Beat

Serienkritik: Beat

Nach „You are Wanted“ präsentiert Amazon Prime mit „Beat“ nun die zweite deutsche Serie in Eigenproduktion. Nach dem Cyber-Thriller mit Matthias Schweighöfer schickt die gleiche Produktionsfirma nun Jannis Niewöhner in die pulsierende Techno-Szene. Kann die siebenteilige Serie den Aufwärtstrend deutscher Produktionen in den vergangenen Jahren bestätigen?

Natürlich ein Krimi! Selbst wenn in Deutschland hochklassige Serien wie „Babylon Berlin“ entstehen, dann steht zumindest vordergründig eine Krimi-Handlung im Mittelpunkt der Geschichte. Das ist auch bei Beat nicht anders. Regisseur und Ideengeber Marco Kreuzpaintner („Krabat“) packt seine Story allerdings noch mit etlichen anderen Aspekten randvoll. Hat er es dabei übertrieben oder funktioniert das Sammelsurium aus Drama, Thriller und Krimi?

Beat
Berlins Techo-Clubs, viel Drogen, Alkohol und Sex – das ist die Welt von Beat.

Beat: Die Handlung

Beat (Jannis Niewöhner) heißt eigentlich Robert, aber nur unter seinem Spitznamen kennt ihn die ganze Berliner Techno-Szene. Im eigenen Club durchzecht Beat die Nächte, jobbt als Promoter und Problemlöser und macht sich wenig Gedanken um die Zukunft. Das ändert sich, als im Club plötzlich die toten Körper zweier junger Mädchen entdeckt werden und wenig später die europäische Geheimpolizei in Person der Agentin Emilia (Karoline Herfurth) auf ihn zukommt. Er soll die Machenschaften des neuen Club-Mitbesitzers Philipp Vossberg (Alexander Fehling) ausspionieren.

Damit ist das Chaos in Beats Leben noch nicht komplett. Denn ein seltsamer Mann namens Jasper (Kostja Ullmann) taucht plötzlich auf, der mit Beat eine gemeinsame Vergangenheit zu haben scheint. Beide sind in einem Waisenhaus aufgewachsen, bei Jasper hat das offenbar geistige Schäden hinterlassen. Er gilt als Hauptverdächtiger im Fall der toten Mädchen. Tatsächlich scheint er mehr über Vossbergs Geschäfte zu wissen, der offenbar einen florierenden Organhandel betreibt. Das interessiert auch Emilias Chef Richard (Christian Berkel) brennend …

Beat: Atmosphärisch dicht

Auch wenn Kreuzpaintner seine Geschichte mit etwas zu vielen Klischees unnötig verwässert und auch deutlich überfrachtet, so fängt er doch die Atmosphäre der kühlen Clubs und der wabernden Menge zu Techno-Sounds ausgezeichnet ein. Selbst wenn der ständige Drogenkonsum und der einfache Sex übertrieben wirken, so trifft Kreuzpaintner doch im Kern das Gefühl der Millennium-Generation. Und macht auch Berlin zu einem echten Nebendarsteller von Beat. Das kann allerdings nicht über einige Schwächen der Story hinweghelfen.

Denn hier will Kreuzpaintner eindeutig zu viel. Neben dem Krimiplot um den eiskalten Geschäftsmann Voss, glaubhaft verkörpert von Alexander Fehling, gibt es zusätzlich noch den durchgeknallten Jasper, zwielichtige Agenten und die Geschichte zum Beats verschwundene Eltern. Das ist für die siebenteilige Serie eindeutig zu viel, denn es bleibt schlicht zu wenig Zeit, um die Charaktere für die unterschiedlichen Storylines mit genug Tiefe zu versehen. Und so verpufft manch gute Idee an der gehetzten Erzählung.

Beat
Doch dann tritt der europäische Geheimdienst in Person von Richard und Emilia an Beat heran: Er soll einen Geschäftsmann ausspionieren.

Beat: Stark gespielt, mäßig geschrieben

Kreuzpaintner gelingt es, ein starkes Ensemble vor die Kamera zu holen. Jannis Niewöhner („Jugend ohne Gott“) zeigt wie so oft seine ungemein starke, physische Präsenz und wird so sehr schnell zum Helden der Geschichte. Karoline Herfurth ist als Agentin, die Beats Leben durchaus reizvoll findet, aber auch in ihrer beherrschten Welt bleiben muss, ganz stark. Und auch Fehlings rechte Hand Lina (Anna Bederke), überzeugt als Killerin mit der Ausstrahlung eines Kühlschranks. Ebenso wie Karl Markovics („Babylon Berlin“) als Arzt mit Gewissen.

Kostja Ullmann hingegen ist mit der undankbaren Rolle des Jasper überfordert und wirkt meist eher albern als bedrohlich. Und auch Christian Berkel ist als klischeebehafteter Geheimdienst-Chef nicht sonderlich gefordert. Wenn eigentlich gute Schauspieler nicht überzeugen, dann sind es meist die Rollen, die einfach nicht gut genug ausgearbeitet sind. Und das ist auch hier der Fall. Wenn manche Dialoge schnoddrig-rotzig auf den Punkt geschrieben sind, während andere viel zu künstlich und gestelzt wirken, dann merkt man dem Script an, dass noch Politur gefehlt hat.

Das ändert aber nichts daran, dass Beat in weiten Teilen extrem spannend und unterhaltsam ist. Und auch in Sachen Brutalität und Dunkelheit des Plots mit den US-Vorbildern mithalten kann. Denn die starke inszenierte Action und die zumindest meist interessanten Wendungen der Geschichte hält die Neugier auf die Auflösung ständig oben und macht es dem Zuschauer nicht leicht, den Fernseher abzuschalten.

Fazit:

Es hätte nicht viel gefehlt, und Marco Kreuzpaintners Beat wäre statt einer guten eine spektakuläre Serie geworden. Leider leidet sie letztlich darunter, dass der Regisseur und Autor etwas zu viele Handlungsstränge in seinen Plot gepackt hat, um alle adäquat zu erzählen. Dennoch gelingen ihm Momente, die man nicht so schnell vergisst. Was auch der emotionalen Härte geschuldet ist, die Beat im Lauf der düsteren Story aufbaut. Für Krimifans ist die Serie daher in jedem Fall einen Blick wert.

Beat läuft ab dem 9. November 2018 bei Amazon Prime.

Gesehen: 7 von 7 Folgen.

Beat
Vossbergs rechte Hand Lina geht für die Interessen ihres Bosses über Leichen.