https://lauterfilme.de/serienkritik-absentia/

Filmkritik: Brittany runs a Marathon

Den Kampf gegen den inneren Schweinehund kennt wohl jeder, der schon einmal mit nicht unbedingt angenehmen, aber meist nötigen Aktivitäten begonnen hat. Im neuen Amazon-Film „Brittany runs a Marathon“ begleitet der Zuschauer die titelgebende junge Frau auf ihrem Weg vom übergewichtigen Fastfood-Junkie zur Langstreckenläuferin. Ist das lustiger, als es klingt? Das verrät die Kritik.

Regisseur und Drehbuch-Autor Paul Downs Colaizzo hat die Story zwar aufgeschrieben, sie seine Handlung aber nicht komplett ausgedacht. Vielmehr beruht Brittany runs a Marathon auf einer wahren Geschichte – der von Colaizzos Mitbewohnerin. Sie inspirierte ihn zur Filmidee, die er mit Hilfe der Amazon Studios umsetzen konnte. Nach einem Kinostart vor wenigen Wochen, der in Deutschland aber weitgehend unbemerkt blieb, ist der Film nun auf Amazon Prime zu sehen. Lohnt sich das Einschalten?

Brittany Runs a Marathon
Zu dick, schlecht ernährt und nicht gesund: Das ist Brittany zu Beginn ihrer Reise.

Brittany runs a Marathon: Die Handlung

Die junge Brittany (Jillian Bell) hat in ihrem Leben noch nicht allzu viel erreicht. Sie jobbt in einem Theater als Kassiererin, stopft Unmengen Fast Food in sich hinein und nimmt deutlich zu häufig Amphitamine, um auf die Beine zu kommen. Als sie für ein neues Rezept einen Arzt aufsucht, besteht der auf einer eingehenden Untersuchung – und konfrontiert Brittany mit derart schlechten Voraussagen zu ihrem weiteren Leben, dass sie beschließt sich zu ändern. Doch so pleite wie sie ist, kommt selbst ein günstiger Fitness-Club nicht infrage.

Also beginnt Brittany zu laufen, denn das kostet nichts und lässt sich fast immer und überall machen. Die ersten Versuche sind nicht wirklich ermunternd. Aber bald stellen sich Fortschritte ein. Dazu lernt sie mit Catherine (Michaela Watkins) und Seth (Micah Stock) neue Freunde kennen, die ebenfalls laufen. Und so wird aus Brittany schnell ein echter Langlauf-Junkie, der jede freie Minute durch die Nachbarschaft rennt – und in einem neuen Job sogar den netten Jern (Utkarsh Ambutkar) kennenlernt. Doch dann zeigt ihr Körper ihr Grenzen auf …

Brittany runs a Marathon: One-Woman-Show

Geschichten von inneren Reisen und daraus resultierende entscheidende Änderungen des eigenen Lebens – das sind beliebte Filmstoffe. Und Colaizzo hat den einschlägig bekannten Zutaten dieser Art Film nichts Neues hinzuzufügen. Selbstzweifel, Übertreibungen, übersensible Reaktionen und viele andere Emotionen, die auch hundert andere Filme mit ähnlichem Thema beinhaltet haben, finden sich auch hier. Dass Brittany runs a Marathon dennoch sehenswert ist, liegt zum großen Teil an Hauptdarstellerin Jillian Bell.

Denn die vielseitige Künstlerin, die neben vielen Jobs als Sprecherin auch Comedy macht und eigene Drehbücher schreibt, verlieht der eigentlich eher nervtötenden Brittany so viel liebenswerte Ecken und Kanten, dass der Zuschauer unbedingt wissen möchte, wie es mit der vollschlanken Blondine mit der mitunter fiesen Klappe nun weitergeht. Und auch wenn Colaizzo dem Publikum insgesamt zu viele Klischees zumutet, so bleibt er in der Handlung der Story wohltuend realistisch. Und erzählt dem Zuschauer keine Wunderdinge.

Brittany Runs a Marathon
Als Brittanys Arzt ihr die Leviten liest, wird ihr klar, dass sie etwas ändern muss.

Brittany runs a Marathon: Emotional verbindlich

So kann sich Bell mit ihrem Charakter in einem Bereich bewegen, den das Publikum ihr auch glauben kann. Und sich mit Brittany ebenso über kleine Erfolge freut, wie es bei Rückschlägen schon beim Zusehen schmerzt. Diese emotionale Verbindung gelingt Bell spielerisch leicht. Und deshalb macht es durchgehend Spaß, ihre Verwandlung zu einem besseren Menschen durch den Sport mitanzusehen. Deshalb treten allerdings alle anderen Figuren der Geschichte sehr in den Hintergrund und bekommen kaum die Chance zu glänzen.

  Zu sehr konzentriert sich Colaizzo in seinem Script auf seine Heldin. Der er dafür als Ausgleich allerdings ein paar bemerkenswerte Szenen auf den Leib schreibt. Bell dabei zuzusehen, wie sie redet und gleichzeitig merkt, dass sie die Dinge, die sie gerade gesagt hat, besser nicht ausgesprochen hätte, gehört zu den stärksten Momenten des Films. Genau wie die schräg-originelle Love-Story, die Colaizzo seiner Brittany gönnt – und die wesentlich witziger ist als in vielen Komödien, die dieses Thema ins Zentrum des Films stellt.

Abzüge bekommt Brittany runs a Marathon vor allem in der Regiearbeit Colaizzos. Denn hier gibt es kaum einen Moment, der dem Zuschauer wirklich verrät, warum man sich diesen Film im Kino ansehen sollte. Weder in Brittanys kompliziertem emotionalen Status noch in den vielen Trainingseinheiten auf New Yorks Straßen findet der Regisseur Bilder oder Blickwinkel, die den Film von einer typischen fürs TV gedrehten Arbeit unterscheiden. Daher ist es passend, dass Amazon Prime den Film nun ins Programm genommen hat.

Fazit:

Die gut geschriebene Charakterstudie Brittany runs a Marathon begeistert neben guten Dialogen vor allem durch die äußerst launige Hauptdarstellerin Jillian Bell, die den Zuschauer auf ihr selbst auferlegtes Martyrium mitnimmt und ihn nicht wieder loslässt. Bei der Handlung bleibt der Film zwar angenehm realistisch und macht aus Brittany keine Wunderläuferin, dafür reißt er in Sachen Dramatik aber auch keine Bäume aus. Wohlfühl-Kino mit bitteren Spitzen für einen netten Fernsehabend bietet der film aber allemal.

Brittany runs a Marathon läuft ab dem 15. November 2019 bei Amazon Prime.

Zu einer der besten Serien auf Amazon geht es hier.

Brittany Runs a Marathon
Brittany läuft einen Marathon: Was alles passiert, bis sie dort ankommt, ist durchaus sehenswert.