Ghost in the shell

Filmkritik: Ghost in the Shell

Scarlett Johansson als Cyborg in einer nicht allzu fernen Zukunft: Das Embargo für Kritiken fiel erst am Starttag in Deutschland, offenbar war dem Studio nicht wohl dabei, dass Kritiken deutlich früher erschienen. Ob die Macher allen Grund zur Sorge haben?

Verfilmungen von Anime sind nie ganz einfach. Besonders Warner kann davon ein Lied singen, das Studio versucht seit mehr als zehn Jahren, eine Realfilm-Version vom Godfather aller Mangas umzusetzen, doch „Akira“ ist nach wie vor in der Entwicklung. Doch gleich hinter Akira kommt bei den Fans auch schon Ghost in the Shell, der ebenfalls zu den wichtigsten Gründen gehört, warum Mangas in der westlichen Welt plötzlich Erfolge feierten. Kann der Film mit seinem Vorbild mithalten?

Ghost in the Shell: Die Handlung

Major (Scarlett Johansson) ist eine Elitekämpferin, die bereits zu Beginn des Films zeigt, was sie kann: Sie dringt in einen Hochhauskomplex ein und schaltet eine ganze Bande von Killern und Robotern aus, die es auf ein hochrangiges Mitglied der führenden Roboterfirma der Welt abgesehen hatten. Doch bei der Rettung scheitert sie – und bekommt von einem sterbenden Cyborg noch die Nachricht, dass weitere Manager der Firma sterben werden. Für Major schon deshalb kein schöner Gedanke, weil sie selbst von dieser Firma erschaffen und gebaut wurde. Doch ihre „Mutter“ Dr. Quelet (Juliette Binoche) versichert ihr, dass mit ihr alles in Ordnung ist. 

Auf der Jagd nach dem geheimnisvollen Attentäter kommen Major und ihr Kollege Batou (Pilou Asbaek) zwar näher an die geheimnisvolle Kapuzengestalt heran, doch der erweist sich gegenüber seinen Häschern als immer einen Schritt voraus. Und je länger Major mit dem Fremden zu tun hat, desto vertrauter kommt er ihr vor. Haben die beiden eine gemeinsame Vergangenheit? Und wenn ja, warum weiß sie nichts mehr davon? Major beginnt langsam, die Geschichte ihrer eigenen Existenz zu hinterfragen …

Optik von Morgen

Um die Welt von Ghost in the Shell realistisch aussehen zu lassen, hat Regisseur Rupert Sanders mit seinem Team ganze Arbeit geleistet: Der Look des Films ist trotz anderer Filme mit ähnlicher Thematik absolut einzigartig. Selten wurde der Moloch der zukünftigen Metropole so glaubhaft eingefangen, selten waren Hochglanz und Elend so dicht beisammen. Wenn die Kamera hoch über der Stadt langsam aufzieht und die haushohen Werbe-Hologramme einfängt, die das Stadtbild bestimmen, dann ist das schon sehr beeindruckend. Der einzige Vorwurf, den man Sanders hier machen kann ist, dass er das auch sehr genau wusste und es als Stilmittel ein wenig zu oft einsetzt. Ghost in the Shell wirkt manchmal wie ein Model, das weiß, wie umwerfend es aussieht und seine Reize ein wenig zu oft in die Kamera hält.

Inhaltlich bekommt der Film ungleich mehr Probleme. Das lässt sich Regisseur und Drehbuchautor aber gar nicht so recht vorwerfen, denn sie erzählen zwar nicht genau die Geschichte des ersten Anime nach, bleiben aber dem Geist der Vorlage verpflichtet. Nur ist die eben bereits fast 30 Jahre alt, und Unmengen von Filmen haben sich inzwischen bei der Vorlage bedient. Und wie so oft heißt es auch hier: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Natürlich beruhen viele Ideen moderner Science-Fiction-Filme, die sich mit künstlichem Leben und den philosophischen Fragen dahinter beschäftigen, auf Ghost in the Shell, aber es gibt sie eben schon eine Weile. Der Film kommt einfach viel zu spät, um seine einst so originellen Ideen heute noch als neu zu verkaufen, denn das sind sie nicht mehr.

Ghost in the Shell
Die Kulisse der futuristischen Stadt gelingt Regisseur Sanders atemberaubend gut.

Der Blade Runner Asiens

Gilt die Comic-Vorlage und der erste Anime von 1995 als Blade Runner des Ostens, so ist Kinofilm eine späte Dreingabe, der dem Genre keine neuen Impulse mehr verleihen kann – weil die Vorlage das längst getan hat. Dazu kommt eine große Kälte, die der Film ausstrahlt. Das kommt den Bildern zugute, die dadurch noch gewinnen, macht es dem Zuschauer aber schwerer, eine emotionale Bindung zur Hauptfigur aufzubauen. Ganz nahe kommt man Major über den gesamten Film nicht. Cooler sind da schon die männlichen Nebenfiguren wie Batou, den Asbaek sehr gut verkörpert – oder auch Japan-Star Takeshi Kitano, der konsequent als einziger im ganzen Film japanisch spricht. Auch Juliette Binoche als eine Art Mutter von Major, die ebensolche Instinkte entwickelt, um ihre Schöpfung zu schützen, bietet mehr emotionalen Halt als die Heldin. 

Fazit:

Die Optik ist über jeden Zweifel erhaben – und Regisseur Sanders protzt mit diesem Pfund auch ordentlich herum. Inhaltlich kann das fast 30 Jahre alte Konstrukt aber nichts Neues mehr erzählen. Die Ideen über künstliche Körper und die Fragen, ab oder bis wann man noch ein Mensch ist, haben Blade Runner, Robo Cop und viele andere Filme, die sich zum Teil deutlich beim Ghost in the Shell-Comic bedient haben, einfach schon früher erzählt. Wem grandiose Bilder und tadellos inszenierte Action reichen, für den ist Ghost in the Shell wie gemacht. Wer sich anspruchsvolle Science-Fiction wünscht, wird möglicherweise enttäuscht sein.

ghost in the shell
Nach dem Einsatz kann Major im Labor repariert werden, allerdings gilt das nur für ihren Körper. Die seelischen Wunden bleiben.