Destroyer

Filmkritik: Destroyer

Schon häufiger haben eigentlich gut aussehende Schauspielerinnen auf bewusst hässliche Rollen gesetzt, um ihren Marktwert zu steigern oder auf einen Oscar zu schielen. Das hat bei Charlize Theron (Oscar für „Monster“) ebenso geklappt wie bei Nicole Kidman („Oscar für „The Hours“), Kidman hat sich nun erneut in die Maske begeben, um sich zur alkoholkranken, psychisch labilen Ermittlerin in „Destroyer“ schminken zu lassen. Hat sich der Aufwand gelohnt?

Regisseurin Karyn Kusama startete stark ins Filmgeschäft. Ihr Debüt „Girlfight aus dem Jahr 2000, für das sie auch das Drehbuch schrieb, heimste zahlreiche Preise ein. Doch ihr nächster Film „Aeon Flux“ floppte und „Jennifer’s Body“ fand ebenfalls nicht das ungeteilte Lob von Kritik und Publikum. Erst mit Destroyer gelang Kusama wieder ein Film, der bei Vorab-Vorführungen auf Festivals für Furore sorgte – allerdings hauptsächlich wegen Nicole Kidman. Worum geht es in dem düsteren Drama – und lohnt sich der Gang ins Kino?

Destroyer
Aus Teamarbeit wird Liebe: Erin und ihr Undercover-Kollege Chris werden ein Paar.

Destroyer: Die Handlung

Die Polizistin Erin Bell (Nicole Kidman) ist körperlich und psychisch angeschlagen, seit sie vor vielen Jahren bei einem Undercover-Einsatz Schreckliches erlebte. Die Einzelgängerin ist bei Kollegen unbeliebt. Ihre Familie, bestehend aus 16-jähriger Tochter und Ex-Mann, will mit ihr auch nichts zu tun haben. Als sie über Funk von einem Leichenfund mit einigen speziellen Spuren hört, fährt sie sofort dorthin, um sich davon zu überzeugen. Wie es scheint, ist der Kriminelle Silas (Toby Kebbell), der damals für das Desaster verantwortlich war, wieder in der Stadt.

Sofort ist Erin in ihrem Element, quetscht Verdächtige und mögliche Mitwisser aus und erinnert sich immer wieder an Momente des Undercover-Einsatzes, bei dem sie mit ihrem Kollegen Chris (Sebastian Stan, „I, Tonya“) in die Bande von Silas eingeschleust wurde, um seine Machenschaften aufzudecken. Auf eigene Faust kommt sie dem Verbrecher tatsächlich immer näher, findet sogar die Freundin (Tatiana Maslany). Wird sie Silas nach so langer zeit erwischen und die Geister ihrer Vergangenheit endlich zur Ruhe bringen?

Destroyer: Mehr Drama als Krimi

Der Trailer suggeriert, hier gäbe es einen knallharten Cop-Thriller zu sehen, in dem sich eine abgebrühte Nicole Kidman wie einst Charles Bronson durch Unmengen von Verbrechern schießt, um deren Oberhaupt zu erwischen. Doch das gibt ein falsches Bild des eigentlichen Films wieder. Denn Destroyer ist zuallererst eine düstere und sehr stark gespielte Psycho-Studie einer gebrochenen Frau, die mit einer vermeintlichen oder tatsächlichen Schuld, die sie vor langer Zeit auf sich lud, nie zu leben gelernt hat. Das ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.

Die Drehbuchautoren Phil Hay und Matt Manfredi, bislang eher im reinen Unterhaltungsbereich tätig („RIPD“, „Aeon Flux“) spielen in ihrem Script geschickt mit Rückblenden und vermeintlichen Zeitabläufen, die erst im letzten Akt richtig zugeordnet werden – und der ohnehin dunklen Story nochmals einen schwarzen Einschlag verpassen. Dazu skizzieren sie Kidmans Charakter Erin Bell angenehm indirekt, indem sie die Figur nur durch die Reaktionen anderer Charaktere auf Bell Gestalt annehmen lassen. Plumpe Erklärungen oder Dialoge gibt es nicht.

Destroyer
Nach ihrem Einsatz ist Erin so angeschlagen, dass sie selbst mit ihrer Tochter kaum eine Basis findet.

Destroyer: One-Woman-Show

Ob der Zuschauer mit Destroyer etwas anfangen kann, liegt auch an der Sympathie zu Nicole Kidman. Wer die Australierin nicht mag, wird auch bei diesem Film wenig Freude haben. Denn ihr Charakter ist in so gut wie jeder Szene zu sehen und trägt den gesamten Film. Und das mit Bravour. Als Erin Bell transportiert Kidman die nach langen Jahren zum Normalzustand gewordene Verzweiflung in ruhigen Gesten und Worten, dennoch ist der ständige Schmerz ihrer Figur immer anzumerken, schrammt ihr Charakter stets am Rande der Existenz entlang.

Je länger der Film dauert, desto mehr schleppt sich Kidman, körperlich und seelisch ein Wrack, durch die Handlung, droht jederzeit umzufallen und macht dem Zuschauer deutlich, dass sie sich nur noch durch pure Willenskraft und ihre kalte Wut auf den Beinen hält. Dass sie gleichzeitig darüber reflektiert, wie toxisch sie damit für ihre Umwelt und besonders für die paar Menschen ist, die ihr etwas bedeuten, ist die große Leistung von Nicole Kidman in dieser Rolle. Viel mehr gibt es allerdings auch nicht zu sehen.

Denn die eher spröde Story lässt wenig Platz für weitere Schauspiel-Leistungen, auch wenn Destroyer mit Sebastian Stan, Tatiana Maslany und Zoby Kebbell hier stark besetzt ist. Und wer einen Thriller mit coolen Twists erwartet, dürfte auch enttäuscht werden. Denn gerade die Krimihandlung gibt wenig Überraschendes her und bleibt sehr konventionell. Aber um die geht es hier eben auch nicht. Ein kühles, düsteres Drama, das statt auf Style auf Schauspielkunst setzt.

Fazit:

Destroyer ist die One-Woman-Show von Nicole Kidman, die den ganzen Film auf ihren Schultern trägt. Und das gelingt ihr eindrucksvoll. Allerdings ist der Film deutlich mehr Drama als Krimi, wer also eine coole Crime-Geschichte erwartet, dürfte enttäuscht werden. Auch den im Trailer avisierten harten Rache-Thriller gibt es nicht zu sehen. Dafür gelingt es Regisseurin Karyn Kusama, eine ebenso kaputte wie starke Frauenfigur in den Mittelpunkt ihres Films zu stellen. Doch das läuft deutlich weniger brachial ab, als der Titel suggeriert.

Destroyer startet am 14. März 2019 in den deutschen Kinos.

Destroyer
Auch 16 Jahre später wartet Erin, von Alkohol und Drogen gezeichnet, noch immer auf die Rückkehr des Mannes, der ihr Leben zerstörte.