Chloe Grace Moretz
Netflix

Filmkritik: Mother Android

Chloe Grae Moretz begann ihre Karriere 2005 mit dem Horrorfilm „Amityville Horror“ und hat das Genre-Kino seitdem nie so recht verlassen. Obwohl sie auch in einigen Dramen und Komödien zu sehen war, sind die Filme, für die sie bei vielen Fans in Erinnerung geblieben ist, doch Horrorfilme wie „Let Me In“, „Kick-Ass“ oder „Carrie“. Nach „Die fünfte Welle“ ist die inzwischen 24-jährige mit „Mother Android“ erneut in einem Science-Fiction-Film zu sehen, der allerdings auch deutliche Züge eines Horrorfils in sich trägt. Inszeniert wurde der Film, von Debütant Mattson Tomlin, der bereits Erfahrung als Drehbuchautor besitzt und mit Matt Reeves auch an „The Batman“ arbeitete. Eine Heimat fand der Film in Deutschland bei Netflix – wie gut ist er?

Chloe Grace Moretz, Algee Smith
Georgia und Sam sind auf der Flucht vor todbringenden Androiden.

Die Handlung

Eine alternative Welt. Georgia (Chloe Grace Moretz, „Shadow in the Cloud“) stellt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt fest, dass sie von ihrem Freunde Sam (Algee Smith, „The Hate U Give„) schwanger ist. Denn nach einem geheimnisvollen Impuls, der auch viele Smartphones explodieren lässt und so eine Menge Menschen tötet, laufen alle Haushalts-Androiden plötzlich Amok und beginnen gezielt mit der Auslöschung der Menschheit. Georgia und Sam bleibt nur die Flucht in die Natur, wo sie sich monatelang verstecken, im Zelt übernachten und sich von Konserven und anderen gefundenen Lebensmitteln ernähren. Doch Georgias Schwangerschaft schreitet weiter voran und als das Paar Gerüchte hört, dass für Mütter und Kinder in Boston Schiffe nach Asien  warten, haben die beiden ein neues Ziel.

Doch der Weg dorthin ist gefährlich. Wie sie von einigen Soldaten erfahren, ist das Gebiet rund um Bosten Niemandsland, das von den Androiden kontrolliert wird. Und die seien nicht nur dort aktiv, sondern planten auch eine baldige Invasion der Stadt. Weil sie keine Alternative sehen, machen sich Georgia und Sam dennoch auf den Weg durchs Feindgebiet, immer in der Hoffnung, durch leises Vordringen nicht entdeckt zu werden. Doch weil es nur noch Tage sind, bis ihr Baby zur Welt kommt, trifft Sam die Entscheidung, einen schnelleren, aber auch deutlich lauteren Weg in die Stadt zu nehmen …

Gute Ansätze, aber viel Leerlauf

Mattson Tomlin ist zweifellos ein begabter Autor. Der 31-jährige hat bereits Batman-Comics für DC geschrieben und soll auch in Matt Reeves‘ neue Version des dunklen Ritters involviert sein – so wie Reeves hier als Produzent agiert. Neu ist hier zwar nichts, aber Tomlin baut seinen „Dawn of the Dead“-Anfang gut mit seinem „Terminator“-Finale zusammen. Wer nur die ersten zehn Minuten und die letzte halbe Stunde des Films sieht, könnte deshalb von Mother Android auch recht angetan sein. Leider gibt es aber dazwischen noch eine gute Stunde, für die Tomlin so gar nichts eingefallen ist. Und die das Gesamtwerk daher auch in die eher langweilige Schiene schiebt. Das mag der relativen Unerfahrenheit von Tomlin als Regisseur geschuldet sein.

