Sabrina

Serienkritik: Chilling Adventures of Sabrina

Der Großteil der Welt kennt die Teenager-Hexe als Comedy-Serie aus den 90ern mit Melissa Joan Hart. Doch in „Chilling Adventures of Sabrina“ geht es trotz der eigentlich gleichen Hauptfigur gänzlich anders zu. Die neue Sabrina basiert auf einem Comic, der erst seit 2014 existiert – und deutlich düsterer und ernster ist als das Original. Netflix ist offenbar überzeugt von der Serie, denn der Streaming-Anbieter gab gleich zwei Staffel am Stück in Auftrag. Die erste startet jetzt – wie gut ist sie?

Mit „Riverdale“ begann 2017 eine TV-Serie, deren Comic-Wurzeln bis in die 1940er zurückreichen. In den „Archie“-Comics entstanden viele der Charaktere, die nun die Serie bevölkern. Auch Sabrina Spellman, eine Halb-Hexe, erblickte das Licht der Welt in den Archie-Comics – schon 1962. Damals eher im Bereich harmloser „Funnies“ angesiedelt, erlebte die junge Hexe 2014 mit den Chilling Adventures of Sabrina einen Reboot, der die Storys deutlich düsterer und ernster machte. Funktioniert das auch als TV-Serie?

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Die junge Sabrina Spellman soll in wenig Tagen ihr Dasein Satan verschreiben – wie alle Hexen vor ihr.

Chilling Adventures of Sabrina: Die Handlung

Die fast 16-jährige Sabrina Spellman (Kiernan Shipka) lebt bei ihren beiden Tanten Hilda (Lucy David) und Zelda (Miranda Otto, Eowyn aus „Der Herr der Ringe“) und ihrem Cousin Ambrose (Chance Perdomo). In wenigen Tagen steht für die junge Frau, die zur Hälfte sterblich und zur Hälfte Hexe ist, ihre Weihung zur Voll-Hexe an, in der sie sich ganz Satan verschreiben soll. Doch ihr menschlicher Freund Harvey (Ross Lynch), den sie sehr liebt, sowie ihre besten Freundinnen Rosalind (Jaz Sinclair) und Susie (Lachlan Watson) machen ihr den Abschied schwer.

Je näher der Tag kommt, desto unsicherer wird sie. Da hilft auch der Besuch des Hohepriesters Blackwood (Richard Coyle, „Coupling“) wenig, der Sabrina von ihrer Weihung überzeugen will. Und dass sich in dem kleinen Ort auch noch ein fieser Dämon in Form einer Lehrerin von Sabrina herumtreibt, um dafür zu sorgen, dass sie ganz sicher in den Fängen von Satan landet, macht es der jungen Hexe auch nicht leichter. Doch Sabrina hat ihren eigenen Kopf und schafft es mit Magie und Menschenverstand immer wieder, gefährliche Situationen zu meistern …

Chilling Adventures of Sabrina: Buffy lässt grüßen

Eine junge, hübsche Blondine, die sich mit den Mächten der Finsternis anlegt und dabei selbst übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Wer sich ein wenig in Serien auskennt, denkt dabei sicher sofort an Joss Whedons Klassiker „Buffy im Bann der Dämonen“. Und der Vergleich geht auch völlig in Ordnung. Zwar weist Sabrina nicht den Humor von Whedons Serie auf, aber beim Gruselfaktor kann die Hexe durchaus mithalten. Und dürfte daher auch eine Freigabe ab 16 Jahren zu erwarten haben. Für Kinder ist diese Serie definitiv nichts!

Denn Sabrina muss sich mit Flüchen, bösen Hexen, Dämonen und Besessenheit herumschlagen. Aber auch mit Themen wie Mobbing in der High-School, unter dem ihre Freundin Susie regelmäßig zu leiden hat. Oder dem herrischen Vater ihres Freundes Harvey. Serienerfinder Roberto Aguirre-Sacasa, der bereits die Comicreihe 2014 schrieb, erschafft hier also ein dunkles Universum, in dem die teilweise herzensguten Figuren fast wie Fremdkörper herumlaufen. Seltsamerweise funktioniert die Serie dennoch ausgezeichnet.

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Dass Sabrina mit dieser Entscheidung hadert, passt ihren Hexentanten Zelda und Hilda, bei denen sie lebt, gar nicht.

