Eine leidenschaftliche, aber verbotene Romanze, ein junger, aufstrebender Künstler, eine unglückliche schöne Frau. Aus diesen Zutaten schuf Drehbuchautor Tom Stoppard bereits den Klassiker „Shakespeare in Love“. Gelingt ihm mit „Tulpenfieber“ erneut ein großer Wurf?
Die Ähnlichkeiten sind unverkennbar. Wie beim oscarprämierten Shakespeare in Love lässt Stoppard auch hier schöne junge Menschen Leidenschaft füreinander entwickeln, die jedoch nach den damaligen Gesetzen nicht sein dürfen. Statt im elisabethanischen England siedelt der Dramatiker seine Story diesmal aber in Amsterdam während einer der größten kapitalistischen Entgleisungen der Menschheitsgeschichte an – der Tulpenmanie. Bietet diese erste „Börsenblase“ der jüngeren Historie ein ansprechendes Ambiente für Herz und Schmerz?
Tulpenfieber: Die Handlung
Amsterdam im 17. Jahrhundert. Der reiche Kaufmann Cornelis Sandvoort (Christoph Waltz) kauft sich aus dem Waisenhaus die junge Sophia (Alicia Vikander) als seine neue Ehefrau. Er will endlich Kinder und nötigt Sophia regelmäßig zur Erfüllung ihrere ehelichen Pflichten. Um seinen Stand besser zu demonstrieren, bestellt er zudem ein Gemälde von sich und seiner Frau, dass der junge Maler Jan Van Loos (Dane DeHaan) anfertigen soll. Bald entbrennt zwischen Sophia und Jan eine leidenschaftliche Affäre, aber für eine gemeinsame Zukunft ist der Künstler einfach zu arm. Also beginnt er, am Tulpenzwiebelmarkt zu spekulieren, um genug Reichtümer für eine Flucht zu verdienen. Doch das ist nur scheinbar eine sichere Sache …
Tulpenfieber: Aufmarsch der Stars
Mit Alicia Vikander und Dane DeHaan setzt Regisseur Justin Chadwick gleich auf zwei der heißesten Jungstars Hollywooods. Dazu kommen mit Christoph Waltz, Judy Dench, Cara Delevigne und Zach Galifianakis weitere große Namen, die sich auf jedem Kinoplakat gut machen würden. Auch hier gibt es also wieder eine Parallele zum Shakespeare-Film von 1998, der ebenfalls mit Jungstars (Gwnyeth Paltrow, Joseph Fiennes) und gesetzten Stars (Geoffrey Rush, Ben Affleck) überzeugen konnte.
Auch die Mischung aus Herzschmerz, Drama und Humor, die Shakespeare in Love letztlich den Oscar als besten Film einbrachte, findet sich in Tulpenfieber wieder. Allerdings ist die Anziehungskraft von Vikander und DeHaan nicht ganz so überzeugend wie die von Paltrow/Fiennes es war. Dennoch leidet das Publikum mit den Liebenden mit, selbst als sie auf eher fragwürdige Methoden zurückgreifen, um miteinander leben zu können. Stoppard gelingt es immer wieder, mit dramaturgischen Kniffen Angst um das junge Glück zu erzeugen. Denn das 17. Jahrhundert mit seinen zahlreichen Konventionen und Regeln waren nicht unbedingt die beste Zeit für die große Liebe, das macht Stoppard recht deutlich.
Tulpenfieber: Fehlende Ebenen
Warum es für Tulpenfieber wohl nicht zum Oscar reicht, ist im Vergleich mit Shakespeare in Love einfach festzustellen. Während dieser einige Metaebenen eingezogen hatte wie die traurige Realität, die Shakespeare als Inspiration für spätere Stücke dient oder der Gegensatz zwischen Alltag und Theaterleben, sucht man solche Dinge bei Tulpenfieber vergeblich. Hier wird nicht wesentlich mehr als die Geschichte erzählt und ein wenig milde Kapitalismus-Kritik geübt, das war das dann auch schon. Die elegante Tiefe des Shakespeare-Films erreicht der Ausflug nach Amsterdam aber zu keiner Zeit.
Dass er dennoch gut unterhält, liegt zu einem guten Teil an Schauspielern und Rollen. So darf Christoph Waltz nach längerer Zeit endlich wieder einmal etwas anderes verkörpern als seine Tarantino-Paraderolle. Und er verleiht der eigentlich eher unsympathischen Figur des reichen Händlers eine Würde und Emotionalität, die ihn zu einem der Highlights des Films macht. Dazu kann die Story mit ein paar originellen Wendungen und einem stimmigen Ende aufwarten. Regisseur Chadwick, der bislang hauptsächlich fürs britische Fernsehen gearbeitet hat, verpasst dem Ganzen einen fürs Kino akzeptablen Look, auch wenn er an die Bilder des Shakespeare-Films von John Madden nicht heranreicht. Manche Nebenrollen, wie Cara Delevignes Annetje, sind aber fast verschenkt und auch der Erzählstrang um das titelgebende Zocken um Tulpenzwiebeln wirkt nicht so recht auserzählt. Hier waren die 105 Minuten Laufzeit schlicht nicht genug.
Fazit:
So ein Kracher wie Shakespeare in Love ist Tulpenfieber nicht geworden, auch wenn die Ähnlichkeiten unverkennbar sind. Dank einiger sehr guter Schauspieler, einer stets spannenden Story und liebevoller Ausstattung hat Regisseur Justin Chadwick Tom Stoppards Umsetzung einer Romanvorlage aber in ein schönes Stück traditionelles Erzählkino verwandelt. Obwohl Tulpenfieber sicher nicht nachhaltig im Gedächtnis bleibt, bietet er für Fans von Liebesgeschichten und Historiendramen mehr als genug für einen gelungenen Kinoabend.
Tulpenfieber läuft ab de, 24. August in den deutschen Kinos.
Lust auf mehr Historiendramen? „The Promise“ und „Dunkirk“ laufen bereits im Kino.