Filme aus Hollywood werden ausschließlich für die USA und Europa produziert? Diese Zeiten sind lange vorbei. Heute stehen die großen asiatischen Staaten im Fokus der Traumfabrik – und das wird auch immer deutlicher.
Eigentlich war der „Warcraft“-Kinoausflug für die Spieleschmiede Blizzard und Regisseur Duncan Jones eine echte Katastrophe. Sowohl in den USA als auch in Europa goutierte die schrumpfende Spielerschar des Online-Rollenspiels die viele Jahre verspätete Kinoversion nicht, und der Film drohte zu einem finanziellen Debakel zu werden. Die Rettung war das Reich der Mitte: Allein mit den Einnahmen in China war der Film nicht nur bezahlt, sondern hatte sogar einen akzeptablen Gewinn eingefahren. Und jeder darf sicher sein, dass den Studiobossen in Hollywood diese Tatsache nicht entgangen ist.
Der Trend ist nicht neu, dürfte sich aber durch die Warcraft-Episode noch verstärken: Hollywood schielt nicht mehr nur mit einem Auge auf den lukrativen, weil riesigen Markt in Asien. Inzwischen wird massiv daran gearbeitet, vermeintliche Kinohits schon in der Planungsphase auf das Publikum in China oder Indien zuzuschneiden.
Beispiele dafür finden sich unter anderem in der Besetzungsliste. Vin Diesels neues Action-Abenteuer „XXX – Die Rückkehr des Xander Cage“ hat nicht zufällig mit Deepika Padukone einen der größten weiblichen Kinostars des Subkontinents gecastet: Indien möge doch bitte seine paar Rupien nicht nur in Bollywood-Produktionen tragen, sondern auch Hollywood-Filme bedenken. Bei deutlich mehr als einer Milliarde Einwohnern rechnen sich auch Centbeträge pro Besucher. Auch Dwayne Johnsons „Baywatch“-Neuauflage macht sich diesen Effekt zunutze: Mit Pryanka Chopra wurde eine indische Schauspielerin als Bösewicht geholt, die bereits mit „Quantico“ dem US-Publikum bekannt war, in Indien aber dennoch viele Fans hat.
Die Große Mauer als Spektakel
Besonders auffällig wird der neue Kurs in Matt Damons Werk „The Great Wall“: Der Film spielt nicht nur im alten China, sondern bekam mit seinem Hollywood-Star und zwei weiteren Kollegen auch nur wenige westliche Gesichter spendiert, die restlichen Rollen gingen an in China bekannte Schauspieler des Hongkong-Kinos. Und selbst für das Casting von Damon mussten sich die Produzenten noch Kritik gefallen lassen, der Vorwurf des „whitewashings“ machte die Runde. Dabei ist klar, dass ohne Damon wohl das US-Publikum den Film weitgehend ignoriert hätte und ein Star dringend nötig war, um das inhaltlich vom US-Markt weit entfernte Projekt ins Laufen zu bringen. Sicherheitshalber startete der Film bereits Mitte Dezember in China, während der US-Start erst im Februar erfolgt: Die Produzenten scheinen auf dem heimischen Markt einen bereits erfolgreichen Film starten zu wollen, denn in China hat The Great Wall bereits deutlich mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt. Das Risiko eines Flops ist durch diese Art der Globalisierung minimiert, künftige Großprojekte werden folgen.
Auch „Ghost in the Shell“, der im März anläuft, hat den westlichen Star mit Scarlett Johansson an Bord, schielt aber sonst auf das Herkunftsland des Originalfilms: Japan. Läuft der Film dort und im benachbarten Korea gut, dürften mögliche Einbußen in den USA aufgrund wenig hollywoodkonformer Erzählweise nicht mehr so ins Gewicht fallen.
Verlierer könnten bei diesem Trend die schwarzen Schauspieler in Hollywood sein, die zukünftig auch noch mit Asiaten um gute Rollen kämpfen müssen. Dabei könnten sie bald zugunsten des asiatischen Marktes den Kürzeren ziehen. Mit Quote oder Sympathie für asiatische Mimen hat das natürlich wenig zu tun: Afrika lohnt sich in Sachen Film nur einfach nicht.