Parfum

Serienkritik: Parfum

Deutschland ist Krimiland. Selbst bahnbrechende neue Serien wie „Babylon Berlin“ müssen im Kern ein Krimi sein, damit sie im eigenen Land etwas gelten. Das wissen auch Produzent Oliver Berben und Regisseur Philipp Kadelbach, die für die neue ZDF-Serie „Parfum“, die zuerst bei ZDF Neo läuft, verantwortlich zeichnen. Was die Serie tatsächlich mit dem Roman von Patrick Süskind zu tun hat und wie gut der Sechsteiler geworden ist, erfahren Sie hier.

1985 schrieb Patrick Süskind Das Parfum, das sicher zu den bedeutendsten und erfolgreichsten deutschsprachigen Büchern der vergangenen 50 Jahre gehört. 2006 nahm sich Bernd Eichinger mit Constantin Film des Stoffes an und setzte ihn mit Tom Tykwer als Regisseur um. Der Film wurde kommerziell zum Erfolg, die Kritiker waren allerdings weniger begeistert und fanden die Umsetzung meist zu bieder. Nun kommt Parfum als sechsteilige Serie ins TV, die mit dem Roman erst einmal nur den Namen und die Grundidee gemeinsam hat. Was kann sie?

Parfum
Profilerin Simon und Staatsanwalt Grünberg haben eine komplizierte Affäre – was beiden auf die Laune schlägt.

Parfum: Die Handlung

Der Mörder nähert sich schon, als die nackte Katharina, von allen nur „K.“ genannt, in ihren Swimming Pool springt. Am nächsten Morgen findet ihr Nachbar Roman (Ken Duken) den toten und zerschnittenen Körper. K. fehlen die Haare, zudem hat jemand ihr Drüsen aus achseln, Kopf und Unterleib geschnitten. Für Profilerin Nadja Simon (Friederike Becht) ein klarer Fall von Sexualmord mit anschließender Trophäensammlung. Doch so einfach scheinen die Dinge dann doch nicht zu liegen.

Denn bald stößt Simon, die mit Staatsanwalt Grünberg (Wotan Wilke Möhring) ein anstregend verlaufendes Verhältnis hat, auf eine Gruppe von alten Freunden um Roman, seine Frau Elena (Natalia Belitski), Zuhälter Butsche (Trystan Pütter) und Parfumeur Moritz (August Diehl). Sie alle hatten zur Toten ein mehr oder weniger inniges Verhältnis, das bis in die Schulzeit zurückreicht. Hat einer aus dieser Gruppe, die als Jugendliche von Süsskings Roman fast besessen waren, etwas mit dem Tod von K. zu tun? Oder ist der Mörder ein ganz anderer?

Parfum: Düster bis zur Schwärze

Die Deutschen lieben skandinavische Krimis, weil die meist so düster und verstörend ausfallen. Das wussten offenbar auch Berben, Kadelbach und Autorin Eva Kranenburg, als sie Parfum schufen. Denn auch dieser Sechsteiler ist derart dunkel, das manchmal sogar die Bilder nur noch aus schwarzen Figuren vor leicht hellerem Hintergrund bestehen. Am Niederrhein, so zeigt die Serie, ist es düster, regnerisch, kalt und tödlich. Selbst wenn einmal die Sonne scheint, wirken Menschen und Umgebung chromatisch und matt.

Das gilt neben der Optik auch für die Figuren der Geschichte. Ob die einst verschworene Schul-Clique oder die ermittelnden Beamten – hier finden sich nur sehr wenige Momente, in denen einer dieser Charaktere tatsächlich einmal sympathisch wirkt. Viel häufiger hat man den Eindruck, dass da entweder Roboter oder Choleriker gegen einen ganzen Haufen Psychopathen ermittelt. Auch wenn die eine oder andere Figur im Lauf der ersten drei Episoden zumindest Mitleid hervorruft – ans Herz wächst einem hier niemand.

Parfum
Natürlich ist Moritz als Parfumeur der perfekte Verdächtige – aber kann es so einfach sein?

Parfum: Zu künstlich, um zu packen

Das größte Manko der Serie sind aber ihre Dialoge. Was hier den armen Schauspielern teilweise in den Mund gelegt wird, hat mit normaler Umgangssprache sehr wenig zu tun. Und reißt den Zuschauer auch immer wieder aus der Illusion, er könnte es hier mit echten, lebendigen Menschen zu tun haben. Stattdessen wirkt das alles derart gekünstelt und gewollt, dass echte Spannung ebenso wenig aufkommt wie wirkliche Anteilnahme am grauenhaften Geschehen. Parfum ist selbst wie ein Hauch, der sich allzu schnell verflüchtigt. Substanz hat das nicht.

Was man den Schauspielern noch am wenigsten anlasten kann, die immerhin versuchen, ihren Figuren ein wenig Leben einzuhauchen. Leider ist die Serie aber so voller Klischees, dass die meisten Charaktere nur Abziehbildern bekannter Genre-Schablonen bleiben. Und gibt es in der Handlung dann auch einmal echte Tabubrüche, schrecken die Macher davor zurück, diese selbst im Ansatz zu zeigen. Und so erfährt der Zuschauer manches Schlüsselelement der Handlung lediglich aus dem Off. Was ebenfalls keinen starken Eindruck hinterlässt.

So dürfte es vielen Zuschauern bereits nach drei Folgen herzlich egal sein, wer die schöne K. nun wirklich getötet hat. Und das ist für einen Thriller wohl die Höchststrafe, die er kassieren kann. Sehr schade, da viele Elemente sich hier durchaus am richtigen Fleck befinden – nur eben einige wichtige Bausteine nicht. Dass der Bezug zu Süskinds Roman dann auch noch relativ dürftig ausfällt, wird Literaturfans, die sich auf eine eine adäquate, moderne Umsetzung der Story gefreut haben, ebenfalls nicht begeistern.

Fazit:

Was Parfum gern sein möchte, merkt der Zuschauer den düsteren Sets und wenig sympathischen Figuren schnell an – ein fieser, spannender Thriller. Dazu gehört aber eben auch eine spannende, emotional packende Handlung, die diese Serie schlicht nicht hinbekommt. Zu viele Klischees, wenig gelungene Dialoge und zu viele nur vermeintlich coole Momente trüben schnell den anfangs noch guten Eindruck einer modernen Adaption von Süskinds Roman-Welterfolg. Respekt für den mutigen Versuch, geglückt ist er leider nicht.

Parfum startet am 14. November 2018 bei ZDF Neo.

Gesehen: 3 von 6 Episoden

Parfum
Die Spur führt zurück in die Schulzeit und zu der Clique, in der das Opfer K. zuhause war – stammt auch ihr Mörder von dort?