Es ist soweit. Der größte Film des Jahres ist da. Mit „Avengers Endgame“ beschließt Marvel seine ersten drei Phasen mit mehr als 20 Filmen, der nächste Spider-Man-Film soll lediglich als Epilog der dritten Phase dienen. Und tatsächlich endet die Story hier. Wie gut ist der Film geworden? Hat er überhaupt eine Chance, dem gewaltigen Hype gerecht zu werden, den er seit dem Start von „Avengers Infinity War“ aufgebaut hat? Das klärt die (weitgehend spoilerfreie) Kritik.
Als Marvel 2008 mit „Iron Man“ seinen Erfolgsrun begann, legte Produzent Kevin Feige den ersten Baustein zu den „Avengers“, die heute zu den erfolgreichsten Filmen der Welt gehören und für viele Kids das sind, was in den späten 70ern und frühen 80ern die „Star Wars“-Filme waren. Fleischgewordene Märchen von Helden und Schurken, die sich um die Deutungs-Hoheit des moralischen Kompasses stritten. Avengers Endgame bringt diese Reise zu einem Ende – und macht dabei manches falsch und vieles richtig.
Avengers Endgame: Die Handlung
Die Avengers sind am Boden. Auch drei Wochen, nachdem Thanos (Josh Brolin) die Hälfte allen Lebens im Universum ausgelöscht hat, ist keine Hoffnung in Sicht. Auch das neueste Teammitglied Captain Marvel (Brie Larson) ist versessen darauf, den Titanen zu stellen, hat jedoch ebenfalls keine Lösung dafür, das Geschehene rückgängig zu machen. Dennoch rücken die verbliebenen Avengers aus, um Thanos aufzuspüren und ihm die Infinity-Steine abzunehmen. Doch letztlich gelingt es nicht.
Warum nach einem recht großen Zeitraum im Marvel-Universum doch wieder Hoffnung aufkommt, wer damit zu tun hat und was die Helden letztendlich unternehmen, um das halbe Universum zu retten, darüber soll an dieser Stelle nicht mehr verraten werden. Es würde einfach zu viel von dem Spaß und den Überraschungen nehmen, die der Film vermitteln soll. Und das mit ein paar Abstrichen auch tut.
Avengers Endgame: Der Fluch von elf Jahren
Avengers Endgame ist in vielerlei Hinsicht eine konsequente Fortsetzung von Infinity War. Schließlich sind mit den Russo-Brüdern nicht nur die gleichen Regisseure verantwortlich, sondern mit Christopher Markus und Stephen McFeely auch die gleichen Autoren. Schon Infinity War ächzte in manchen Szenen unter der Last der Unmenge an Story, die der Film in seinen 150 Minuten abarbeiten musste. Dieses Problem ist bei Avengers Endgame trotz längerer Laufzeit von 181 Minuten fast noch ausgeprägter.
Es gibt so viele Figuren und Momente, die für die Story eine Rolle spielen und daher vorkommen müssen, dass die erste Stunde des Films nach furiosem Auftakt fast ohne Action auskommt, so viel gibt es für die Protagonisten zu klären und zu besprechen. Und obwohl die meisten Szenen für sich gelungen sind, ist die Aneinanderreihung von Dialogszenen für einen Marvel-Film doch ein recht ungewöhnlicher Vorgang. Und so fühlt sich Endgame tatsächlich anders an als die meisten seiner Vorgänger. Zumal dem Team ein paar wirklich intime, kleine Momente gelingen.
Avengers Endgame: Gefährliches Zeitspiel
Leider tappen die Autoren aber in eine Falle, die schon die Marvel-Filme der Ex-Konkurrenz Fox belasteten. Mit „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ hatten die Autoren ein undurchdringliches Wollknäuel der Unlogik platziert, das die nachfolgenden Filme entweder Ignorierten oder sich darin verhedderten. Dass sich nun auch die Avengers auf dieses Terrain begeben, deuteten die Trailer zwar an, aber es gab Hoffnung, Marvel würde den Fehler nicht begehen. Leider taten sie es doch. Und die Ergebnisse sind nicht wirklich besser ausgefallen als bei den X-Men.
Zwar gelingen den Autoren auch hier einige wirklich grandiose Szenen, insgesamt wirkt das Konstrukt, dass Markus und McFeely hier entwerfen, aber in sich nicht stimmig und stabil. Und so ist Avengers Endgame ein Film, der dann am meisten Spaß macht, wenn man möglichst wenig über die Plausibilität der Handlung nachdenkt. Wer sich schon einmal mit dem Phänomen des Zeitparadoxons beschäftigt hat, wird hier die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Davon kann man sich stören lassen, aber man muss es nicht. Denn es gibt auch viel Gutes.
Avengers Endgame: Wenn die Tränen kommen
Was Autoren und Regisseure auf der emotionalen Ebene abliefern, ist fast tadellos. Bei vielen Schauspielern war bekannt, dass ihre Verträge auslaufen – und Endgame gibt ihnen den Abschied, den sie verdienen. Was nicht heißen soll, dass alle sterben. Aber die Autoren haben für die langjährigen Recken finale Kapitel geschrieben, die manchem Fan sicher die Tränen in die Augen treiben wird. Manche sind die der Trauer, andere könnten auch welche des Mitgefühls oder der Freude sein. Wie Marvel hier an der Gefühlsschraube dreht, das ist ganz großes Kino.
Das Ende ist ein Teil der Reise, sagt Tony Stark in Avengers Endgame und fasst damit das grundlegende Gefühl zusammen, das Fans der bisherigen Filme beim Ansehen des Finales haben werden. Obwohl den Autoren wieder ein paar sehr lustige Szenen eingefallen sind und das Aufnehmen vermeintlich kleiner Momente aus früheren Filmen mit epischen Folgen hier die Fans jubeln lassen werden, umweht ein Hauch von Schwermut den ganzen Film. Denn die meisten im Kinosaal werden merken, dass es Zeit ist, Abschied zu nehmen – egal, wie Endgame ausgeht.
Fazit:
Wie schon Infinity War wird auch Avengers Endgame unter der Last der Story fast erdrückt, stemmt sich aber wie der wütende Hulk immer wieder hoch. Und präsentiert den harten Marvel-Fans das Finale der erfolgreichsten Kino-Saga überhaupt zwar nicht mit gut durchdachter, glaubhafter Story, aber dafür mit so vielen emotionalen Höhepunkten, dass bei manchem sicher ein paar Tränen fließen werden. Und das ist für einen kunterbunten Action-Blockbuster eine wirklich famose Leistung. Endgame ist kein perfekter Film – aber ein perfektes Ende der Reise.
Avengers Endgame startet am 24. April 2019 in den deutschen Kinos.