Unten am Fluss

Serienkritik: Unten am Fluss

1978 brachte Regisseur Martin Rosen den Zeichentrickfilme „Watership Down – Unten am Fluss“ in die Kinos. Und räumte endgültig mit dem Vorurteil auf, dass Trickfilme grundsätzlich etwas für Kinder sind. Da viele Eltern weltweit das nicht wussten, wurde eine ganze Generation von Kindern ab den späten 70ern von diesem Film nachhaltig verstört, falls sie ihn in zu jungen Jahren gesehen haben. Auch die neue BBC-Adaption des Stoffes hat eine Freigabe ab 12 Jahren. Wie gut ist sie?

Richard Adams, Autor des Romans, war bereits 52 Jahre alt, als er mit Unten am Fluss sein erstes Buch veröffentlichte. Es sollte trotz vieler weiterer Romane sein erfolgreichstes bleiben. Die Geschichte um eine Gruppe von Kaninchen, die in ein neues Leben aufbrechen, gilt zwar immer noch als Kinderbuch, bietet aber auch für Erwachsene viele Inhalte. Kann die neue Version dem damaligen Welterfolg von Buch und Film das Wasser reichen?

Unten am Fluss
Die Brüder Hazel und Fiver wollen der Zerstörung ihres Baus entfliehen und suchen ein neues Zuhause.

Unten am Fluss: Die Handlung

Das junge Kaninchen Hazel (im Original gesprochen von James McAvoy) findet seinen kleinen Bruder Fiver (Nicholas Hoult) zitternd auf einer Lichtung. Der Kleine hat manchmal Visionen und in einer davon hat er die baldige Vernichtung des Kaninchenbaus gesehen, in dem er und Hazel leben. Mit einigen Freunden machen sich die Brüder auf den Weg, um für sich ein neues, sicheres Zuhause zu finden. Dabei schließt sich ihnen Bigwig (John Boyega), eines der stärksten und größten Kaninchen der Wachen, an.

Nach entbehrungsreichen Tagen der Wanderschaft und einigen tödlichen Gefahren durch andere Kaninchen erreichen sich schließlich den Platz, den Fiver für ihr neues Zuhause hält – Watership Down. Doch die Abenteuer für die kleine Gruppe von fast ausschließlich männlichen Kaninchen sind noch nicht zu Ende. Denn ganz in der Nähe ihrer neuen Heimat befindet sich ein riesiger Kaninchenbau unter der Führung des alten General Woundwort (Ben Kingsley). Und der duldet keine freien Neuankömmlinge …

Unten am Fluss: Nichts für kleine Kinder!

Für Eltern, die sich über die hohe Freigabe wundern, und dennoch der Meinung sind, Trickfilme werden für ihre Kleinen schon in Ordnung sein – Nein! Unten am Fluss ist zwar offiziell ein Kinder- und Jugendbuch, aber die Geschichte ist derart düster und manchmal grausam, dass jüngere Zuschauer davon erschreckt werden könnten. Ständige Gefahr, zahlreiche Feinde und der allgegenwärtige Tod sind essentielle Teile der Mini-Serie. Daher sollten Eltern die Freigabe hier wirklich ernst nehmen und keine Sechsjährigen vor den Fernseher setzen.

Auch wenn die vierteilige Version der BBC etwas weniger düster und blutig ausgefallen ist, als der Zeichentrickfilm von 1978, so ist an der Geschichte nicht viel verändert worden. Am ehesten lässt sich die Serie daher auch mit Fantasy-Stoffen wie „Der Hobbit“ vergleichen, nur eben mit Kaninchen als Protagonisten. Wie viele andere Autoren nutzt Adams die Story um Hazel und seine Freunde für größere Themen, die hier eine Rolle spielen. Die Flucht vor dem sicheren Tod, das Leben in Gefangenschaft, die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen.

Unten am Fluss
Unterwegs trifft die Gruppe auf andere Kaninchen, die ein schlimmeres Schicksal erwartet.

Unten am Fluss: Dramatisches Abenteuer

Adams hat letzteres schon 1972 als Problem erkannt und bis zu seinem Tod im hohen Alter von 96 Jahren nie aus den Augen gelassen. Und so ist seine Story immer eine Allegorie auf das menschliche Verhalten. Auch deshalb ist Unten am Fluss für ganz junge Zuschauer einfach nicht passend. Um die Parallelen zu verstehen, braucht es ein älteres Publikum. Dass sich allerdings in der neuen Version mit einem merkwürdigen Look anfreunden muss. Denn die Macher um Regisseur Noam Murro („300 – Rise of an Empire“) gehen einen neuen Weg.

Hier gibt es weder die Perfektion eines Pixar-Films zu sehen, noch haben die Kaninchen die Niedlichkeit einer Disney-Verfilmung. Tatsächlich sehen sie fast aus wie echte Tiere und sind daher in den ersten Minuten auch gar nicht so einfach voneinander zu unterscheiden. Die Umgebung hingegen wirkt oft wenig detailreich und macht einen fast lieblosen Eindruck. Letztlich unterstreicht die Optik aber ebenfalls die Intention, hier keinen entzückenden Kinderfilm machen zu wollen. Und daher ist der Look durchaus passend.

Zwar nimmt sich die neue Version wie schon der Kinofilm ein paar Freiheiten im Nacherzählen des Romans, aber im Kern ist die Story die gleiche. Und die ist mit ihren Themen immer noch genauso aktuell wie 1972. Dennoch ist der Vierteiler nie belehrend oder ein langatmiger Vortrag über Politik, sondern bleibt immer eine spannende Geschichte von Hazels Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung – gepaart mit der stimmigen Mythologie der Kaninchen in Form von Geschichten über ihren Ahnherrn El-Ararairah. Und ist deshalb ähnlich sehenswert wie die Fassung von 1978.

Fazit:

Eine spannende Fantasy-Story für Kinder ab 12, und eine schmerzhaft stimmige Allegorie menschlichen Verhaltens für erwachsene Zuschauer. Auch die neue, stargespickte BBC-Adaption des berühmten Romans Unten am Fluss von Richard Adams bleibt Inhalt und vermittelten Werten der Vorlage treu. Und erzählt in gewöhnungsbedürftiger, aber durchaus passender Optik, die mitunter sehr düstere Geschichte um den Überlebenskampf einer Gruppe von Kaninchen. Martin Rosens Version bleibt unerreicht, aber die neue ist ebenfalls gelungen.

Gesehen: vier von vier Folgen

Unten am Fluss läuft ab dem 23. Dezember 2018 bei Netflix.

Unten am Fluss
Und auch ihre neue Heimat ist kein Paradies: Die Nachbarn werden von einem Tyrannen beherrscht, der keine freien Kaninchen akzeptiert.