Die Goldfische

Filmkritik: Die Goldfische

Dürfen sich Filme über Behinderte lustig machen? Auf jeden Fall, findet Regisseur und Drehbuchautor Alireza Golashan. Und dreht mit „Die Goldfische“ eine Komödie über eine Gruppe von Behinderten, die zusammenlebt. Und ihn die er Tom Schilling als karrieregeilen Yuppie hineinwirft, der nach einem Autounfall im Rollstuhl sitzt. Ob das Ergebnis auch wirklich lustig ist, erfahren Sie hier.

Filme über Menschen mit Behinderungen gelten in den USA oft als Oscar-Material. Allerdings nur dann, wenn ein entsprechend tief gehendes Drama dahintersteckt. So wie „Rain Man“, der Dustin Hoffman 1989 den Oscar für die beste männliche Hauptrolle einbrachte – er spielte den an Autismus leidenden Raymond. Mit einer Oscar-Nominierung dürften die Darsteller von Die Goldfische eher nicht rechnen, denn in ihrem Film dienen die Behinderungen in erster Linie dazu, das Publikum zum Lachen zu bringen. Klappt das?

Die Goldfische
Oliver will sein Schwarzgeld aus der Schweiz holen – und nutzt dazu die Behinderten-WG. Denn: Wer kontrolliert schon Behinderte?

Die Goldfische: Die Handlung

Fondsmanager Oliver (Tom Schilling, „Werk ohne Autor“) steht im Stau. Dabei wird er doch dringend bei einem wichtigen Meeting erwartet – und Kollege Julius (Klass Heufer-Umlauf) setzt ihn entsprechend unter Druck. Oliver nutzt also die Gegenfahrbahn, um voran- und vielleicht doch noch pünktlich zu kommen. Und rast mit voller Wucht in einen Lkw. Diagnose: Querschnittslähmung. Oliver soll sich in einer dreimonatigen Reha auf das Leben im Rollstuhl vorbereiten. Dabei lernt er auch die junge Betreuerin Laura (Jella Haase) kennen, die eine Gruppe namens Die Goldfische leitet.

Darin leben neben dem Autisten Rainman (Axel Stein) und seinem stummen Leidensgenossen Michi (Jan Henrik Stahlberg) auch die an Down-Syndrom erkrankte Franzi (Luisa Wöllisch) und die blinde Magda (Birgit Minichmayr), zudem ist ein zweiter Betreuer, der teilnahmslose Eddy (Kida Kodr Ramadan), dabei. Eigentlich schleicht sich Oliver nur dort ein, weil es in der WG halbwegs gutes WLAN gibt. Doch dann erfährt er, dass seine illegalen Konten in der Schweiz aufzufliegen drohen – und in Oliver reift ein fieser Plan, sich diese WG zunutze zu machen …

Die Goldfische: Vorhersehbar, aber lustig

Inhaltlich und erzählerisch reißt Alireza Golashan mit Die Goldfische keine Bäume aus. Dass der unsympathische Yuppie seine Lektionen fürs Leben lernt, weiß der Zuschauer ebenso nach fünf Minuten wie das Ende des Films. Denn in seinem Drehbuch lässt Golashan nur wenige Klischees aus, die man in einer politisch unkorrekten Komödie erwartet. Wer hier tatsächlich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Behinderung erwartet hat, ist hier falsch. Dennoch zeigt sich Golashan erfreulich inklusiv. Denn er macht sich über alle lustig.

Und das funktioniert trotz einiger Rohrkrepierer insgesamt auch ganz gut. Was Golashan seinen spielfreudigen Darstellern zu verdanken hat. Axel Stein spielt nicht nur einen Charakter, der Rainman heißt, er zitiert das Vorbild sogar („Ich bin ein ausgezeichneter Fahrer“). Mit gutem Timing und sich ständig wiederholenden Sprüchen setzt Stein dennoch starke Humor-Akzente im Film. Ebenso wie Birgit Minichmayr („Nur Gott kann mich richten“), die als zynisches Lästermaul einmal mehr beweist, dass Blinde nicht nett sein müssen.

Die Goldfische
Während die WG-Mitglieder eine Kamel-Therapie machen, will Oliver mit Eddys Hilfe sein Geld holen.

Die Goldfische: Schön absurde Momente

Auch Tom Schilling schlägt sich wacker als zuerst fieser, dann aber natürlich doch noch ganz netter Hauptcharakter, ist aber durch seine Rolle ähnlich limitiert wie Jella Hasse, die dementsprechend ein wenig blass bleibt. Die arme Seele, die versucht, etwas zusammenzuhalten, was kaum zusammengehört, erntet meist eben Mitleid, aber keine Lacher. Besser hat es da Kida Ramadan, der den gar nicht so netten Eddy mit viel Spaß auf die Leinwand bringt. Das Team für einen lustigen Kinoabend stimmt also durchaus.

Zudem sorgt Golashan mit ein paar wundervoll absurden Ideen für einige Gags, die man tatsächlich nicht kommen sieht. So ist das therapeutische Kamelreiten in der Schweiz ein echtes Highlight. Und auch Franzis Einkaufsbummel in der teuersten Boutique der Stadt enthält ein paar der stärksten Szenen. Denn Golashan lässt seine Protagonisten furchtlos gegen die ganze Welt agieren und dieser Mangel an falschem Respekt vor Behinderungen ist es auch, der für die besten Momente in Die Goldfische sorgt. Leider konnte oder wollte Golashan auf allzu Naheliegendes oft nicht verzichten.

Und erzählt deshalb seine Geschichte sehr viel moralischer als nötig, verwässert so ein paar der guten Gags. Anhand einiger Szenen merkt der Zuschauer durchaus, wie fies der Film eigentlich hätte werden können – und wie witzig es sein kann, sich völlig ungebührlich, aber sehr gekonnt, über Randgruppen lustig zu machen. Aber so viel Mut hatten Kreative und Produzenten denn offensichtlich doch nicht. Statt die coole Idee durch zu ziehen, spielen die Macher ab der Mitte die erwartete moralische Karte. Schade.

Fazit:

Regisseur und Drehbuchautor Alireza Golashan konnte für sein Projekt ein paar echte Hochkaräter verpflichten und hatte somit alle Chancen, eine kleine schwarze Perle von einer Komödie abzuliefern. Und zu Beginn sieht das sogar so aus. Doch je länger die eigentlich clever durchdachte Story läuft, desto mehr geht Golashan in Sachen politischer Unkorrektheit vom Gas und wechselt stärker zur Slapstick über. Und das macht Die Goldfische schwächer und harmloser, als er hätte sein können. Gute Unterhaltung ist es dennoch.

Die Goldfische startet am 21. März in den deutschen Kinos.

Die Goldfische
Doch Oliver hat die Rechnung ohne das Schicksal gemacht – und das spielt ihm einen Streich nach dem anderen.