Die erste Story, aufgeteilt in zwei Staffeln, die Sky am Stück sendete, brach Rekorde und begeisterte Kritiker und Publikum in aller Welt. Nun steht „Babylon Berlin Staffel 3“ in den Startlöchern. Die Story der neuen Folgen basiert auf dem zweiten Roman der Buchserie namens „Der stumme Tod“. Das spielt auf den Mord an einem Stummfilm-Star an, den Gereon Rath und Charlotte Ritter aufklären sollen. Aber das ist natürlich nicht alles, was die Serie zu bieten hat. Auf welche Handlungsstränge und geschichtliche Ereignisse die Fans sich freuen können, verrät die Kritik.
Die Kritik zu den beiden ersten Staffeln von Babylon Berlin finden Sie hier.
Es war nicht weniger als ein kleines Wunder. Mit extremem finanziellen Aufwand und einem Trio aus Regisseuren und Autoren hob Pay-TV-Sender Sky im Verbund mit der ARD eine Serie aus der Taufe, die vordergründig eine Krimihandlung erzählte, tatsächlich aber tief ins Herz der Weimarer Republik blickte. Und die Wilden 20er ebenso brillant einfing wie das Erwachen extremer Kräfte, die schließlich zu Nazi-Deutschland und dem Zweiten Weltkrieg mündete. Kann Babylon Berlin Staffel 3 an diese Qualität anknüpfen?
Babylon Berlin Staffel 3: Die Handlung
Berlin, Spätsommer 1929. Der Armenier (Misel Maticevic) holt seinen Geschäftspartner Walter Weintraub (Ronald Zehrfeld) vor dem Gefängnis ab, wo Weintraub eine Haftstrafe verbüßt hat. Gereon Rath (Volker Bruch) lebt inzwischen in einer Wohnung mit Schwägerin Helga (Hannah Herzsprung) zusammen, leidet aber unter der Lüge, die er auf Wunsch seines tot geglaubten Bruders leben muss. Das wirkt sich zunehmend auf die Beziehung aus. Das einst so glückliche Paar driftet auseinander.
Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) ist aus der Wohnung der Familie ausgezogen und lebt mit ihrer kleinen Schwester im eigenen Zimmer. Außerdem macht sie bei der Berliner Kripo ihre Ausbildung zur Ermittlerin unter der wohlwollenden Feder von Ernst Gennat (Udo Samel), dem Chef der Mordkommission. Als es bei den Dreharbeiten zu einem großen Stummfilm in Babelsberg zu einem tödlichen Unfall kommt, fahren Rath und Ritter eher widerwillig zum Tatort. Doch schnell wird beiden klar – hier ist ein Mord geschehen! Und der zieht bald weite Kreise. Währenddessen wartet die arme Greta (Leonie Benesch) nach dem Attentat auf August Benda auf ihren Prozess …
Babylon Berlin Staffel 3: Zeitgeschichte pur
Staffel eins der Serie beschäftigte sich unter anderem mit den Mai-Unruhen 1929 und einem geplanten Putsch des Militärs. In den neuen Folgen sind der Tod Gustav Stresemanns und der Schwarze Freitag an den Börsen der Welt wichtige historische Ereignisse. Sie umkleiden die komplexe Krimihandlung, die wie schon in der ersten Staffel von viel Zeitkolorit durchzogen wird. So ist erneut der Aufstieg der Nazis ein Thema, der diesmal bereits mehr Raum in der Serie einnimmt als in den Vorgängerstaffeln. Das ist zwar sinnvoll, bremst die Erzählung aber immer wieder ein wenig aus.
So geht es beispielsweise in den Folgen fünf und sechs mit den eigentlichen Mordermittlungen gar nicht voran, weil sich Rath und Ritter um andere Dinge kümmern müssen, die mit dem Prozess von Greta zusammenhängen. Das haben die Autoren in den vorherigen Staffeln etwas geschickter gelöst als hier. Spannend sind die Episoden dennoch, weil sie zum großen Teil bereits angefangene Storylines weiterführen und neben der Mordsache auch noch andere Spannungsbögen setzen. So lassen die Autoren unterschiedliche politische Ansichten innerhalb einer Familie aufeinanderprallen, wie bei dem Heerführer Seegers und seiner Tochter.
Babylon Berlin Staffel 3: Gleichbleibende Qualität
Der Lack ist ab, werden manche Zuschauer vielleicht sagen, wenn sie die dritte Staffel sehen. Das ist auch nicht ganz falsch, liegt aber weniger an der Qualität der Staffel, sondern mehr daran, dass das Publikum die erzählerischen und inszenatorischen Zaubertricks der Macher diesmal schon kennt. Und eben nicht mehr ganz so leicht zu begeistern ist wie beim ersten Mal. Denn auch diesmal sind die Figuren großartig und komplex geschrieben, verweben die Autoren klug das Zeitgeschehen mit der fiktiven Krimi-Story. Und glänzen die Schauspieler wie kleine Perlen.
Ob ein Lars Eidinger, ein Volker Bruch oder eine Liv-Lisa Fries – jede Hauptrolle hier ist großartig besetzt und gespielt. Die neuen Gesichter wie Ronald Zehrfeld oder Meret Becker schlüpfen so schnell in ihre Rollen, als würden sie von Beginn an dazugehören. Dazu sind die Kulissen und Kostüme erneut eine Augenweide. Und für Cineasten bilden die Szenen in Babelsberg noch einen besonderen Leckerbissen an grandioser Kamera-Arbeit und tollem Schnitt. Schon die allererste Szene, eine Plansequenz, zeigt, in welch hoher Qualität hier abgeliefert wird.
Neben den technischen Qualitäten besticht Babylon Berlin Staffel 3 aber auch erneut mit dieser ganz speziellen Atmosphäre, die schon die beiden ersten Staffeln auszeichnete. Eine bleierne Schwere liegt über der Stadt und damit über fast jeder Szene. Der Sturm ist noch nicht da, aber die Insekten fliegen bereits tief und die Luft riecht nach Elektrizität. So inszenieren Tykwer und seine beiden Mitstreiter erneut eine fiebrig-hypnotische Staffel. Die sich sogar die eine oder andere witzige Szene erlaubt, ohne ihre Düsternis zu verlieren.
Wer noch tiefer in den Serienkosmos von Babylon Berlin eintauchen will, findet in diesem Beitrag mehr Informationen zum Aufwand, den Schauspielern und ihren Rollen und vieles mehr.
Fazit:
Auch Babylon Berlin Staffel 3 gehört zum Besten, was ein Publikum aus deutscher Serienproduktion in diesem Jahrtausend gesehen hat. Zwar wirken die neuen Staffeln nicht mehr ganz so frisch und neu wie die ersten Staffeln, aber das Regie- und Autorentrio um Tom Tykwer liefert erneut Story, Dialoge und Inszenierung von ganz hoher Qualität ab. Dazu kommt die Atmosphäre voller Melancholie angesichts des nahen Scheiterns der Freiheit, die in Staffel drei bereits durch alle Ritzen pfeift. Großes Kino fürs TV, dass man nicht so leicht vergisst.
Babylon Berlin Staffel 3 lief ab 24. Januar 2020 bei Sky und ab Herbst 2020 in der ARD.
Gesehen: Sechs von zwölf Folgen.