Overlord

Filmkritik: Operation Overlord

Eigentlich wird so gut wie alles zu Gold, was Erfolgsregisseur und hier Produzent J.J. Abrams anfasst. Gilt das auch für „Operation Overlord“, den Kriegsfilm, der nach einer Stunde eine scharfe Kurve in Richtung Horror hinlegt und sich ausgiebig bei H.P. Lovecraft bedient? Die Antwort finden Sie hier.

Das Vermischen von Genres wurde in den vergangenen Jahren immer wieder einmal versucht. So packt der Netflix-Film „Apostle“ Thriller und Horror zusammen, „Deadpool“ glänzte durch Superhelden-Action mit zotigem Comedy-Humor. Die Mischung von Kriegsfilm und Horror wurde auch schon einige Male probiert, meist waren die Ergebnisse aber durchwachsen oder absichtlich lustig wie in „Dead Snow“. Was macht Regisseur Julius Avery aus Zweiter Weltkrieg mit Nazi-Zombies in Operation Overlord?

Overlord
Mithilfe der jungen Französin Chloe wollen Boyce, Ford und ihre Kameraden ihren Job zu Ende bringen.

Operation Overlord: Die Handlung

1944 – es ist der Tag vor D-Day. Eine Spezialeinheit mit dem jungen Boyce (Jovan Adepo) und dem hartgesottenen Ford (Wyatt Russell, Sohn von Kurt Russell) springt über Frankreich mit dem Fallschirm ab. Ihr Auftrag: Einige Ziele auszuschalten, das das Eintreffen der alliierten Truppen frühzeitig erkennen und den Feind warnen könnten. Boyces Einheit soll einen Kirchturm sprengen, von dem aus die Nazis gute Sicht auf den Normandiestrand hätten. Doch schon beim Anflug wird die Maschine getroffen, zahlreiche Männer getötet.

Boyce und Ford finden schließlich nur noch eine Handvoll Männer im Wald. Dort begegnen sie auch der jungen Französin Chloe (Mathilde Ollivier), die nicht nur englisch spricht, sondern den Amerikanern auch helfen will. Denn wie sich zeigt, stellt der deutsche Kommandant Wafner (Pilou Asbaek) der hübschen Frau schon lange nach und sie will die Chance nutzen, den Kerl loszuwerden. Als Boyce aber durch einen dummen Zufall allein in den Bunker unter der Kirche gelangt, macht er eine schreckliche Entdeckung, die den Auftrag völlig verändert …

Operation Overlord: Opulenter Kriegsfilm

Obwohl Regisseur Julius Avery noch kein großes Kino-Portfolio vorweisen kann, beweist er schon in den ersten Minuten, dass er ein großes Talent für packende Bilder besitzt. Flug, Absturz und Überlebenskampf von Boyce, der die ersten 20 Minuten des Films ausfüllt, sind optisch herausragend umgesetzt. Und reißen das Publikum sofort tief in die düstere Handlung um ein Kommando-Unternehmen, das nicht nur weitgehend schief läuft, sondern sich auch in ganz unvorhersehbare Richtungen entwickelt. Im Kern ist Operation Overlord aber ein Kriegs- und kein Horrorfilm.

Denn die harte erste Stunde kann als eigenständiger Teil über den Schrecken des Krieges durchaus überzeugen. Und hätte bei anderem Drehbuch auch als reiner Kriegsfilm sicher gut funktioniert. Doch die beiden Drehbuchautoren Mark L. Smith („Revenant“) und Billy Ray („Die Tribute von Panem“) hatten anderes im Sinn, als sie die Story schrieben. Und so finden sich Boyce, Ford und Chloe nach einer guten Stunden recht plötzlich in einer Geschichte wieder, die deutliche Parallelen zu Stuart Gordons „Re-Animator“ nach Motiven von H.P. Lovecraft aufweist.

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In den Katakomben der Kirche stößt Boyce auf schreckliche Experimente an Menschen – und eine Spritze.

Operation Overlord: B-Movie, der keiner sein will

War schon der Kriegsfilm-Anteil aufgrund weitgehend fehlender Charakterzeichung und zu wenig Tiefe eher ein B-Movie als ein echtes Drama, so drückt der Horror-Plot das Projekt noch weiter in diese Ecke. Den Geldgebern, sowie den Ausstattern und den Effekte-Spezialisten war das entweder nicht bewusst oder egal. Denn Operation Overlord sieht weiterhin extrem gut aus und zeigt, wie edel eine solche Story werden kann, wenn ein Budget von knapp 40 Millionen Dollar dahintersteckt. In diesen wenigen Punkten hat der Film das Prädikat B-Movie dann auch nicht verdient.

In der wichtigsten Kategorie, der Story, hingegen schon. Eindimensionale Charaktere, originelle Kreaturen und fehlende frische Ideen machen die Geschichte arg vorhersehbar. Wirkliche Schocks oder Überraschungen finden sich in Operation Overlord nicht. Zudem startet die Horror-Handlung auch viel zu spät, um den Film noch richtig gruselig zu machen. So bekommt der düstere Plot um geheime Experimente auch nicht mehr genug Hintergrund, um den Zuschauer tatsächlich zu interessieren. Die Monster im Keller sehen cool aus, bleiben aber letztlich blass.

So muss man Avery und Produzent Abrams am Ende bescheinigen, dass ihre Mischung nicht wirklich passt. Ihr Hybrid beginnt zwar in der Luft, kommt aber nie so richtig ins Fliegen. Was sicher auch daran liegt, dass fast der gesamte zweite Akt im Haus von Chloe spielt und nur wenig Handlung bietet, die das auch rechtfertigt. Und die Horror-Elemente doch harmloser bleiben, als es der Trailer suggeriert. Dass Smith und Ray gute Drehbücher schreiben können, haben sie schon bewiesen. Dieser Versuch ist keines geworden.

Fazit:

Frisch aus dem Kino kommend, wird jeder Zuschauer sofort einräumen, wie gut Operation Overlord aussieht und wie detailliert und treffend das unheimliche Labor und weitere Sets gestaltet wurden. Und auch die Spezial-Effekte können sich absolut sehen lassen. Je länger man aber über die Handlung nachdenkt, desto mehr verliert der Film, denn das Drehbuch, das Krieg und Horror mischt, funktioniert aufgrund fehlender Originalität und nicht immer flottem Tempo nur mäßig. Für Genrefans dennoch ein netter Happen, ein Muss ist der Film aber nicht.

Operation Overlord startet am 8. November 2018 in den deutschen Kinos.

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Was weiß der Nazi-Offizier Wafner über den Wirkstoff in der Spritze?