Aufbruch zum Mond

Filmkritik: Aufbruch zum Mond

Regisseur Damian Chazelle gilt als Wunderkind. Mit gerade einmal 30 Jahren gewann er für „La La Land“ den Regie-Oscar – als jüngster Künstler bisher. Mit seinem erst dritten Spielfilm „Aufbruch zum Mond“ setzt er nun der US-Raumfahrt und dem 2012 verstorbenen Astronauten Neil Armstrong ein Denkmal, der 1969 als erster Mensch die Oberfläche des Mondes betrat. Kann Chazelle das Niveau seines brillanten Musical-Dramas halten?

Der Weltall-Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion begann bereits in den 50er Jahren, bis er mit der Mondlandung 1969 mit einen klaren Punktsieg für die NASA endete. Einer der wichtigsten Akteure dabei war Neil Armstrong, der die Mission als Kommandant befehligte. Und dessen Karriere und Privatleben in einem Sachbuch festgehalten wurde, das Chazelle als Basis für seinen neuen Film diente. Was hat Aufbruch zum Mond zu bieten?

Aufbruch zum Mond
Astronaut Neil Armstrong riskiert für seinen Job mehr als einmal des eigene Leben.

Aufbruch zum Mond: Die Handlung

1961: Pilot Neil Armstrong (Ryan Gosling) fliegt mit seinem Jet in ungeahnte Höhen und wirft einen kurzen Blick ins All, bevor der Maschine durch fehlenden Sauerstoff der Motor abstirbt und Armstrong nur mit einem riskanten Manöver sein Leben retten kann. Tage wie dieser machen den Astronauten zum Wunschkandidaten der NASA für künftige Flüge um den Erdball und mehr. Armstrongs Frau Janet (Claire Foy) erträgt das Risiko hingegen nur schwer, dem sich ihr Mann regelmäßig aussetzt. Ihre Kritik prallt an ihrem stoischen Ehemann aber ab.

Selbst der Verlust eines Kindes kann Armstrong nicht in seinem Vorhaben stoppen, weiter ins All zu fliegen als je ein Mensch vor ihm. Selbst, wenn seine Ehe und die Beziehung zu seinen Söhnen dabei zerbrechen sollte. Nach einigen Rückschlägen ist es im Juli 1969 schließlich soweit. Die Apollo 11 hebt ab mit dem Ziel Mond. Und Neil Armstrong soll der erste Mensch sein, der den Erdtrabanten betritt. Neben großen Worten findet der Mann auch noch die Zeit für eine kleine, aber umso bedeutsamere Geste …

Aufbruch zum Mond: Grandiose Bilder

Wenn Damien Chazelle seine Helden im All von Kameramann Linus Sandberg einfangen lässt, dann zeigt er, was für ein unglaublich gutes Auge er für Bilder hat. Er mischt nicht nur Aufnahmen aus der Totalen mit Bildern, die er aus der Sicht Armstrongs oder anderer Astronauten zeigt. Er komponiert daraus Momente, die sich zumindest zum Teil mit Kubricks „2001“ vergleichen dürfen. Vor allem mit den Blickwinkeln aus Armstrongs Helm macht Chazelle neben der Schönheit des Alls auch deutlich, wie gefährlich und anstregend der Job als Astronaut tatsächlich war.

Wenn Ryan Gosling mit drei Umdrehungen pro Sekunde in einer fallenden Kapsel steckt und der Zuschauer aus seinen Augen schaut, wird dem Publikum beeindruckend gut bewusst, welche übermenschliche Leistung es sein muss, in diesem Moment die Ruhe zu behalten und durch die richtigen Entscheidungen das eigene Leben und das der Kollegen zu retten. Sandberg, der bereits in La La Land mit Chazelle arbeitete, dürfte eine erneute Oscar-Nominierung daher kaum zu nehmen sein.

Aufbruch zum Mond
Janet Armstrong belastet das sehr, doch sie findet keinen Weg, um Neil von seinem Kurs abzubringen.

Aufbruch zum Mond: Nicht immer packend

Anders sieht es aber aus, wenn man sich die Handlung des Films in Augenschein nimmt. Denn zum einem versucht Chazelle, wenn auch ein wenig halbherzig, die Geschichte der bemannten Raumfahrt durch seinen Helden zu erzählen. Das hat allerdings Philip Kaufman 1983 mit „Der Stoff, aus dem die Helden sind“ deutlich packender und besser gemacht. Zum anderen versucht der Regisseur, sich dem Menschen Neil Armstrong zu nähern. Der ist zwar mit dem Minimalisten Ryan Gosling perfekt besetzt, das macht die Figur aber nicht ein Quäntchen spannender.

Claire Foy kann dadurch zwar den emotionalen Counterpart großartig spielen, aber die arg indirekte Charakterzeichnung Armstrongs, die fast komplett nur über die Emotionen anderer transportiert wird, ist über die Dauer von mehr als 140 Filmminuten nicht immer fesselnd. Oder um es anders zu sagen: Wenn Gosling sich mit seinem Portrait dem Original tatsächlich sehr annähert, dann war Armstrong kein sonderlich spannender Zeitgenosse. Dass ausgerechnet die Figur mit den wenigsten Gefühlsregungen den Film tragen soll, tut Aufbruch zum Mond nicht gut.

Und so kann Chazelle mit seinem Film weder dauerhaft den Zauber von La La Land, noch die Energie von „Whiplash“ erreichen, auch wenn beides hin und wieder aufblitzt. Dafür bleibt die Figur des Neil Armstrong über weite Teile einfach zu weit weg vom Publikum, hat außer seinen eisernen Nerven und seiner stoischen Ruhe nicht genug zu bieten, um den Zuschauer emotional an sich zu ziehen. Hier haben Cineasten mit einem Faible für Bilder definitiv mehr Spaß als Zuschauer, die auch große Gefühle auf der Leinwand sehen wollen.

Fazit:

Aufbruch zum Mond ist optisch absolut atemberaubend, aber inhaltlich ein wenig zu kühl, um Damien Chazelle nach seinem großartigen La La Land gleich ein weiteres Meisterwerk attestieren zu können. Die Bilder wird kaum ein Zuschauer schnell wieder vergessen können, den Hauptcharakter hingegen schon. Denn der bis in die Haarspitzen beherrschte Neil Armstrong taugt nur sehr bedingt, das Publikum auch emotional auf den Flug zum Mond mitzunehmen.

Aufbruch zum Mond startet am 8. November 2018 in den deutschen Kinos.

Aufbruch zum Mond
Die eigentliche Mondlandung ist Finale und emotionales Highlight des Films.