Rocca

Filmkritik: Rocca verändert die Welt

Wenn eine Regisseurin bei ihrem Langfilm-Debut auf Stars wie Fahri Yardim, Mina Tander, Cordula Stratmann und Barbara Sukowa zurückgreifen kann, dann ist das allein schon einen Blick auf „Rocca verändert die Welt“ wert. Worum es in der modernen Version eines Astrid Lindgren-Klassikers geht und ob sich der Kinobesuch lohnt, erfahren Sie hier.

Wer das Original nicht kennt, dem wird es auch nicht auffallen, aber Hilly Martineks (auch Script zu „Honig im Kopf“) Drehbuch erinnert doch sehr an Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf. Ein naiv-kluges Mädchen, das allein in einer Villa lebt, statt einem Affen ein Eichhörnchen auf der Schulter sitzen hat und sich mit den Nachbarskindern (nein, nicht Tommy und Annika) anfreundet – da sind die Parallelen mehr als deutlich. Zumal Cordula Stratmann auch noch eine Art „Prusseliese“ gibt. Kann das einen neuen, originellen Film ergeben?

Rocca
Weil Roccas Vater auf der ISS weilt, soll das Mädchen zur Großmutter nach Hamburg kommen. Doch die ist nur bedingt begeistert.

Rocca verändert die Welt: Die Handlung

Auf dem Hamburger Flughafen landet etwas hoppelig ein großes Passagierflugzeug. Als erste springt die elfjährige Rocca (Luna Maxeiner) heraus und kann auf ihrem Skateboard verschwinden, bevor die Sicherheitskräfte des Flughafens bei der Maschine eintreffen. Denn nachdem die Piloten durch Lebensmittelvergiftung ausfielen, hat das Mädchen das Flugzeug selbst geflogen und gelandet. Warum? Weil Rocca im kasachischen Baikonur aufgewachsen ist,  da ihr Vater dort Astronaut ist – und sie diverse Flugsimulatoren schon in- und auswendig kennt.

Das ungewöhnliche Mädchen soll in Hamburg bei seiner Großmutter (Barbara Sukowa) leben und zur Schule gehen, weil ihr Papa (Volker Bruch) einige Monate auf der ISS weilt. Schon auf dem Weg dorthin sammelt sie ein verletztes Eichhörnchen auf, das sie auf den Namen Klitschko tauft – und das ihre Großmutter am nächsten Morgen so erschreckt, dass diese stürzt und ins Krankenhaus muss. Nun ist Rocca ganz allein im Haus – nach Ansicht ihres Schuldirektors ein unhaltbarer Zustand, der eine Beamtin vom Jugendamt (Cordula Stratmann) auf den Plan ruft …

Rocca verändert die Welt: Naiv, aber wahr

Das Grundgerüst der Geschichte nutzt Drehbuchautorin Martinek dazu, sich mit realen und aktuellen Problemen von Kindern zu beschäftigen. Dazu erschafft sie mit der Hauptfigur Rocca (eine Abkürzung von fünf verschiedenen Vornamen) eine Figur, die Pippi Langstrumpf zwar ähnelt, aber genug eigenen Charme entwickelt, um kein plumpes Plagiat zu sein. Dazu gibt sie ihr den glaubwürdigen Hintergrund, nur unter Erwachsenen aufgewachsen zu sein, die alle jederzeit für sie da waren und ihr Rede und Antwort standen.

Und deshalb kennt Rocca es auch nicht anders, als auf jeden unbefangen und neugierig zuzugehen. Diese Naivität ist auch heute noch genauso entwaffnend, wie sie es zu Zeiten der Langstrumpf-Filme war – das Konzept funktioniert. Und so befasst sich Katja Benraths Film neben der klassischen Pippi-Story vom Mädchen, das allein lebt, auch mit aktuelleren Themen wie Armut, Obdachlosigkeit oder Mobbing in der Schule. Und auch, wenn die Geschichte vieles vereinfacht, so ist der Kern der Botschaften von Rocca stets richtig.

Rocca
Der obdachlose Kaspar hat ein dunkles Geheimnis.

Rocca verändert die Welt: Der Charme macht es aus

Dass der Film so gut funktioniert, liegt auch an Luna Maxeiner, deren Ausstrahlung die Geschichte zu großen Teilen trägt – eine mehr als beeindruckende Vorstellung. Dazu kommen die zahlreichen Stars, die sich brav der Story unterordnen und somit zum Erfolg entscheidend beitragen. Barbara Sukowa ist als grummelige Großmutter absolut sehenswert, Fahri Yardim („Dogs of Berlin“) spielt den obdachlosen Kaspar, der noch ein Geheimnis mit sich herumträgt, nordisch frisch und sympathisch. Und Mina Tander als coole Lehrerin ist auch toll besetzt.

Dazu kommen viele kleine Rollen wie Detlev Buck als Taxifahrer oder Volker Bruch („Babylon Berlin“) als Astronauten-Papa. Und natürlich Cordula Stratmann als resolute Kollegin vom Jugendamt. Da greifen die schauspielerischen Rädchen perfekt ineinander. Weil das Ganze stets ein Kinderfilm ist und bleibt, spart Rocca verändert die Welt natürlich bestimmte Dinge aus, die nicht in die Story passen. So sind die Obdachlosen alle nett und keiner hat ein Alkoholproblem. Und auch das Mobbing lässt sich durch ein klärendes Gespräch beenden.

Das sind aber alles Dinge, die in einem Kinderfilm in Ordnung sind – und sogar sein müssen. Schließlich wirft auch niemand Erich Kästners Kinderbüchern vor, sie würden zu viele Zufälle oder Wendungen zum Guten beinhalten – genau das macht ihren Charme ja aus. Und genauso ist es mit Rocca. Am Ende muss man sich still und leise die Frage stellen: Warum eigentlich nicht? Und damit hat der Film wirklich eine Menge erreicht. Daher ist er nicht nur für Kinder, sondern auch für deren Eltern eine absolute Empfehlung. Selbst, wenn Pippi von hinten deutlich sichtbar winkt.

Fazit:

Was schon Pippi Langstrumpf auszeichnete, macht auch Rocca verändert die Welt, eine liebevolle, moderne Hommage an die große Lindgren-Figur, richtig. Voller Naivität stellt Hauptfigur Rocca hier Fragen, auf die den Protagonisten – und auch dem Zuschauer – auf Anhieb keine guten Antworten einfallen. Warum muss etwas sein, wie es ist? Warum hilft man nicht denen, die Hilfe brauchen? Der Kinderfilm legt gekonnt, aber leicht, den Finger in manche Wunde, vergisst dabei aber nie, auch sehr gut und lustig zu unterhalten. Großes Kino!

Rocca verändert die Welt startet am 14. März in den deutschen Kinos.

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Weil Rocca auch bald ihre neue Schule aufmischt, rückt eine resolute Frau vom Jugendamt an.