Die Pest

Serienkritik: Die Pest

Belesene Bildungsbürger, die sich hier auf eine Umsetzung von Albert Camus‘ gleichnamigem Roman freuen, werden enttäuscht: Die spanische Serie „Die Pest“ basiert nicht auf diesem Buch. Doch ganz leer gehen literarisch interessierte Serienfans nicht aus, denn der Sechsteiler, der ab dem 19. Juli bei Sky zu sehen ist, wandelt auf den Spuren von „Der Name der Rose“. Ist er auch so gut?

Spanien ist in Sachen Kino und Serien längst aus dem Dornröschenschlaf erwacht, auch wenn viele Zuschauer das bis heute nicht so recht bemerkt haben. „Haus des Geldes“ erfreut sich bei Netflix weltweit großer Beliebtheit, Regisseure wie Jaume Balaguero („REC“) brachten frisches Blut in den europäischen Horrorfilm und Oriol Paulo überzeugte mit Thrillern wie „The Body“ oder „Der Unsichtbare Gast“. Können die Spanier auch historische Stoffe wie Die Pest?

Die Pest
Obwohl sich Mateo und Valerio nicht sonderlich mögen, müssen sie gemeinsam einen Mörder finden.

Die Pest: Die Handlung

Spanien im 16. Jahrhundert. Während in vielen Städten des Reiches die Pest wütet, hat der Freigeist Mateo (Pablo Molinero) andere Sorgen. Der Bote eines gestorbenen Freundes bittet ihn, nach Sevilla zu gehen und dort dessen Bastardsohn Valerio (Sergio Castellanos) zu finden und zu retten – als Gefallen, den Mateo dem Toten noch schuldet. Doch ausgerechnet in dieser Stadt wird Mateo als Ketzer gesucht, weil er Bücher veröffentlichte, die der Kirche nicht gefielen. Dennoch steht er zu seinem Wort und reist nach Sevilla.

Zwar kann sich Mateo bei einem Freund verstecken, doch die Suche nach Valerio ist nicht so einfach wie erwartet. Denn der Junge kennt sich in den Gassen der Stadt aus, lügt und betrügt wie ein Profi und hält wenig von der Rettungsaktion durch den Freund eines nie gekannten Vaters. Als Mateo schließlich in den Fängen der Inquisition landet, sieht er sein letztes Stündlein gekommen. Doch dann macht ihm die Kirche ein Angebot. Wenn er eine Reihe düsterer Morde aufklären kann, die in Sevilla begangen wurden, ist Mateo frei …

Die Pest: Langsamer Beginn

Stimmungsvoll, aber nicht gerade schnell – so beginnt Die Pest. Statt auf Tempo setzen die Macher Rafael Cobos und Alberto Rodriguez, die bereits gemeinsam den ungemein dichten Thriller „Mörderland“ schufen, auf Atmosphäre und glaubwürdiges Setting. Und so zeigt Die Pest auch ausgiebig das Leben des 16. Jahrhunderts, samt Markttreiben, Handwerkskunst und der allgegenwärtigen katholischen Kirche. Und schafft so erst einmal die Bühne für spätere Handlungsstränge.

Und die versprechen schon nach einer Folge viel. Eine reiche Frau, die sich von ihren Dienern junge Mädchen bringen lässt. Ein Freund Mateos, der möglicherweise sein eigenes Süppchen kocht. Valerio, der so gar nicht in die Rolle eines Helden passen mag – und vielleicht dennoch einer wird. Die Kirche, die sich in Zeiten der Not sehr viel pragmatischer verhält, als man ihr zutrauen würde. Genug interessante Plots, die Cobos und Rodriguez da auf Kosten höheren Erzähltempos anlegen.

Die Pest
Eine reiche Frau sucht in Sevilla nach hübschen, jungen Mädchen. Was hat sie mit ihnen vor?

Die Pest: Detektive zwischen Tod und Teufel

Vor allem aber die Mörderjagd, die in Folge eins noch nicht einmal beginnt, könnte sich im Verlauf der sechs Folgen zum Nägelkauer mausern, denn die passende Stimmung entwerfen die Macher mühelos. In mal düsteren, mal unerwartet hellen Bildern entwirft die Serie ein Sevilla voller Rätsel und Bedrohungen, wo sich jeder selbst der nächste ist. Obwohl es in einer ganz anderen Zeit spielt, erinnert das Settinf an die Schwarze Serie Hollywoods mit Bogart und Co. als abgebrühte Schnüffler. Denn auch dort lauerte hinter jeder Ecke der Tod – selbst ohne die Pest.

Auch die Beziehung zwischen Mateo und Valerio, die eigentlich das gleiche wollen, aber zunächst keine Vertrauensbasis finden, könnte für spannende Ermittlungen in den unterschiedlichen Stadtteilen Sevillas sorgen. In denen man ganz viele unterschiedliche Sprachen entdecken kann. So gab es in der ersten Folge, die auf Spanisch mit englischen Untertiteln gezeigt wurde, häufig auch Deutsch zu hören. Der Status Sevillas als bedeutendes Handelszentrum der damaligen Zeit und Tor zur Neuen Welt wird so geschickt mit der Handlung verwoben.

Leider zeigte Sky vorab nur eine Folge, was sehr knapp ist, um eine wirkliche Wertung vorzunehmen. Aber diese Episode konnte sowohl optisch als auch inhaltlich überzeugen und stellt einige spannende Figuren und Plots aufs Spielfeld. Man darf Cobos und Rodriguez zutrauen, damit eine sehr sehenswerte Mörderjagd inszeniert zu haben. Und eine zweite Staffel ist auch schon bestellt.

Fazit:

Kein Krimi von der Stange! Wenn sich zwei sehr ungleiche Ermittler im Sevilla des 16. Jahrhunderts auf Mördersuche begeben, um ihre eigene Haut zu retten, verspricht das nicht nur viel Spannung. Sondern auch eine historisch höchst interessante Serie, die in Spanien Zuschauer-Rekorde brach. Für Fans ungewöhnlicher Thriller wie Ecos Der Name der Rose oder „The Alienist“ definitiv ein Grund zum Einschalten.

Die Pest läuft ab dem 19. Juli in Doppelfolgen auf Sky.

Die Pest
Mateo findet in Sevilla Unterschlupf bei einem alten Freund – aber kann er dem wirklich trauen?