The Posession

Filmkritik: The Posession of Hannah Grace

Sich nachts in einer Leichenhalle aufzuhalten, der Gedanke dürfte wohl bei den meisten Menschen ein leichtes Schaudern auslösen. Das dachte sich wohl auch Drehbuchautor Brian Sieve, der in „The Posession of Hannah Grace“ diese Grundidee mit übernatürlichen Zutaten garnierte.  In den USA, wo der Film bereits im vergangenen Jahr lief, bekam er vernichtende Kritiken. Zu Recht? 

Obwohl es eigentlich auf der Hand liegt, wird eine Leichenhalle als spannungserzeugendes Szenario gar nicht so häufig verwendet, wie man vielleicht denkt. Ein prominentes Beispiel ist die Horrorkomödie „Re-Animator“, die zu großen Teilen dort spielt – und reichlich Kunstblut dabei verbraucht. Aber es geht auch subtiler. So ist „Nightwatch“, ein fieser Thriller des dänischen Regisseurs Ole Bornedal nicht nur die erste große Rolle von Nikolaj Coster-Waldau, sondern auch verdammt spannend. Und 2017 überzeugte „The Autopsy of Jane Doe“, der fast ausschließlich in der Leichenhalle spielt. Wie schlägt sich The Posession of Hannah Grace im Vergleich?

The Posession
Ex-Polizistin Megan tritt ihren neuen Job in der Leichenhalle eines Krankenhauses an.

The Posession of Hannah Grace: Die Handlung

Nachdem sie ihrer Meinung nach den Tod ihres Partners verschuldet hat, versank Polizistin Megan (Shay Mitchell) in Alkohol und Drogen – und verlor Job und Freund Andrew (Grey Damon). Um wieder auf die Beine zu kommen, besorgt ihre AA-Patin Lisa (Stana Katic), die als Krankenschwester arbeitet, Megan einen Job in der Leichenhalle des Krankenhauses. Dort soll sie die Nachtschicht übernehmen und ankommende Leichen von Krankenwagen in die dafür vorgesehenen Fächer bringen. Angst macht der Ex-Polizistin dieser Job nicht.

Das ändert sich eines Nachts, als die übel zugerichtete Leiche einer jungen Frau namens Hannah (Kirby Johnson) bei Megan eintrifft. Tiefe Schnittwunden und Verbrennungen lassen auf einen gewaltsamen Tod schließen – und seltsamerweise versagt beim Aufnehmen der Leiche komplett die Technik. Megan kann weder Fotos machen, noch die Fingerabdrücke in der Datenbank abgleichen. Und das ist nur der Auftakt einiger seltsamer Vorgänge, die offenbar mit dem Körper der jungen Hannah zu tun haben …

The Posession of Hannah Grace: Stimmungsvoller Beginn

Nachdem der Film mit einem unoriginellen, aber immerhin handwerklich sauber gemachten Exorzismus startet, der schon nach fünf Minuten alle Spekulation um die namensgebende Figur beendet, baut The Posession of Hannah Grace langsam, aber gekonnt, eine unheimliche Atmosphäre auf. Dabei helfen eigentlich unspektakuläre Dinge wie die Beleuchtung, die sich widerwillig per Bewegungsmelder einschaltet. Und die langen dunklen Flure der Leichenhalle, die durch diffuses Licht der eigenen Phantasie viel Freiraum lassen.

Weniger Mühe macht sich der Film dagegen bei der Charakterzeichnung der Figuren. So wirkt die Drogenabhängigkeit von Megan angesichts der wenig überzeugend spielenden Shay Mitchell eher aufgesetzt als glaubhaft. In der Theorie wäre dieser Kniff, dass Megan deshalb an dem zweifelt, was sie sieht, sogar ganz sinnvoll. Hätte der niederländische Regisseur Diederik Van Rooijen im Verbund mit Autor Sieve nicht schon vorab klar gemacht, dass Hannah Grace wirklich vom Bösen besessen und somit alles echt ist, was Megan beobachten muss.

The Posession
Als eines Nachts die Leiche der jungen Hannah eingeliefert wird, beginnen kurze Zeit später unheimliche Ereignisse.

The Posession of Hannah Grace: Finale Enttäuschung

Kirby Johnson verkörpert die gar nicht so tote Leiche dank ihrer Ausbildung als Kontortionistin (Schlangenmensch) recht unheimlich, da sie mit ihrem Körper Dinge anstellt, die sehr schmerzhaft aussehen. Die fiese Tonspur, die zu den Verrenkungen entsprechend derbe Geräusche beinhaltet, funktioniert auch ausgezeichnet. Und so fragt sich mancher Zuschauer in der ersten Stunde garantiert, wie der Film eine derart schlechte Wertung bekommen konnte. Das liegt beinahe ausschließlich am finalen Akt der Geschichte.

Denn gruselige Ausgangspositionen zu schaffen, das gelingt vielen Filmen. Sie aber sinnvoll und glaubwürdig zu Ende zu bringen, daran scheitern etliche Horrorstoffe. Das gilt auch für The Posession of Hannah Grace. Denn wenn die vermeintliche Leiche richtig aktiv wird und das Sterben beginnt, geht eine Menge der vorher aufgebauten Stimmung verloren. Zu beliebig wirken die Aktionen des Dämonen, zu unklar ist die Motivation, manche Dinge zu tun – und andere nicht. Und echte Überraschungen oder auch nur gelungene Twists sind den Kreativen auch nicht mehr eingefallen.

Und so bleibt The Posession of Hannah Grace trotz guter Ansätze deutlich hinter dem wirklich originellen The Autopsy of Jane Doe zurück. Hätte Drehbuchautor Sieve sich ein wenig mehr Zeit genommen und auf bessere Ideen gewartet, hätte daraus ein deutlich besser Film werden können, denn handwerklich ist hier kaum etwas auszusetzen. Und eine völlige Katastrophe wie beispielsweise „Polaroid“ ist The Posession of Hannah Grace trotz des schwachen Finales auch nicht geworden. Dazu ist die erste Stunde einfach zu gut.

Fazit:

Schade, dass The Posession of Hannah Grace im letzten Drittel Ideen und Spannung verloren gehen, denn die erste Stunde des Films kann sich durchaus sehen lassen. Doch je länger der Film dauert, desto offensichtlicher wird, dass der Film seinem Publikum doch nur Besessenheits-Einheitsbrei auftischen will. Das mag für unerfahrene Horrorfans dennoch ganz gut funktionieren, wer aber schon den einen oder anderen Klassiker gesehen hat, wird sich von diesem Finale sicher nicht erschrecken lassen.

The Posession of Hannah Grace startet am 31. Januar 2019 in den deutschen Kinos.

Welchen Horror das Kinojahr 2019 noch bereithält, erfahren Sie hier.

The Posession
Bald muss Megan nicht nur um ihr eigenes Leben fürchten, sondern auch um das ihrer neuen Kollegen.