als Dunn schließlich den Aufenthaltsort des Entführers und seiner Opfer findet, muss er sich mit Kevins unheimlichster Persönlichkeit, der Bestie, auseinandersetzen. Die ist, ähnlich wie er, mit besonderen Gaben ausgestattet und verfügt über ungeheure Kraft. Doch bevor die beiden diesen Kampf bis ans Ende austragen können, schaltet sich die Psychologin Ellie Staple (Sarah Paulson) ein. In deren Anstalt lebt auch die Nemesis von David, der unter der Glasknochenkrankheit leidende Elijah Price, der sich selbst Mr. Glass nennt. Und finstere Pläne schmiedet …

Glass: Shyamalans Trauma

Shyamalans Filme lebten fast alle davon, dass der Regisseur und Drehbuchautor Twists einbaute, die das Publikum nicht kommen sah. Und die oft im Nachhinein einen Film derart stark veränderten, dass der Zuschauer Teile der vermeintlich bekannten Handlung neu einordnen musste. Am besten gelang ihm das bei The Sixth Sense, der bis heute für seinen Twist gelobt wird. Doch der Segen dieser Idee schien sich für Shyamalan irgendwann in einen Fluch zu verwandeln. Denn von nun an musste er in jedem Film so einen Moment erschaffen.

Und das gelang dem mittlerweile 48-jährigen leider nicht immer gleich gut. Manche Projekte schienen so zwanghaft auf diesen einen Moment der Erkenntnis geschrieben, dass der eigentlichen Handlung kaum Luft zum Atmen blieb. In Unbreakable gelang ihm der Aha-Moment, dass die Hauptfiguren Superheld und Superschurke sind, noch ganz gut. Auch der Twist in Split, dass die lange angekündigte Bestie kein Hirngespinst, sondern Realität ist, funktionierte ganz ordentlich. Das lässt sich von den Twists in Glass aber nicht sagen.

Glass
In der Anstalt von Dr. Staple begegnet David nicht nur seinem alten Feind Pierce, sondern auch seinem neuen – Wendell alias die Bestie.

Glass: Alles zu gewollt

Die Last von zwei Vorgängerfilmen scheint Shaymalan hier fast zu erdrücken. Denn nach einem vielversprechenden Start in den ersten 20 Minuten versandet der Film zusehends in Langeweile. Und verheddert sich auch zunehmend in Widersprüchen, die bei einem Film, bei dem das Publikum auf jedes Detail achtet, naturgemäß besonders auffallen. Zwar ist Glass auf der formalen Ebene durchaus ein Genuss durch seine gute Kameraarbeit und die interessante Farbgebung. Aber inhaltlich überzeugt der Film zu keiner Zeit richtig.

Denn mit der Herausforderung, seine drei Hauptcharaktere unter ein Dach zu bringen und darüber hinaus noch eine neue Geschichte mit ihnen zu erzählen, hat sich Shyamalan schlicht verhoben. Die mittlere Stunde von Glass vergeht quälend langsam und die finalen Auflösungen des ganzen Plots sind nicht nur unglaubwürdig, sondern verlieren auch ihre innere Logik. Und machen damit Glass zum mit Abstand schwächsten Teil der Superhelden-Trilogie. Das kann auch ein erneut grandios aufspielender James McAvoy nicht ändern.

Der darf zwar noch mehr Persönlichkeiten Wendells spielen als noch in Split, aber seine Figur allein kann den Spannungsbogen der Story nicht hochhalten. Und da der Zuschauer von Dunn und Price auch nichts Neues erfährt und nichts Neues sieht, erzeugt der ganze Plot von Glass kaum emotionale Resonanz. Shyamalan hatte im Vorfeld bereits angekündigt, nach Glass das Universum seiner Helden verlassen zu wollen und keine weiteren Storys von dort zu erzählen. Das ist angesichts der Qualität des Films eine gute Entscheidung. 

Fazit:

Mit Glass setzt M. Night Shyamalan seine ambitionierte Superhelden-Trilogie in den Sand. Die Handlung wird nicht nur quälend langsam erzählt, sie strotzt auch vor logischen Fehlern und Widersprüchen. Und das macht aus der ehemals so coolen Idee der Superhelden in unserer Welt eine wirre Geschichte, die an ihrem eigenen Anspruch, unvorhersehbar und originell zu sein, langsam erstickt. Glass mag für beinharte Fans des Regisseurs Spaß bringen, ein guter Film ist es leider nicht.

Glass startet am 17. Januar 2019 in den deutschen Kinos.

Glass
Und die beiden Schurken planen bald neue Schandtaten, die David in seiner momentanen Situation kaum verhindern kann.