Wer bin ich? Wohin will ich? Und wie komme ich da hin? Selbstfindungstrips sind in Deutschland durchaus eine beliebte Komödien-Variante. In der neuesten Version, die auf den seltsamen Namen „Vielmachglas“ hört, macht sich „Fack ju Göhte„-Star Jella Haase auf den Weg zu sich selbst. Sollte man sie dabei begleiten?
In seinem ersten abendfüllenden Spielfilm kann Regisseur Florian Ross nicht nur auf etliche deutsche Stars zurückgreifen, sondern auch einen Haufen skurrile Situationen schaffen, aus denen Marleens Reise besteht. Reicht das für einen guten Film?
Vielmachglas: Die Handlung
Sie sind wie Feuer und Wasser und doch innigst verbunden. Während der große Bruder Erik (Matthias Schweighöfer) seit Jahren in der Weltgeschichte herumreist und auf seinen Kurzbesuchen daheim die abenteuerlichsten Geschichten zum besten geben kann, sitzt die kleine Schwester Marleen (Jella Haase) noch immer zuhause und kann sich nicht einmal für ein Studium entscheiden. Das muss sich ändern, findet Eric und schenkt Marleen ein Vielmachglas. Denn Marleen soll hier nicht nur ein, sondern gleich viele Abenteuer konservieren. Erlebt sie eines, soll sie das aufschreiben und den Zettel ins Glas legen.
Als das Schicksal unbarmherzig zuschlägt, wird Marleen endlich aufgerüttelt und sie beschließt, es ihrem Bruder gleichzutun. Ohne lange Planung verlässt sie das Haus, um nach Hamburg zu reisen. Wo schon ein Schiff in die Antarktis auf sie wartet – ein Riesenabenteuer! Doch wie kommt man mit nur acht Euro in der Tasche dorthin? So wird bereits die Reise in den Norden für Marleen eine Herausforderung, bei der sie nicht nur interessante Leute wie Ben (Marc Benjamin) kennen lernt, sondern auch jede Menge unglaubliche Situationen erlebt …
Vielmachglas: Wenig Risiko
Auf der Suche, das ist in Deutschland ein beliebtes Thema für Komödien. Regisseur Florian Ross verfilmt in seiner Variante ein Drehbuch von Finn Christoph Stroeks („Der Nanny“) und versammelt dafür eine ordentliche Menge an bekannten Gesichtern für Nebenrollen und witzige Kurzauftritte. So sind Uwe Ochsenknecht und Juliane Köhler als Marleens Eltern zu sehen. Katy Karrenbauer gibt eine Rockerbraut und Ilka Bessin („Cindy aus Marzahn“) eine resolute Busfahrerin. Diese kurzen, unerwarteten Momente sind aber leider auch schon das Highlight des Films.
Denn Vielmachglas erinnert meist an einen extrem defensiv kämpfenden Boxer, der in aller Regel die Deckung oben hält und nur ganz selten einmal einen überraschenden Angriff startet. Ross und Stroeks riskieren einfach sehr wenig und bleiben die meiste Zeit in sicheren, aber eben auch recht unoriginellen Gefilden, wenn sie ihre Story erzählen. Da sind Filme wie „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“ einfach wagemutiger. Wäre Vielmachglas nicht ganz so vorhersehbar wie er ist, das Kinoerlebnis würde sicher noch mehr Spaß machen.
Vielmachglas: Mein Name ist Haase
War sie bislang meist eine von mehreren Nebenfiguren in einem Film, so darf Jella Haase hier eindeutig die einzige wirkliche Hauptrolle spielen. Und das macht sie gewohnt gut. Ihre Marleen ist derart entwaffnend niedlich, rumpelig und verdreht, dass die Identifiktaion mit ihr wesentlich leichter fällt als mit vielen anderen Charakteren, die meist über sympathische Klischees nicht hinauskommen. So ist Haases Gegenpart Marc Benjamin ob des nur mäßig interessanten Charakters des Ben einfach chancenlos darin, ebenso lebendig und glaubhaft zu wirken wie Marleen.
Haases pausenloses Stauen über ihre eigenen Fähigkeiten und die Begegnungen mit einer schrägen Figur nach der anderen sind denn auch die Höhepunkte des Films. Das allein genügt aber nicht, um selbst über die kurze Laufzeit von nur 90 Minuten dauerhaftes Interesse an der Geschichte zu wecken und aufrechtzuerhalten. Damit ist Vielmachglas eine von vielen netten deutschen Komödien, die man sich gut ansehen kann. Von der aber letztlich nichts hängenbliebt. Nett ist eben doch nur der kleine Bruder von …
Fazit:
Fans von Jella Haase und Matthias Schweighöfer können sich Vielmachglas unbesorgt ansehen, sie bekommen etwas für ihr Geld. Wer aber mehr erwartet als den gängigen Humor aktueller deutscher Komödien, wird hier nicht fündig. Dazu bewegen sich Inszenierung und Inhalt das Films in viel zu sicheren und damit wenig aufregenden Gewässern. Vielmachglas fehlt im Gegensatz zu seiner Hauptfigur der Mut, auch einmal etwas zu riskieren.
Vielmachglas startet am 8. März 2018 in den deutschen Kinos.