Ghost Stories

Filmkritik: Ghost Stories

Von allen europäischen Ländern ist Großbritannien am häufigsten dabei, wenn es gilt, Filme auf internationalem Niveau und für ein großes Publikum zu drehen. Das liegt neben der Sprache mit daran, dass britische Filmemacher sich auch an Genres trauen, die im Rest Europas eher naserümpfend gesehen werden – beispielsweise Horrorfilme. In „Ghost Stories“ zeigt unter anderem Martin Freeman („Sherlock“, „Der Hobbit“), dass er auch gruselig kann.

Die gemeinsame Regiearbeit von Andy Nyman, der auch die Hauptrolle spielt, und Jeremy Dyson, ist ein ungewöhnlicher Horrorfilm. Weniger aufgrund seiner Handlung oder Optik, als vielmehr aufgrund der Tatsache, dass er auf einem Theaterstück basiert, das von den Regisseuren geschrieben und mit großem Erfolg seit 2010 in England aufgeführt wurde. Aber kann man ein Bühnenstück tatsächlich problemlos zu einem Horrorfilm machen?

Ghost Stories
Dr. Goodman enttarnt mit Vorliebe Scharlatane, die vorgeben, übernatürliche Kräfte zu besitzen oder solche Dinge erlebt zu haben.

Ghost Stories: Die Handlung

Dr. Phillip Goodman (Andy Nyman) ist Spezialist bei der Entlarvung angeblich paranormalen Schwindels. Eines Tages erhält er Post seines angeblich verschollenen Vorbilds Charles Cameron. Dieser hatte früher selbst solche Phänomene untersucht. Der inzwischen alt und zynisch gewordene Cameron gibt Goodman bei dessen Besuch drei Akten von Fällen, bei denen er keinerlei Erklärungen für das Geschehene finden konnte. Goodman soll sich diese Ghost Stories selbst einmal ansehen und danach urteilen, ob es das Übernatürliche gibt oder nicht.

Und so spricht Goodman mit einem Wachmann, der in einem nur scheinbar leeren Lagerhaus Entsetzliches erlebt hat. Außerdem mit einem jungen Mann, dem auf einer Autofahrt in den Wald unglaubliche Dinge widerfahren sein sollen. Und schließlich mit dem wohlhabenden Mike Prittle (Martin Freeman), der durch unerklärliche Geschehnisse Frau und Kind verloren hat. Goodman dringt dabei immer tiefer in dunkle Geheimnisse vor, die dem eigentlich so rationalen Wissenschaftler mehr und mehr Angst einjagen …

Ghost Stories: Licht und Schatten

Ghost Stories gehört zu den modernen Horrorfilmen, die nicht auf harte Gewalt und viel Blut setzen, sondern ihre Wurzeln eher in den asiatischen Horrorfilmen der vergangenen Jahrzehnte hat. Wie in „Ring“, „The Grudge“ oder „The Eye“ wird hier bewusst darauf verzichtet, blut- oder schleimtriefende Monster zu zeigen. Stattdessen bleibt das eigentliche Grauen oft unsichtbar oder zumindest fürs Auge nicht genau erkennbar. Und lässt die eigene Phantasie diese Lücken mit vielleicht schlimmeren Dingen ausfüllen, als ein Film sie je zeigen könnte.

Wer für diese Art Horror empfänglich ist, der dürfte in weiten Teil von Ghost Stories auf seine Kosten kommen. Gerde die ersten beiden Erlebnisse des Wachmanns und des jungen Mannes spielen ganz virtuos auf der Klaviatur des Unruhe und fangen die Geschichte mit genau den richtigen Geräuschen, passendem Licht und gelungenen Kameraperspektiven ein, um maximale Angst zu erzeugen. Weil aber die Stories nicht für sich stehen, sondern letztlich auch in einem übergeordneten Kontext funktionieren müssen, büßt der Film gegen Ende etwas von seiner Intensität ein.

Ghost Stories
Wachmann Tony erlebt bei einer Nachtschicht den blanken Horror.

Ghost Stories: Spannung hält nicht

So ist schon die dritte und letzte Geistergeschichte schwächer als die beiden Vorgänger. Und die Story, die dann alles miteinander verbindet, ist auch Geschmackssache. Sicher wird es Fans geben, die es sehr mögen, wie Nyman und Dyson den Film enden lassen. Andere werden sich möglicherweise weniger auf das Ende einlassen können. Dass die Macher ein Finale gefunden haben, das nicht jedermanns Sache ist, sollte gerade in einem Horrorfilm kein Vorwurf sein, denn da passen solche ambivalenten Schlussakkorde am besten hin. Dass der Film aber durch seine Auflösung, die findige Zuschauer vermutlich ohnehin früh kommen sehen, so an Spannung einbüßt, kann man ihm schon vorwerfen.

Dennoch ist Ghost Stories kein schlechter Film, ganz im Gegenteil. Er ist durchgehend gut gespielt, fängt häufig den Lokalkolorit des ländlichen Englands großartig ein und bietet ein paar erstklassige Jump-Scares sowie eine immer wieder reichlich unangenehme Atmosphäre. Für einen richtigen Ausreißer nach oben hat er aber zu viele Phasen, die nicht gut funktionieren oder sogar ein wenig langweilen. Ins obere Drittel der Geisterfilme gehört Ghost Stories trotzdem, da er ein paar wirkliche bemerkenswerte Spannungsbögen erzeugt.

Fazit:

Gut, aber nicht brillant, so lässt sich Ghost Stories passend zusammenfassen. Denn gerade da, wo es entscheidend wird, schwächelt der Film in Inszenierung und Inhalt und bringt den tollen Anfang nicht zu einem gleichwertig herausragenden Ende. Dennoch bietet Ghost Stories genug schaurig-schöne Momente, um Horrorfans zufrieden zu stellen. Und da sich der Film in Sachen Blut und Ekeleffekten sehr zurückhält, dürfen auch empfindlichere Mägen den Gang ins Kino wagen. Allzu schreckhaft sollten die allerdings nicht sein.

Ghost Stories startet am 19. April 2018 in den deutschen Kinos.

Ghost Stories
Wer diese dunkle Gestalt ist, wird hier der Spannung wegen nicht verraten.