Fire Saga

Filmkritik: Eurovision Song Contest – The Story Of Fire Saga

Während weite Teile Europas den alljährlichen ESC als kulturelles Ereignis akzeptieren oder zumindest wahrnehmen, sind große Teile der USA vermutlich gänzlich unwissend, welchen Sinn der Songwettbewerb mit seinen oftmals schrillen Kostümen und peinlichen Power-Balladen eigentlich hat. Das mag ein Grund sein, warum sich Comedian Will Ferell in seiner neuen Netflix-Komödie „Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga“ dieses Themas angenommen hat und mächtig drauflos blödelt – oder doch nicht? Das klärt die Kritik.

An Will Ferell scheiden sich die Geister fast ebenso wie an Adam Sandler. Während manche über Ferells Art herzhaft lachen können, finden andere, dass der Comedian eigentlich noch nie einen wirklich lustigen Film gedreht hat. Tatsächlich waren die meisten von Ferells Projekten zwar keine Mega-Blockbuster, spielten aber ihre Kosten ein und machten manchmal sogar gute Gewinne. Was erwartet die Netflix-Zuschauer mit Ferells neuestem Streich ESC – The Story of Fire Saga? Hat der Schauspieler das Event verstanden?

Fire Saga
Das Duo Fire Saga, bestehend aus Lars und Sigrit, will unbedingt für Island den ESC gewinnen.

ESC – The Story of Fire Saga: Die Handlung

Lars (Will Ferrell) ist seit frühester Jugend ESC-Fan. Seit er 1974 Abba hat siegen sehen, will auch er unbedingt am Wettbewerb teilnehmen und für Island natürlich den Sieg holen. Gemeinsam mit seiner Jugendfreundin Sigrit (Rachel McAdams) gründete er deshalb die Band „Fire Saga“ und arbeitet emsig an neuen Songs.  Durch einen glücklichen Zufall schafft es das Duo sogar in den nationalen Vorausscheid, legt dort aber einen solchen Chaos-Auftritt hin, dass alle Chancen dahin scheinen. Doch dann schlägt das Schicksal zu.

Wegen eines bizarren Ereignisses (das hier nicht gespoilert wird) fährt nicht die favorisierte Katjana (Demi Lovato) nach Edinburgh, sondern Fire Saga. Sehr zum Unwillen von Lars‘ Vater Erick (Pierce Brosnan), der die Begeisterung seines Sohnes für den ESC nie verstanden hat. Und der befürchtet, dass Lars sich und sein Land bis auf die Knochen blamieren wird. Die ersten Proben scheinen dieser Befürchtung Recht zu geben. Auch der freundliche Konkurrent Alexander (Dan Stevens) aus Russland gibt den beiden keine Siegchance. Doch der ESC hat eigenen Gesetze …

ESC – The Story of Fire Saga: Das Problem heißt Ferrell

Will Ferrell begann seine Karriere wie viele US-Kollegen beim Comedy-Dauerbrenner „Saturday Night Live“, das mit einer fünfjährigen Pause seit 1975 läuft. Da geht es meist um kurze Sketche – und das merkt man vielen Filmen von Ferrell auch an. Denn immer wieder gelingt es ihm, Szenen zu schreiben und zu spielen, die wirklich Humor haben und gut funktionieren. Viel schwerer tut sich der Mime und Autor, wenn es darum geht, eine stringente Handlung über zwei Stunden zu erzählen. Da bildet The Story of Fire Saga keine Ausnahme.

Denn sonderlich viel Handlung erzählt der Film nicht, hangelt sich vielmehr von Gag zu Gag, von denen längst nicht jeder sitzt. Das liegt stark an Ferrells Rolle, die er sich selbst auf den Leib schrieb. Während die Story in der Realität angesiedelt ist, wirkt seine Figur Lars wie eine Karikatur eines Musikers, der um sich herum nichts mitbekommt und gänzlich auf seinen Erfolg fixiert ist. Dabei tritt er in so viele Fettnäpfchen, dass der Charakter in vielen Szenen nicht nur komplett unlustig ist, sondern vor allem auch regelrecht unsympathisch wird.

Fire Saga
Weil Katiana, Siegerin des isländischen Vorentscheids, nicht teilnehmen kann, dürfen Fire Saga tatsächlich nach Edinburgh reisen.

ESC – The Story of Fire Saga: Für ESC-Fans witzig

Diese Rolle spielt Ferrell häufig und sie ist selten witzig. Auch hier ist der Schauspieler und Drehbuchautor Ferrell eindeutig der Schwachpunkt. Selbst, wenn ihm als Autor zumindest einige wirklich gute Gags eingefallen sind. So gelingt es ihm mit dem Charakter Alexander Lemtov, einige treffende Seitenhiebe auf Russlands Auftreten beim ESC zu landen – und noch einige Besonderheiten des Landes im Umgang mit bestimmten Minderheiten zu adressieren. Bei einem ESC-Film ist diese Botschaft nicht nur witzig, sondern auch ganz besonders passend.

Insgesamt ist aber die Rolle als nicht sonderlich liebenswerter Idiot nicht dazu angetan, wirklich zu unterhalten. Besser gemacht hat es da eindeutig Rachel McAdams. Die kanadische Schauspielerin liefert meistens ab – so auch hier. Als schon lange heimlich in Lars verknalltes Mauerblümchen mit Hammerstimme (McAdams singt nicht selbst) ist sie der beste Grund, sich den Film anzusehen. Sie hat gemeinsam mit Dan Stevens nicht nur ein paar der besten Film-Momente. Sondern zieht als aufrechte Heldin auch alle Sympathien auf sich.

Zugute halten kann man Ferrell allerdings, dass er entweder den ESC verstanden oder sich gute Berater gesucht hat. Denn alles rund um den kunterbunten Gesangswettbewerb ist richtig gelungen. Kostüme, Auftritte, Windmaschine, ESC-Party, Graham Norton als Moderator für die BBC – das macht richtig Spaß und dürfte für ESC-Fans, die über sich selber lachen können, zum Highlight des Films gehören. Was der ganze Film hätte im Netflix-Programm werden können, wäre die Hauptfigur nicht ganz so nervtötend und doof ausgefallen.

Fazit:

Was nutzen eine tolle Rachel McAdams, ein spielfreudiger Pierce Brosnan und ein wunderbarer Dan Stevens, wenn sich Autor und Hauptdarsteller Will Ferrell wieder einmal einen unsympathischen Trottel auf den eigenen Leib schreibt? Zumindest halten sie Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga in einem erträglichen Rahmen und machen die Szenen ohne Ferrell zur lustigen Verbeugung vor dem großen ESC, verdiente Seitenhiebe inklusive. Fans der Veranstaltung werden hier aber sehr viel mehr Spaß haben als ESC-Muffel.

Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga startet am 26. Juni bei Netflix.

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Der Film liegt in deutscher Synchronisation vor.

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Aber haben sie wirklich eine Chance gegen den russischen Favoriten Alexander Lemtov?