Spielmacher

Filmkritik: Spielmacher

Fußball ist in Deutschland mehr als einfach nur ein Sport. Oft stecken Lebensgefühl oder fast religiöse Verehrung dahinter. Eigentlich also höchste Zeit, dass der Fußball auch im Kino als Thema auftaucht. Mit „Spielmacher“ ist es jetzt soweit. Macht Regisseur Timor Modersohn den rein oder dribbelt er sich ins Aus?

In Gangsterfilmen ist die Geschichte vom Underdog, der bereits einmal gefallen ist, sehr beliebt. Unlängst erzählte Regisseur Özgür Yildirim mit „Nur Gott kann mich richten“ die düstere Story eines Ex-Knackis auf dem Weg in ein neues Leben. Nun versucht sich Modersohn an einem ähnlichen Plot. Funktioniert die Mischung aus Milieustudie und hartem Gangsterdrama auch im Sportumfeld?

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Vera bringt Hoffnung in Ivos Leben. Kann er die Mutter von Talent Lukas aus seinen kriminellen Machenschaften heraushalten?

Spielmacher: Die Handlung

Als Ivo (Frederick Lau) aus dem Knast kommt, ist keiner da, um ihn zu begrüßen. Einst war der gebürtige Kroate ein aufstrebender Stern am lokalen Fußballhimmel, hatte das Zeug zu mehr. Doch stattdessen nahm er Geld, verlor absichtlich und wurde betrogen. Nun will der geläuterte Heißsporn nur einen neuen Platz im Leben finden. Sein ehemaliger Trainer (Paul Faßnacht) versucht, ivo dabei zu helfen, doch er ist selbst todkrank und kann nur wenig tun.

Und Ivo findet keinen Job, verfällt schließlich mit seinem letzten Geld auf die Idee, eine Sportwette zu platzieren – und gewinnt. Dadurch wird Dejan (Oliver Masucci), der Boss der Wettmafia im Gebiet, auf ihn aufmerksam. Und bietet ihm an, als Scout auf den Plätzen in der Region nach neuen Stars Ausschau zu halten. Als Ivo beim Training das neue Talent Lukas (Matteo Wansing Lorrio) sieht, bemerkt er dessen Können – und dessen hübsche Mutter Vera (Antje Traue). Alles scheint sich zum Guten zu wenden. Doch dann zeigt Dejan langsam sein wahres Gesicht und für Ivo geht es bald um Leben und Tod …

Spielmacher: Authentischer Look

Will man einen Film inszenieren, der sich im Ruhrpott mit Fußball beschäftigt, muss der Look stimmen, um glaubwürdig zu sein. Und das hat Timor Modersohn mit seinen Bildern vom 60er Jahre Beton-Charme der Bolzplätze und Trainingsanlagen glänzend geschafft. Dazu kommen die kantigen Gesichter seiner Hauptdarsteller Frederick Lau („Simpel“) und Oliver Masucci („Dark“), die nicht besser hätten besetzt werden können. Und auch die Sprache, die man dort spricht, wo der Film spielt, fängt Spielmacher ausgezeichnet ein. So bringt Modersohn die wichtigsten Zutaten zusammen, um einen wirklich authentischen Film zu drehen.

Auch bei der Story macht Modersohn nicht den Fehler, zuviel hineinpacken zu wollen. Er erzählt die Geschichte des vorprogrammierten Verlierers Ivo, dem das Leben neue Hoffnung macht, um ihn dann nur tiefer ins Elend zu stürzen, ohne viele Schlenker oder zusätzliche Nebenhandlungen. Nur kurz reißt das Drehbuch von Christian Precht die Krankheit des Trainers an, das Leben vor dem Knast, die Vergangenheit von Vera. All das sind kleine Einsprengsel, die den Film glaubhafter und lebendiger machen, aber keine Ablenkungen vom Hauptthema.

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Um Lukas auf den richtigen Weg zu bringen, ringt sich Ivo zu einer großen Geste durch.

Spielmacher: Groß aufgespielt

Dass Spielmacher so intensiv ist, verdankt er seinem guten Cast und zu allererst seinem Hauptdarsteller Frederick Lau. Den vom Leben herumgeschubsten Underdog mit kurzem Docht, der dennoch stets versucht, etwas Richtiges zu tun, nimmt man Lau von der ersten Szene an sofort ab. Und begleitet ihn auf seinem Strudel in die Tiefe der internationalen Wettmafia und Großkriminalität. Dass der Film dabei Parallelen zum tatsächlichen Wettskandal 2005 aufweist, ist sicher kein Zufall. Und auch Oliver Masucci gibt den eiskalten und doch so charismatischen Gangsterboss ohne Übertreibungen oder Macken – und deshalb umso erschreckender.

Die Besonderheit vom Spielmacher ist aber auch, dass der Zuschauer spätestens nach 20 Minuten zu wissen glaubt, wie dieser Film ausgehen wird, ja ausgehen muss. Und es Modersohn gelingt, sein Publikum da zu überraschen, ohne den Film deshalb weniger glaubhaft oder realistisch zu machen. Einziges Manko des Films: So gut er seine Story auch erzählt, echtes Kinoformat hat Spielmacher selten. Meist überwiegt das Gefühl, einen sehr guten Fernsehfilm zu sehen, weil die Bilder mit der Intensität der Geschichte nur selten mithalten können.

Einige wenige Szenen wie ein Tauchgang in einer Zisterne oder ein Verbrechen im Steinbruch zeigen, dass es gegangen wäre. Aber zu oft bleibt der Film dem TV-Look verhaftet und macht Spielmacher so ein wenig kleiner, als er hätte sein müssen. Wer auf Kino-Optik weniger Wert legt als auf eine packende Story, ist hier dennoch richtig. Aber Sportfans seien gewarnt: Um Fußball geht es letztlich nur am Rande.

Fazit:

Gelungener Mix aus Milieustudie und Gangsterdrama, der hauptsächlich durch seine tollen Schauspieler glänzt. Der jederzeit authentisch wirkende Film kann zwar optisch die Leinwand nicht immer überzeugend füllen, besticht aber durch intensive Momente und eine packende, straff erzählte Verlierer-Story. Und überrascht mit seinem Ende.

Spielmacher startet am 12. April 2018 in den deutschen Kinos.

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Aber Dejan hat andere Pläne mit dem Jungen.