Denn ein anderer Regisseur hätte vielleicht bemerkt, dass die Chemie zwischen Moretz und Smith nicht sonderlich gut ist. Und die beiden als Paar daher kaum die ruhigen und emotionalen Momente tragen, mit denen Tomlin die Mitte seines Scripts gefüllt hat – wie auch das Ende. Das dann auch noch ein wenig zu kitschig ausfällt, um die emotionale Kraft zu entfalten, die eigentlich darin steckt. Da hilft es auch nur bedingt, dass Tomlin zumindest ein paar gute Einfälle hatte, die im Kontext des Films sehr ordentlich funktionieren. Und immerhin startet und endet der Film gut – und das sind meist die Passagen, die dem Zuschauer im Gedächtnis bleiben. Gerade das FInlae hätte mehr zeit verdient gehabt, die der Regisseur vorher verschwendet.

Mother Android
Durch eine Störung machen die einst so devoten Hausdiener nun Jagd auf ihre Erbauer.

Guter Start, starker Abgang

Denn eigentlich hatte Tomlin alle Zutaten für einen spannenden Sci-Fi-Thriller zusammen. Doch hier hätte ein erfahrener Autor möglicherweise weitergeholfen und so manche Szene, die weder die Handlung vorantreibt, noch die Figuren besser charakterisiert, einfach aus dem Script geworfen. Das ist aber nicht passiert. Und so sieht der Zuschauer Georgia und Sam dabei zu, wie sie einen kurzen und komplett unnötigen Halt in einem Soldatenlager machen. Oder wie sie in einem verlassenen Bauernhaus lange, aber seichte Dialoge führen. Hätte Tomlin dort 20 Minuten eingespart und sich stattdessen auch die durchaus ansprechend inszenierten Action-Momente fokussiert – Mother Android wäre weit besser geworden.

Denn eine Verfolgungsjagd durch den Wald erzeugt durchaus Spannung und in den letzten 30 Minuten gibt Tomlin in Sachen Thrill richtig Gas. Vielleicht aber zu spät, um den einen oder anderen Sci-Fi-Fan noch abzuholen. Denn gerade die würden das zwar nicht völlig überraschende, aber doch gallige Ende sicher goutieren, wenn sie denn so lange dabeibleiben. Auch wenn sich hier eine schwangere Frau durch viele Gefahren kämpfen muss, verbieten sich Vergleiche mit „Children of Men“. Denn weder spielt Chloe Grace Moretz hier eine hilflose Frau, noch ist die Qualität von Mother Android auch nur in der Nähe von Alfonso Cuarons Meisterwerk.

Chloe Grace Moretz
Um ihr Ziel Boston zu erreichen, müssen Georgia und Sam ihr Leben riskieren.

Die Schwangerschaft erfüllt hier aber immerhin den Zweck, das Publikum emotional mitzunehmen, denn ohne die immer wieder auftretenden Schmerzen und die von Moretz gut gespielten Momente des beschwerlichen Alltags würde Mother Android nicht den Sog entwickeln, der den Zuschauer durch die langweilige Mitte bringt. Das ist zwar nicht unbedingt die feine Klinge, mit der Tomlin hier arbeitet, aber es zeigt die erhoffte Wirkung.

Fazit:

Mit Mother Android schlüpft Chloe Grace Moretz erneut in die Rolle einer jungen Frau in Not – und das spielt sie gewohnt gut. Leider ist die Chemie mit ihrem Co-Star Algee Smith alles andere als beeindruckend. Und das Drehbuch des Regie-Debütanten Mattson Tomlin hätte auch noch Feinschliff eines erfahrenen Autoren benötigt. Denn Tomlin hält sich nach einem guten Auftakt viel zu lange mit unwichtigen und zum Teil langweiligen Details auf, statt die starken Szenen der letzten 30 Minuten schon deutlich früher zu nutzen. Wenn der Abspann läuft, fragt man sich, wie gut der Film hätte sein können, wäre seine mittlere Stunde nicht so ereignisarm gewesen. Tomlin darf man Potenzial attestieren, das er mit diesem Film aber noch nicht ausschöpft.

Mother Android startet am 7. Januar 2022 bei Netflix.

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