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Serienkritik: Dark

Lange hat es gedauert, doch nun steht mit „Dark“ die erste Netflix-Serie in den Startlöchern, die in Deutschland für den deutschen Markt gedreht wurde. Kann die Mystery-Serie, die deutliche Story-Parallelen zu „Stranger Things“ aufweist, überzeugen?

Einige der besten Serien der vergangenen Jahre waren auch deshalb so stark, weil ein einziger Regisseur alle Folgen inszenierte. Das gilt beispielsweise für die erste Staffel von „True Detective„. Auch Dark wurde so gedreht, der Schweizer Baran bo Odar („Who Am I?“) führte bei allen zehn Folgen der ersten Staffel Regie. Merkt man das? Und wie wirkt sich das auf die Qualität von Dark aus?

Dark
Stammt der Fremde aus einer anderen Zeit? Er scheint mehr zu wissen, als alle anderen.

Dark: Die Handlung

Eine Kleinstadt in Deutschland, die ihre Geheimnisse hat. Das nahe Kernkraftwerk hat mit seinen extremen Sicherheitsvorkehrungen schon immer die Neugier der Jugendlichen im Dorf angestachelt. Und offenbar sind in der Vergangenheit auch schon Menschen verschwunden. Jetzt beginnt dieses Phänomen von Neuem. Erst verschwindet Eric, ein Abiturient. Und bei einem nächtlichen Spaziergang im Wald geht der kleine Mikkel, Sohn des Polizisten Ulrich Nielsen (Oliver Masucci, „Er ist wieder da“) verloren. 

Der letzte, der ihn gesehen hat, ist Jonas Kahnwald (Louis Hofmann), ebenfalls Abiturient – und immer noch mit dem Selbstmord seines Vaters beschäftigt. Er begreift als einer der ersten, dass es in der Umgebung der Kleinstadt offenbar Dinge gibt, die sich nicht so einfach mit dem Verstand erfassen lassen. Mehr weiß scheinbar ein geheimnisvoller Fremder, der sich im örtlichen Hotel einmietet und beginnt, komplexe Pläne und Akten an die Wände zu heften. Will er den Einwohnern helfen? Oder ist er die Wurzel des Problems?

Dark: Düstere Atmosphäre

Mystery trifft Soap, so ließe sich Dark in kurzen Worten gut zusammenfassen. Denn neben der unheimlichen Komponente, in der Kinder verschwinden und unerklärliche Leichen auftauchen, gibt die Serie auch zwischenmenschlichen Beziehungen breiten Raum. So hat Ulrich ein Verhältnis mit Jonas‘ Mutter und der Vater des verschwundenen Eric ist auch nicht so unbescholten, wie man meint. Ohnehin machen die Autoren der Serie schnell deutlich, dass einige Familien der Stadt nicht nur dunkle Geheimnisse mit sich herumtragen, sondern dass die Clans auch auf unheilvolle Weise miteinander verwoben sind. Und das nicht erst seit gestern.

Schnell deutet Dark an, dass es hier offenbar um Zeitphänomene geht, das wird schon in der ersten Folge deutlich. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Twist nicht die große Überraschung der Serie sein soll – die wäre schlicht zu früh verraten. Aber egal, was bo Odar gerade erzählt, es ist stets von einer düsteren Atmosphäre umweht. Grauer Himmel, Dauerregen, menschenleere Straßen: Er findet Bilder, die die nicht greifbare, aber immer vorhandene Atmosphäre einer Bedrohung gut einfangen. Dark hält den Zuschauer dauerhaft unter Stress, denn sie suggeriert, dass jederzeit etwas völlig Unvorhergesehenes passieren kann. Das erinnert ein wenig an die US-Serie „Lost“,die es leider nicht geschafft hat, aus ihrem selbst geschaffenen Chaos eine vernünftige Auflösung zu machen. Bleibt zu hoffen, dass es Dark nicht ebenso geht.

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Polizistin Charlotte (Karoline Eichhorn) sucht im Wald nach Spuren von Mikkel.

Dark: Nicht alles Gold

So interessant sich Dark nach einigen Folgen präsentiert, so hat die Serie auch Schwächen. Nicht alle Schauspieler sind derart überzeugend wie Masucci und Hofmann, einige wirken mit ihren Rollen schlicht überfordert und unglaubwürdig. Dazu kommen einige Figuren, die recht platt und klischeehaft geschrieben sind, wie der böse Boss des Atomkraftwerks. Und schließlich sind auch manche Dialoge nicht auf den Punkt gebracht, sondern wirken künstlich und unecht.

So bleibt die im Grundsatz coole Idee, dass mehrere Familien im Ort durch Zeit und Raum miteinander verbunden zu sein scheinen, als großer Pluspunkt, der das Zusehen interessant hält. Dafür gilt es dann eben, die eine oder andere Kröte zu schlucken. Nach den ersten Folgen lässt sich sagen, dass Dark eine interessante, mutige Serie werden könnte. Vorstellbar ist aber auch, dass sich der große Twist als heiße Luft entpuppt. Das dürfte bei dieser Serie auch Geschmackssache sein. Die erste deutsche Netflix-Serie ist definitiv kein Fehlschlag, hat aber nach den ersten Folgen durchaus noch Luft nach oben.

Fazit:

 Der Beginn der Netflix-Serie verspricht einiges, enttäuscht aber im Detail. Wenn sich die Serie in ihrem Verlauf etwas weniger auf Soap-Elemente und mehr auf Mystery konzentriert, könnte daraus aber noch eine richtig gute Show werden. Die passende Atmosphäre und genug Potenzial bringt Dark mit. Nun müssen nur ein paar Dialoge und Schauspieler noch ein wenig zulegen. Dann würde das deutsche Publikum dieses Jahr nach dem furiosen „Babylon Berlin“ noch eine zweite Top-Serie aus dem eigenen Land zu sehen bekommen.

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