Wahrheit oder Pflicht

Filmkritik: Wahrheit oder Pflicht

Die Produktionsfirma Blumhouse zeichnete in den vergangenen Jahren für einige der besten Horrorfilme überhaupt verantwortlich. Darunter kleine und große Perlen wie „Get Out“, „Das Belko-Experiment“ oder „Happy Death Day“. Allerdings produzierte das Team um Jason Blum auch weniger überzeugende Genrefilme wie das „Martyrs“-Remake oder „Amityville: The Awakening“. In welche Qualitäts-Kategorie fällt „Wahrheit oder Pflicht“?

Keine Frage, das Konzept lohnt sich. Immer wieder finanziert Blumhouse kleinere Horrorfilme für fünf bis zehn Millionen Dollar und trägt häufig genug das Zehnfache von den Kinokassen nach Hause. Auch Wahrheit oder Pflicht, der bereits Mitte April in den USA startete, hat bei einem Budget von etwa vier Millionen Dollar plus Marketing-Mittel fast 60 Millionen Dollar eingespielt. Und ist damit schon vor dem Deutschlandstart ein Erfolg – zu Recht?

Wahrheit oder Pflicht
Und so beginnt es: in einer alten Kirche in Mexiko spielen die Teenager Wahrheit oder Pflicht – mit schrecklichen Folgen.

Wahrheit oder Pflicht: Die Handlung

Eine College-Clique um die beiden besten Freundinnen Olivia (Lucy Hale, „Pretty Little Liars“) und Markie (Violett Beane, Jesse Quick aus „The Flash“) will ihren letzten gemeinsamen Spring-Break in Mexiko feiern – und landet am letzten Abend durch einen Zufall mit einem scheinbar netten Fremden in einer alten Kirche. Dort fordert der Fremde, der sich Carter nennt, die Gruppe auf, mit ihm Wahrheit oder Pflicht zu spielen – und tritt damit unheimliche Vorgänge los.

Denn wieder zuhause, merkt Olivia bald, dass das Spiel nicht beendet ist, sondern noch immer läuft. Wer nicht mitspielt, ist wenig später tot. Wer mitspielt, dann aber die gewählte Aufgabe verweigert, stirbt ebenfalls. Nur wer wahrheitsgemäß antwortet oder die gestellte Aufgabe erledigt, lebt weiter – vorerst. Denn das Spiel endet nicht nach einer Runde, sondern scheint überhaupt nicht zu stoppen. Und so versuchen Olivia und ihre Freunde herauszufinden, wie das Spiel ursprünglich einmal begonnen hat, um es zu überleben …

Wahrheit oder Pflicht: Teenies dezimieren

Der extrem generische Trailer ließ nichts Gutes erahnen. Dort wirkte es, als bekäme das Horrorpublikum einen klassisch-langweiligen Film zu sehen, indem eine Gruppe Teenager einer nach dem anderen stirbt – wie in hunderten von Filmen vorher. Und so ganz falsch ist das auch nicht. Denn der Hauptplot tut genau dies und tritt dabei in die Fußstapfen zahlreicher Slasher-Filme wie „Halloween“ oder „Freitag, der 13.“, aber auch Serien wie „Final Destination“ und andere typische Genrevertreter.

Dass Wahrheit oder Pflicht dennoch ansehnlich geraten ist, liegt denn auch nicht an der Story, an der nicht weniger als vier Autoren gewerkelt haben. Hier ist dem Quartett nur wenig Neues eingefallen. Einen besseren Job haben sie hingegen bei der Charakterzeichnung abgeliefert, denn nur aus diesem Grund ist der Film sehenswert. Seine Figuren sind so lebendig, sympathisch und glaubwürdig, dass man im Kinosessel mit ihnen mitleidet und nicht möchte, dass einer von ihnen stirbt. Aus dieser emotionalen Bindung zieht der Film seine Schauwerte.

Wahrheit oder Pflicht
Auch Markie und ihr Freund Lucas geraten in Lebensgefahr durch das Spiel.

Wahrheit oder Pflicht: Routiniertes Horrorkino

Regisseur Jeff Wadlow („Kick Ass 2“, „The Strain“) setzt den Überlebenskampf der Gruppe routiniert in Szene und weiß, wie er die Zuschauer dazu bringt, um ihre Helden zu zittern. Ob ein Mädchen sturzbetrunken auf dem Dachsims balancieren oder eine Freundin der anderen die Hand brechen muss – Wadlow zieht immer dann die Spannung an, wenn man zu wissen glaubt, was als nächstes geschieht – und überrascht oft genug. Das muss man mit einem derart ausgelutschten Plot erstmal schaffen.

Und so präsentiert Blumhouse mit Wahrheit oder Pflicht einen Vertreter aus dem Mittelfeld ihrer bisherigen Werke. Wahrheit oder Pflicht kann mit guten Darstellern und viel Mitgefühl für seine Figuren punkten und erzählt seinen eigentlich bekannten Plot halbwegs originell und mit einigen guten Ideen, vor allem gegen Ende. Er hat aber ein Problem, das ein Horrorfilm eigentlich auf keinen Fall haben darf: Er ist nicht wirklich gruselig. Wer hier wirklich Angst bekommt, kann noch nicht sonderlich viele Filme des Genres gesehen haben. Da wäre mehr gegangen – und auch nötig gewesen. Eine Fortsetzung, die fast sicher kommt, kann das ja besser machen.

Fazit:

Bei Wahrheit oder Pflicht reißen es vor allem die gut geschrieben und sympathischen Darstellern heraus, denn wirklich gruselig ist der Film nie. Immerhin verfügt Jeff Wadlows Inszenierung über ein originelles Ende und ein paar dramatische Szenen, setzt aber auch immer wieder auf Spannung durch die zwischenmenschlichen Konflikte in der Gruppe statt auf derbe Blut-Effekte. Kein großer Wurf, aber auch kein Totalausfall – eine Horrorfilm-light-Ausgabe, den man sich als Genrefan ansehen kann, aber nicht muss.

Wahrheit oder Pflicht startet am 10. Mai 2018 in den deutschen Kinos.

Wahrheit oder Pflicht
Die böse Macht, die die Teenager zum Spielen zwingt, erkannt man im Film am leicht albernen Joker-Lächeln.