Chilling Adventures of Sabrina: Bekannte Versatzstücke, frisch gemacht

Neben Buffy erinnert die Serie auch an Harry Potter, da sich die Welt der Magie parallel zur Welt der Menschen befindet. Zudem tauchen in einzelnen Folgen klare Verbeugungen vor Horrorklassikern wie „Der Exorzist“ oder „Nightmare on Elm Street“ auf. Das wird zwar nie so hart wie das Original, aber für ein paar ordentliche Schock-Momente reicht es. Dabei gelingt es Aguirre-Sacasa aber immer wieder, auch witzige oder zumindest helle Momente zu kreieren. So ist das Liebespaar Sabrina und Harvey ein Fels aus süßem Kitsch in der Horror-Brandung.

Zudem darf selbst die herzensgute Sabrina immer wieder auch dunkle Seiten zeigen, wenn sie gegen fiese Mitschüler mit rabiaten Mitteln vorgeht oder dem unfreundlichen Schul-Rektor eine schlaflose Horrornacht bereitet. Und auch Hilda und Zelda, von Davis und Otto mit sichtlichem Spaß gespielt, sind als naiv-freundliche Version einer Hexe und der auf Standesdünkel bedachten dunkelgrauen Variante nicht immer nur nett und lustig. Aguirre-Sacasa hat in den ersten Folgen dabei einen roten Faden, lässt aber einzelne Episoden auch gut für sich stehen.

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Doch die Liebe zu ihrem sterblichen Freund Harvey macht es Sabrina schwer, ihr Leben als Mensch aufzugeben.

Chilling Adventures of Sabrina: Viel Licht und wenig Schatten

So ungewöhnlich das Setting der Serie ist, gelingt es Chilling Adventures of Sabrina doch, eine interessante Mischung aus schwarzem Humor, spannenden Storys und handfesten Gruselelementen zu etablieren. Und sich dabei auch noch vor den Größen des Genres zu verbeugen. So stammt beispielsweise die allererste Szene der Serie aus „Night of the Living Dead“ von George R. Romero, den sich Sabrina und ihre Freunde im Kino ansehen.

Die Titelfigur trägt dabei die Hauptverantwortung für die Qualität der Serie, und die spielt die 18-jährige Kiernan Shipka, die schon Erfahrung als Jon Hamms Tochter in „Mad Men“ sammelte, ganz ausgezeichnet. Als Blondine mit Schmollmund, die viel cleverer ist, als ihre Garderobe und ihr Auftreten vermuten lassen, dürfte sie vor allem fürs junge weibliche Publikum die perfekte Identifikationsfigur sein. Und wer mit ihr doch nicht so viel anfangen kann, wird sicher bei einer der anderen Frauenfiguren der Serie fündig. Männer sind hier nämlich eher Nebensache.

Als einzigen echten Negativpunkt muss man anführen, dass Aguirre-Sacasa in fast jeder Folge einen nicht immer nachvollziehbaren Grund findet, warum Sabrina sich bis auf knappe Unterwäsche ausziehen muss. Das wird zwar nie offen erotisch inszeniert, überrascht angesichts der zu Beginn erst 15-jährigen Hauptfigur aber doch ein wenig. Und gibt der Serie einen Beigeschmack, den sie nicht gebraucht hätte. Denn mit der den Hexen zugeschriebenen offensiven Erotik hat Sabrina sonst so gar nichts am Hut – und die Serie auch nicht.

Fazit:

Überraschung dunkel und gruselig präsentiert sich die Nachfolge der harmlosen Comedy-Serie aus den 90ern. Chilling Adventures of Sabrina ist gut geschrieben, gut gespielt und gut getrickst. Und schafft es, trotz offensichtlicher Parallelen zu vielen bekannten Serien und Filmen, etwas Eigenständiges zu erzählen. Wer früher Buffy mochte oder sich allgemein auf eine Mischung aus Romantik, schwarzem Humor und Horror einlassen kann, wird an dieser jungen Hexe sicher seinen Spaß haben.

Chilling Adventures of Sabrina startet am 26. Oktober 2018 bei Netflix.

Gesehen: sechs von zehn Folgen.

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Wird die junge Frau dennoch unter Anleitung des Hohepriesters Blackwood ihren Namen mit Blut in das Buch des Biests schreiben?